X - Akten - Die unheimlichen Fälle der Gärstockung

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Exedus
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X - Akten - Die unheimlichen Fälle der Gärstockung

#1

Beitrag von Exedus »

Hi in die Runde,

Scully und Mulder habe ich bereits kontaktiert, leider ergebnislos, der Fall bleibt ungeklärt.

Am Freitag den 03.02. habe ich - beinahe ereignislos - ein Münchner Dunkel mit meinem Grainfather G40 gebraut:
Brewfather_AFritzlaMnchnerDunkelG4045M_20230213.pdf
(121.81 KiB) 44-mal heruntergeladen
Alles ist nach Plan verlaufen, Jodprobe war unauffällig, Extrakt vor Kochbeginn und nach dem Kochen wie gewünscht.

Das einzige, was auffällig war: Es war nach dem Kochen eine extreme Trübe in der Würze, die ich bisher so noch nie gesehen habe. Trotz Super Moss, Whirlpool und Kühlung in der Pfanne. Schwer zu beschreiben, Bilder habe ich leider nicht. Es sah recht "flockig" aus. Die Würze war nicht durchgehend trüb, aber eben viele Partikel in der Würze. Ich habe daher durch ein Monofilament "gefiltert". Zur Info: Das Münchner Malz Typ 2 ist vermutlich aus dem Jahre 2016-2017 (ungeschrotet, trocken, kühl und dunkel gelagert). Spoiler: Ist das ggf. Teil eines "Gär-Problems"?

Und nun wird's "unheimlich": - an dieser Stelle gern die passende, mysteriöse Musik einspielen... - angestellt habe ich die ca. 23L Würze mit 400ml dickbreiiger Erntehefe (Diamond Lager) aus einem Batch "Helles". Die Hefe wurde lediglich 2 Tage im Kühlschrank bei 6°C gelagert.

Am Tag vor dem Brauen habe ich die Hefe in den 9°C Kühlschrank gestellt und am Brautag begonnen die Temperatur langsam auf 11°C zu erhöhen.

Gepitcht wurde besagte Würze dann bei ca. 12°C und ich habe im Fermenter auf 11° gekühlt. Einzige "Auffälligkeit": Beim Ernten der Hefe hatte ich im Grainfather Conical Auslass Isoprop 70% gesprüht (ca. eine Stunde vor dem Ernten). Beim Ernten sah es jedoch so aus, als das noch etwas (2cl) Isoprop (oder nicht verdampftes Wasser!?) im Auslass war und das Zeugs somit mit in die Hefe gewandert ist... Maximal 2cl auf 900ml Flüssigkeit.
Liegt ggf. auch hier ein Problem? Können 2cl Isopropanol 70% soviel Hefezellen umbringen :Grübel
Bisher ist mir sowas nicht passiert und das das Zeugs im Bier nichts verloren hat, brauchen wir hier nicht diskutieren. Passiert mir sicher nicht nochmal... Aber kann das Zeugs in der Konzentration zum Problem für eine Gärung werden?


Überwacht wurde die "Gärung" bzw. der schleichende Extraktabbau durch ein Float:
Unbenannt.PNG
Man sieht bereits, dass die Gärung trotz 400ml aktiver Hefe und m.E. guter Hefe Temperierung nicht wirklich mit der Gärung beginnt. Nach fast drei Tagen geht's dann irgendwann in die stürmische Phase. Die Temperatur habe ich sukzessive erhöht, als ich gemerkt habe, dass sich nichts tut. Nun ist bei 6,3 % Restextrakt Schluss. Ich habe inzwischen die Temperatur auf 18°C erhöht und mit einer Packung S-04 die noch da war nachgepitcht. Ich hatte vermutet, dass ich die Hefe mit dem Isoprop gekillt habe. Es tut sich trotzdem rein gar nichts mehr. Inzwischen sind wieder einige Tage vergangen :Grübel

Was meint ihr könnte das Problem sein? Zucker (auch vergärbarer!?) ist ausreichend da, trotz des alten Malzes.

Hefe ist mehr als ausreichend da und Temperatur ebenfalls :puzz

Der Sud riecht unauffällig, eine Kahmhaut oder dergleichen ist auch nicht drauf.

Ich hatte sowas noch nie. Der Sud ist offenbar verloren, was nicht so tragisch ist. Mich würde aber interessieren, was schief gelaufen ist.

