Aufbereitung Heidelberger Stadtwasser für West Coast IPA

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Tuxmin
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Aufbereitung Heidelberger Stadtwasser für West Coast IPA

#1

Beitrag von Tuxmin »

Liebe Leute,

ich bin seit einem guten halben Jahr dabei, und habe ein paar -- wie ich finde -- gelungene Pale Ales, Golden Ales und helle Weizen gebraut. Zeit, den Horizont zu erweitern, und ein IPA zu wagen.
Ich habe mich die letzten Tagen intensiv mit dem Thema Brauwasser beschäftigt, aber bei all der Theorie, wäre ich wirklich froh über Kommentare von erfahreneren Brauern .

In meinem Stadtteil verfüge ich über relativ weiches und mineralarmes Wasser -- also fast Pilsner "Qualität". Die öffentlichen Analysewerte der hiesigen Stadtwerke (siehe Anhang) sind zwar relativ breit gestreut, aber wenn ich die Mittelwerte annehme, bescheinigt mir der kleine Brauhelfer eine RA von 1,8°dH -- das deckt sich mit den Angaben der Stadtwerke.

Für das geplante Stone IPA (Rezept-Entwurf im Anhang, leider kann man kein KBH2 json hochladen), lande ich ohne Wasseraufbereitung für den pH-Wert der Maische bei nach meinem Verständnis ungünstigen 5,73, ausserdem lese ich in diversen Artikeln, dass es beim West Coast IPA ruhig etwas mehr Sulfat sein darf.
Also lag es nahe, mit Braugips etwas nachzuhelfen. Bei einer Gabe von 0,5g/l, komme ich runter auf eine RA von -2,88°dH laut KBH2.
Der MuMM Wasserrechner bescheinigt mir jetzt:
- Calcium: 143mg/l
- Sulfat: 300mg/l
- Chlor/Sulfat-Verhältnis von 1:25
- RA -2,8°dH


Ansonsten, laut einem Artikel im Braumagazin, würde ich recht gut im Schema liegen, da heisst es zu "American Pale Ale, American IPA"
RA: -3-0 °dH
Calcium: 50-150
Magnesium: 0-20
Sulfat: 100-400
Chlorid: 0-100

2 Fragen ergeben sich für mich:
- Ist das Chlor-Sulfat-Verhältnis grundsätzlich ungünstig? Das Stadtwasser ist recht Natriumarm, ich könnte sicherlich mit etwas Kochsalz gegenwirken. Bin an der Stelle aber etwas verunsichert.
- Vielleicht noch eine kleine Gabe Sauermalz, um eher Richtung pH-Wert 5,5 für die Maische zu kommen?

Und natürlich: Ist das sinnvoll, was ich da geplant habe?

Viele Grüße,
alex
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Herbert52
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Re: Aufbereitung Heidelberger Stadtwasser für West Coast IPA

#2

Beitrag von Herbert52 »

Tuxmin hat geschrieben: Montag 19. Dezember 2022, 11:33 Wasserrechner[/url] bescheinigt mir jetzt:
- Calcium: 143mg/l
- Sulfat: 300mg/l
- Chlor/Sulfat-Verhältnis von 1:25
- RA -2,8°dH


Ansonsten, laut einem Artikel im Braumagazin, würde ich recht gut im Schema liegen, da heisst es zu "American Pale Ale, American IPA"
RA: -3-0 °dH
Calcium: 50-150
Magnesium: 0-20
Sulfat: 100-400
Chlorid: 0-100

2 Fragen ergeben sich für mich:
- Ist das Chlor-Sulfat-Verhältnis grundsätzlich ungünstig? Das Stadtwasser ist recht Natriumarm, ich könnte sicherlich mit etwas Kochsalz gegenwirken. Bin an der Stelle aber etwas verunsichert.
- Vielleicht noch eine kleine Gabe Sauermalz, um eher Richtung pH-Wert 5,5 für die Maische zu kommen?
Und natürlich: Ist das sinnvoll, was ich da geplant habe?
Hallo Alex,
Ob ein So4/Cl Verhältnis 25:1 sinnvoll ist, sag ich mal "nein". Du hättest nur deinen verlinkten Beitrag von MMuM lesen müssen, dann wäre dir folgendes aufgefallen, Zitat:

