Zum Bierbrauen bin ich so ein bisschen wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Nachdem ich im Frühling dieses Jahres stolzer Papa einer gesunden Buben geworden bin, stand auf einmal bei einem Besuch meiner Schwester mit ihrem Freund ein Brewster Beacon bei mir in der Garage.
Mein Quasi-Schwager meinte nur: "Ja, jetzt wo sich alle nur um den Kleinen und die Mutti kümmern und du so bissi vergessen wirst, hab ich mir gedacht, dass ich dir sowas kauf', damit auch der Papa beglückt wird.
Ich war natürlich ziemlich baff, weil ich damit nicht gerechnet habe, muss aber sagen, dass ich mich vorher schon so ein bisschen für Bier abseits des Mainstream-Marktes interessiert habe. Ausschlaggebend waren dafür Aha-Erlebnisse beim jährlichen Kalea-Adventkalender, wo mir z.B. regionale Biere aus Kärnten (Wimitzbräu) und aus Wien (100Blumen) aber auch andere sehr gut geschmeckt haben. Grad beim 100Blumen war ich sehr überrascht als ich das Etikett umgedreht habe: "He Moment mal, die Straße kenn ich doch. Da wohn' ich!"

Jedenfalls hab ich dann erstmal abseits des großen Brauunion-Marktes meinen Bierbedarf bei "Kleineren" gedeckt, weil mir die Biere einfach viel besser geschmeckt haben und weil es ja auch Bierapps gibt wo man quasi Biere wie Pokémons mit verlinkten Freunden sammeln kann und es schließlich darum geht möglichst viele verschiedene Biere probiert (und auch "eingecheckt") zu haben.
Zurück zum Brauen:
Jedenfalls wusste ich aber, dass ich da auch ordentlich viel Zeit zum Reinlesen investieren muss, darum hab ich das Thema erstmal ad acta gelegt, weil mit Mitte Juni der Prüfungsstress auf der Uni relativ hoch ist. Aber natürlich war da die Vorfreude groß, weil es auch ein super praktisches Hobby zum Studium (Lebensmittel- und Biotechnologie) sein kann. So hab' ich also neben dem Brotbacken mit Sauerteigführung (schon da merkt man sofort was kleine Temperaturunterschiede bei Hefen bewirken können) auch noch das Bierbrauen als Hobby gewonnen. War natürlich auch passend: Als gelernter Koch find ich so ziemlich alles interessant, was mit Geschmack und seinem Zustandekommen zu tun hat.
Letzten Dienstag war es also soweit, ich habe versucht mich gut vorzubereiten, habe mehrmals meinen ersten Brautag verschoben, weil mir noch kleine Dinge eingefallen sind, die ich noch brauchen könnte bevor ich starte und hatte natürlich dann trotzdem etwas Respekt davor.
Ich habe für den ersten Sud ein recht einfaches Rezept für ein Weizenbier gewählt, da ich in meinem Keller über einen längeren Zeitraum die Temperatur gemessen und bemerkt habe, dass selbst bei mehreren Hitzetagen hintereinander die Temperatur relativ konstant bei 19,5°C - 20,5°C bleibt und die empfohlene Gärtemperatur der Hefe laut Hersteller bei 18-23 Grad liegt.
Der Aufbau war beim eigentlich watscheneinfach, die Bedienung an und für sich auch. Blöderweise ist mir beim Ändern der Leistung ein Fehler unterlaufen, sodass am Anfang des Würzekochens für 2-3 Min keine Leistung kam und die Temperatur auf 96 Grad runterging. Wenn ich da richtig informiert bin, dann wirkt sich das etwas auf die Proteinfällung aus, sollte aber sonst nicht allzu problematisch sein.
Ärgerlich war dann aber, dass mir beim Stammwürzemessen die Bierspindel runtergflogen ist...

Einen Blindflug wollte ich eigentlich vermeiden, trotzdem habe ich nach dem Würzekochen, der anschließenden Kühlung mittels Kühlspirale und der Zugabe der Hefe meinen Sud in einen peinlichst gründlich gereinigten Gäreimer geleert.
Schon am nächsten Tag habe ich mich an der Schaumbildung und dem Blubbern erfreut, am übernächsten Tag am feinen Bananengeruch, der sich von Tag zu Tag etwas mehr verändert hat. Hab den Deckel natürlich fest verschlossen drauf gelassen, aber am Rand kann man die feinen Duftnoten wahrnehmen.
Morgen ist der 6te Tag der Hauptgärung, ich merke, dass die CO2-Bildung schon etwas zurückgeht, daher werde ich es wagen erstmals den Hahn aufzudrehen um eine Brix-Messung (Messinstrument hab ich dann gleich nach meinem Malheur nachgekauft) vorzunehmen. So werde ich dann jeden Tag die Änderung abmessen und bei gleichbleibenden Ergebnissen in Flaschen abfüllen.
War jetzt doch etwas länger für einen "Hallo-Text", aber ich dachte ich möchte ein bisschen meine Freude an den Erlebnissen teilen.