Was sagt Eure Kristallkugel? Gerne Mutmaßungen und dergleichen. Auflösen können wir das Problem vermutlich ohnehin nicht :Greets
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Steven
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ant2alex
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Re: X - Akten - Die unheimlichen Fälle der Gärstockung

#2

Beitrag von ant2alex »

Hi Steven,

hast Du das Maischeschema genau wie angegeben gefahren also:
63.5 °C - 25 min - Temperatur
72 °C - 20 min - Temperatur
77 °C - 1 min - Temperatur
?

Wenn das Malz schon älter war und entsprechend die Enzyme sicherlich etwas weniger aktiv bzw. weniger stark vorhanden waren als bei relativ frischen Malz, könnte die Maltoserast etwas kurz gewesen sein und ggf. doch etwas mehr unvergärbarer Zucker bei 72°C entstanden sein, würde jedenfalls den niedrigen sEVG erklären. Wie hast Du den Restextrakt gemessen am Ende?

Nach einer Stunde sollte von dem Isoprop ja ausreichend viel verdampft gewesen sein, dass es nicht signifikant viele Hefezellen von der Ernehefe gekillt haben kann (ist aber nur eine "gefühlte" Wahrheit von mir :D ) daran wirds eher nicht gelegen haben, vor allem wenn die S-04 bei OG Temperatur auch nichts mehr gemacht hat...

Viele Grüße
Alex
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Exedus
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Re: X - Akten - Die unheimlichen Fälle der Gärstockung

#3

Beitrag von Exedus »

Hi Alex,

danke für deinen Input.

Maischesteps wurden exakt so ausgeführt, wie vom Rezept gefordert. Hatte angenommen, dass - weil nach der Maltoserast die Jodprobe unauffällig war - der Abbau geklappt hat. Hatte auch zunächst überlegt zu verlängern, dass dann aber nicht getan.

Gemessen wurde mit dem Easy Dens von Anton Par.

Aber das die super frische Erntehefe 3 Tage zum ankommen braucht, ist doch auch nicht normal... Alles sehr mysteriös ;)
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Steven
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Commander8x
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Re: X - Akten - Die unheimlichen Fälle der Gärstockung

#4

Beitrag von Commander8x »

Woher stammte denn das Malz?
Und war die Würze jodnormal?

Gruß Matthias

Edith sagt, ich solle sorgfältiger lesen. Und nicht spät abends in der Gegend herum posten...
Aber der Hersteller des Malzes würde mich schon interessieren, und auch wann es gekauft wurde.
-----------------------------------------
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Exedus
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Re: X - Akten - Die unheimlichen Fälle der Gärstockung

#5

Beitrag von Exedus »

Das Malz stammt von Avangard in Bremen und wurde 2016 oder 2017 als 25 KG Sackware gekauft.

Wird in so einer blauen Tonne mit Sprengring aufbewahrt, in einem kühlen, trockenem Keller.
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Steven
IronHosch
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Re: X - Akten - Die unheimlichen Fälle der Gärstockung

#6

Beitrag von IronHosch »

Hast Du die Würze belüftet? Geh ich jetzt mal davon aus - habs aber im ersten Post nicht rausgelesen...
Gruß, Christian
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Exedus
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Re: X - Akten - Die unheimlichen Fälle der Gärstockung

#7

Beitrag von Exedus »

Hi,

danke für die Nachfrage, das habe ich in der Tat vergessen zu schreiben.

Ja, die Würze wurde ordentlich mit einem Akkuschrauber und einem speziellem Aufsatz belüftet. Aus den 23L Volumen sind nach Belüftung locker 26L oder mehr da gewesen.

Hefe habe ich erst nach dem belüften zugegeben und dann nur noch ganz vorsichtig und langsam vermischt.

Ich vermute, dass die Hefe nicht das Problem ist, die S-04 hat bei OG-Temperaturen ja auch nichts mehr bewerkstelligt.

Irgendwas muss mit der Würze / dem Malz nicht stimmen, so dass anstelle von vergärbaren Zuckern nicht vergärbare Zucker entstanden sind - so vermute ich :Grübel
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Re: X - Akten - Die unheimlichen Fälle der Gärstockung

#8

Beitrag von PabloNop »

Teste beim nächsten Sud doch mal mit einem zweiten Thermometer, ob die Rasttemperaturen stimmen.
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Re: X - Akten - Die unheimlichen Fälle der Gärstockung

#9

Beitrag von Exedus »

Das habe ich beim Jungfernsud mit einem Greisinger Präzisionsthermometer geprüft. Hat ziemlich genau gepasst. Gut, dass ist inzwischen einige Jahre alt und wurde von mir nie nachgestellt / nach geeicht. Ist das notwendig? :Grübel