Dortmunder Wasser, welches traditionell z.B. für die Herstellung von Export verwendet wurde, zeichnet sich neben seiner hohen Karbonathärte, durch eine relativ hohe Sulfat- und Chloridkonzentration aus. Bei entsprechend niedrigen Werten im Rohwasser, kann dem Wasser Sulfat durch CaSO4 zugeführt werden, um mit Sulfatkonzentrationen zwischen 200-300 mg/l Dortmunder Verhältnisse zu erzeugen. Die Zugabe von CaSO4 erniedrigt zudem zusätzlich die Restalkalität. Die Restalkalität kann evtl. weiter mit Milchsäure oder Sauermalz auf Werte zwischen 0 und 2 mmol/l (=0-5°dH) gesenkt werden. Vielleicht kann auch über eine Spur NaCl (Kochsalz) nachgedacht werden, um die Cloridwerte in den Bereich 60-100 mg/l zu bringen.

Im Gegensatz dazu hat Pilsner Wasser eine sehr niedrige Karbonathärte und ist sehr arm an fast allen Mineralien. Für die meisten Hobbybrauer bedeutet dies, dass an Stelle etwas hinzuzufügen, etwas aus dem Wasser herausgenommen werden muss. Die einfachste Variante wäre z.B. ein Verschnitt mit destilliertem Wasser und eine zusätzliche Erniedrigung der Restalkalität mit Milchsäure oder Sauermalz. Anzustreben sind Restalkalitäten <-2 mmol/l (<-5°dH), vor allem wenn auschließlich Pilsner Malz verwendet wird. Wenn eine Erniedrigung der Restalkalität durch Salzzugabe erfolgen soll, dann höchstens mit CaCl2. Von einem Zusatz von CaSO4 ist abzusehen, da eine hohe Sulfatkonzentration eine kratzige Bittere hervorrufen soll und sich daher nicht mit der edlen und betonten Bittere des Pilsners verträgt.


Im Grunde ist im Zitat schon alles gesagt, wenn das so einfach wäre könnest du bei hohen RA Werten, nur durch Sulfatzugaben, jeden gewünschte RA erreichen, dann bräuchte niemand mehr über Osmose oder VE Anlagen nachzudenken. Auch kann ich dir nicht sagen, wie ein Bier mit SO4/Cl Verhältnis 25: 1 schmeckt, aber ich würde dann schon sehen, dass die anderen Wasserwerte im Rahmen bleiben und, dass in etwa nachfolgende Verhältnisse entstehen:

Perception: SO4/Cl Ratio
Very Dry: >2
Dry: 2
Balanced: 1,3
Full: 0,75
Very Full: 0,5
for Cloride concentration between 25 and 100 mg/l

ich würde etwas Kalziumsulfat reduzieren, so dass du auf 100mg Kalzium kommst und etwas Kochsalz hinzugeben, sodass du auf einen Chlorid Wert von 75mg/l kommst. Damit erreichst du etwa ein SO4/Cl Verhältnis 2,5:1.
Ich hoffe ich konnte dir etwas weiter helfen.
:Drink
Gruß Herbert
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Tuxmin
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Re: Aufbereitung Heidelberger Stadtwasser für West Coast IPA

#3

Beitrag von Tuxmin »

Hallo Herbert,

danke für Deine Antwort.

Zwischenzeitlich bin ich zu einer ähnlichen Überlegung, wie deiner Empfehlung gekommen.

Um aber das Thema noch ein wenig zu wälzen, vor allem das Cl/SO4-Verhältnis.
Im Braumagazin lese ich unter
2.4. Evergreen Chlorid-Sulfat-Verhältnis:
Wie man es dreht und wendet, das Chlorid-Sulfat-Verhältnis ergibt derzeit kein schlüssiges Bild. Erfolge in der Praxis lassen sich auch darauf zurückführen, dass bei der Zielsetzung eines "malzigen" oder "hopfenlastigen" Bieres auch an anderen Stellschrauben wie der Hopfenmenge, Caramalzen und Vergärungsgraden gedreht wird. Meine Empfehlung lautet daher: Mit Chlorid und Sulfat unterhalb der etablierten Werte bleiben und bei hohen Stammwürzen mit Chlorid zurückhaltend sein. Das Verhältnis ignorieren.