Das war nun der Dritte Sud mit dem G40. Die Temperatur würde ich daher weitestgehend ausschließen. Beim nächsten Sud werde ich aber ganz gewiss nochmal penibel prüfen :Greets
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Re: X - Akten - Die unheimlichen Fälle der Gärstockung

#10

Beitrag von integrator »

Exedus hat geschrieben: Montag 13. Februar 2023, 14:56 ...
Ich hatte sowas noch nie. Der Sud ist offenbar verloren, was nicht so tragisch ist.
...
:Grübel Ist jetzt nicht optimal gelaufen aber verloren sollte der Sud doch nicht sein. Du solltest ihn nicht entsorgen.
:Bigsmile Selbstgespräche sind nicht schlimm solange du nichts Neues erfährst. :Bigsmile
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Re: X - Akten - Die unheimlichen Fälle der Gärstockung

#11

Beitrag von Exedus »

Hatte in der Tat auch überlegt den einfach in nen Keg mit Spundinvalve zu füllen und in 6 Wochen mal zu probieren.

In der Theorie müsste das Zeugs aber "papp süß" sein, nix für mich.
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Steven
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Re: X - Akten - Die unheimlichen Fälle der Gärstockung

#12

Beitrag von afri »

Exedus hat geschrieben: Dienstag 14. Februar 2023, 13:16 Das habe ich beim Jungfernsud mit einem Greisinger Präzisionsthermometer geprüft. Hat ziemlich genau gepasst. Gut, dass ist inzwischen einige Jahre alt und wurde von mir nie nachgestellt / nach geeicht. Ist das notwendig?
Sollte nicht nötig sein. Prüfung laut Bedienungsanleitung meines GTH175: Eis in ein Gefäß füllen und mit Wasser aufgießen bis Eis gerade schwimmt, paar Minuten warten, dann Fühler rein und sehen ob es 0° anzeigt. Wenn nicht kann man in meinem Fall neben dem Kabel an einem von zwei Potis den Nullpunkt einstellen.

Weggießen kannst du es in einem halben Jahr immer noch, warte einfach ab ob es sich nicht noch entwickelt.
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Exedus
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Re: X - Akten - Die unheimlichen Fälle der Gärstockung

#13

Beitrag von Exedus »

Heute ist ja auch das Malzseminar vom Jan.



Wohlmöglich bin ich danach auch in dieser Sache schlauer :Greets
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JimboJoe
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Re: X - Akten - Die unheimlichen Fälle der Gärstockung

#14

Beitrag von JimboJoe »

Gruezi, mein erster Post hier.

lustigerweise habe ich gerade das selbe Problem.
München Dunkel sollte es werden. Im November fast identisches Rezept gebraut, alles bestens.
7.02 Nachts gings in Gärfass. (SG=13.8) Morgen drauf, fröhliches blubern. Alles schön.
12.02 Totenstille. Seit 8.7°P kein Fortschritt.
Angefangen Temperatur zu erhöhen, mit der Hoffnung, es würde sich aufraffen.
Keine Änderung.

Gestern neuer Wiederbelebungsversuch, neue Hefetüte (W34/70) rehydriert, um sicher zustellen das es lebt. Tat was es soll.
Gepitcht.
12h später, kein Lebenszeichen.

Den Batch hab ich vorerst abgeschrieben und werde einfach neu machen.


Nun aber die Frage, was kann man mit dem Fehlversuch noch anstellen?
Arg malzig süß schmeckt es zwar nicht, aber wirklich trinkbar ist es nicht.
Könnte man es nochmal maischen? Und hoffen das das bei ersten mal die Rasttemperaturen nicht eingehalten wurden.
Ich könnte mir auch vorstellen, mit neuem Malz zu stecken und Richtung "Imperial" Dunkel gehen.
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jbrand
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Re: X - Akten - Die unheimlichen Fälle der Gärstockung

#15

Beitrag von jbrand »

Wenn es sich um einen zu hohen Anteil unvergärbarer Zucker handelt, dann könnte man auch noch einmal über die Zugabe von Glucoamylase nachdenken. Die kann man auch im Kaltbereich sprich während der Gärung einsetzen. Ist dann zwar weit unterhalb des Temperaturoptimums des Enzyms, dafür hat es aber auch sehr viel mehr Zeit. Da man das Enzym dabei aber nicht durch Kochung deaktiviert, wird es solange arbeiten, bis keine spaltbaren Zucker mehr da sind, das Bier wird also knackig trocken werden.

Siehe auch diesen Threads, insbesondere den Post 38 viewtopic.php?t=30626#p474615
Viele Grüße

Jens
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