Gerne wir ja im Zusammenhang mit IPAs das Wasser von Burton-on-Trent als Maßstab herangezogen.
In dem MMuM-Artikel und anderen Quellen (die haben aber nur voneinander abgeschrieben, die Werte variieren nicht), findet man ein Cl/SO4-Verhältnis von 1:51 (16:820). Vor allem der SO4-Anteil ist hier sogar einen Faktor 3-4 über den Empfehlungen.
Wie passt das alles zusammen? Vor allem der Teil mit der kratzigen Bittere bei zuviel SO4? Oder ist der wesentliche Punkt beim IPA, dass man das kratzige hinter einer Hopfenbombe versteckt?

Der vermutlich wichtigste Punkt in dem obigen Braumagazin-Artikel ist aber der hier:
Für die allermeisten Biere ist ein Maische-pH von 5,4 bis 5,6 optimal, wird dieser getroffen, sind andere Wassereigenschaften nachrangig.

Versuch macht klug --
Ich sehe mich also leider gezwungen, das IPA-Rezept 2x durchzuspielen, einmal mit konservativen Wasserparametern, also moderate Braugips- und Kochsalz-Gaben, und beim 2. Mal mit einem Profil ähnlich dem von Burton-on-Trent. Zum Fest gibt es ein pH-Messgerät, das sollte auch etwas Licht ins Dunkle bringen. Vom Gefühl her komme ich zu dem Schluss, dass ich mit den Mittelwerten der Stadtwerke-Analsyse, zumindest was die Carbonhärte anbelangt, deutlich zu hoch liegen. Meine Sude mit sehr heller Schüttung sind wunderbar geworden und sind allgemein gut angekommen. Gut möglich also, dass die RA meines Wassers eher bei 0°dH als bei 1,7°dH liegt.
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Herbert52
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Re: Aufbereitung Heidelberger Stadtwasser für West Coast IPA

#4

Beitrag von Herbert52 »

Hallo Alex,
Noch einiges zu Sulfat von Brunwater Wasserwissen:
Sulfat – Sulfat verleiht hochgehopften Bieren ein schärferes, trockeneres Profil. Der ideale Konzentrationsbereich liegt bei 0 bis 350 ppm, obwohl die Konzentration typischerweise 150 ppm nicht überschreiten sollte, es sei denn, das Bier ist stark gehopft. Es wurde berichtet, dass eine Sulfatkonzentration über 350 ppm im fertigen Bier schwefelhaltiges Aroma erzeugt. Die Verwendung des historischen Burton-Wasserprofils (Sulfat größer als 600 ppm) kann aus diesem Grund keine idealen Ales produzieren.
Die Aufnahme von etwas Sulfat in Brauwasser kann helfen, das Finish zu trocknen und ein übermäßig volles oder klebriges Finish zu vermeiden, selbst bei malzigen Bierstilen. Sulfat macht Bier nicht bitter, es hilft, jede Bitterung im Bier leichter wahrzunehmen. Brauer sollten erkennen, dass ein hoher Sulfatgehalt im Brauwasser zusammen mit einem hohen Natrium- oder Chloridgehalt einen rauen oder mineralischen Geschmack in Bier erzeugen kann.

Aussage zu Burton Water von Brunwater:
Das Brauen mit dem Burton-Profil kann extrem sein und schwefelhaltige Noten im fertigen Bier erzeugen. Eine Alternative wäre, mit dem Pale Ale-Profil zu brauen, das in Bru'n Water als erster Versuch zum Brauen eines hopfigen Bieres (300 ppm Sulfat) enthalten ist.
Obwohl die oben dargestellten historischen Wasserprofile einigermaßen genaue Darstellungen sind, bedeutet dies nicht, dass die Brauer aus diesen Gebieten diese Wässer vor dem Brauen ohne Behandlung verwendet haben.
Gruß Herbert
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Re: Aufbereitung Heidelberger Stadtwasser für West Coast IPA

#5

Beitrag von Tuxmin »

Vielen Dank!

Was soll ich sagen: Abenteuer brauen :)
Es gibt viel auszuprobieren!
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