Hilfe bei Rezeptentwicklung für "Schlüssel Stike"(Alt)-Clone

Fragen und Diskussion rund um Rezepturen zum Bierbrauen
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dergrutz
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Hilfe bei Rezeptentwicklung für "Schlüssel Stike"(Alt)-Clone

#1

Beitrag von dergrutz »

Hallo zusammen,

angefixt durch eine private Verkostung im Frühling und ein relativ aktuelles „Clone“-Rezept in der BYO, würde ich gerne demnächst ein Bier in Richtung „Schlüssel Stike“ (Alt) brauen.

Hier die Eckdaten-Angaben aus dem Rezept:
Stammwürze: 15 °P
sEVG: 75%

Schüttung:
98,7% Pilsner Malz
1,3% Carafa spezial II

Maischeschema (ohne Zeiten):
Eiweißrast bei 56 °C
Maltoserast bei 62 °C
Verzuckerung bei 70 °C
Mashout bei 76 °C

Hopfung:
38 IBU mit Hallertauer Tradition und Perle, Zugabe jeweils 60 Min. nach Kochbeginn
90 Min. Kochzeit

Hefeempfehlung (Flüssighefen):
White Labs WLP036: Hersteller gibt einen sVG von 65-72 % und ein Gärtemperaturfenster 18-21 °C an, für „reines, leicht süßes Altbier“, das den Hopfengeschmack nicht so betont"

oder

Wyeast 1007: Hersteller gibt einen sVG von 73-77% und ein Gärtemperaturfenster von 13-20 °C an, "vor allem am unteren Ende sehr neutral und betont Malz- und Hopfenaromen"

Gärführung:
Anstellen bei 17 °C und Gärung maximal auf 23 °C kommen lassen.
BYO-Autor Zainasheff empfiehlt in Anlehnung an den Prozess in der Brauerei Gärung im „offenen“ Gärbehälter. Laut dem Braumeister soll während der Gärung auch die Braunhefe vorsichtig abgenommen werden, um hinsichtlich der Bitterkeit ein „runderes“ Ergebnis zu erzielen.

Vielleicht kennt sich wer mit dem besagten Bier / Bierstil aus, kann mal einen kritischen Blick auf die Rezeptangaben werfen und ein paar Tipps zu folgenden Fragen geben:

• Klingt das Rezept mit den Eckdaten und Zutaten sowie Prozessparametern für das angepeilte Ergebnis („Clone“) einigermaßen stimmig? Wo seht ihr Verbesserungspotenzial?

• Welche Dauer empfehlt Ihr jeweils für die angegebenen Rasten, v.a. die Maltoserast?

• Maltoserast besser bei 64 °C (Verkleisterungsthematik) und Verzuckerungsrast besser bei 72 °C (Enzymoptimum) fahren? Ggf. noch bei 67 °C eine Kombirast für höheren Vergärungsgrad?

• Vor allem hinsichtlich der Hefe bin ich unschlüssig (würde gerne eine Flüssighefe verwenden, OGA-9 als Trockenhefe ist mir bekannt…). Klingt zumindest laut der Herstellerbeschreibungen nicht so, als würden WLP036 und Wyeast 1007 zu ähnlichen Ergebnissen führen. Vom sVG scheint die Wyeast besser zu den Rezeptangaben (sVG 75%) zu passen.

• Empfohlene Anstell- und Gärtemperatur (dann abhängig von der besser geeignet erscheinenden Hefe): Im Falle von Wyeast 1007 ggf. noch etwas geringer als 17 °C anstellen und dann bis zu XXX °C kommen lassen?

• Ich würde normalerweise einen 30 L-Gäreimer mit Gärspund verwenden, also nicht wirklich „offen“ vergären. Braunhefe könnte ich abschöpfen.
Hat wer Erfahrungen, ob echte „offene“ Gärung und „Braunhefe abschöpfen“ im Hobbybrauermaßstab wirklich was bringt hinsichtlich „rundem“ und v.a. „authentischem“ Geschmack?

Vielen Dank schon vorab für ein konstruktives Feedback!

Grüße aus Essen
Stefan
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guenter
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Re: Hilfe bei Rezeptentwicklung für "Schlüssel Stike"(Alt)-Clone

#2

Beitrag von guenter »

Ersetzte "offene" Gärung durch "drucklose" Gärung, das ist heute damit gemeint.
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rauchbier
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Re: Hilfe bei Rezeptentwicklung für "Schlüssel Stike"(Alt)-Clone

#3

Beitrag von rauchbier »

Sensationell, danke dir fürs Teilen vom Rezept. Unter Rezepte gab es schon mal Rezepthinweise aus einer Brauereiführung, u.a. auch zum Stike und der Hopfengabe viewtopic.php?t=8592
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dergrutz
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Re: Hilfe bei Rezeptentwicklung für "Schlüssel Stike"(Alt)-Clone

#4

Beitrag von dergrutz »

rauchbier hat geschrieben: Dienstag 20. August 2024, 14:57 Sensationell, danke dir fürs Teilen vom Rezept. Unter Rezepte gab es schon mal Rezepthinweise aus einer Brauereiführung, u.a. auch zum Stike und der Hopfengabe viewtopic.php?t=8592
Danke für den Link, den kannte ich schon.

Leider geht es da nur begrenzt um das Stike. Maischeschema und Gärführung (zu denen ich Fragen habe), beziehen sich da auf das "normale" Schlüssel Alt. Vor allem aber verwendet der Autor eine gestrippte Hefe, wohingegen ich gerne eine Empfehlung für eine möglichst passende Flüssighefe bekommen würde (eine der beiden oben im Rezept genannten).
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mesmerize
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Re: Hilfe bei Rezeptentwicklung für "Schlüssel Stike"(Alt)-Clone

#5

Beitrag von mesmerize »

Tach auch,

wenn es um eine der beiden oben genannten Hefen gehen soll, dann würde ich die White Labs WLP036 nehmen. Denn das Schlüssel ist auch nen bissl süßer. Da die OGA9 oft nicht so tief kommt, bleibt hier auch immer nen bissl Restsüße übrig, würde als Trockenhefe daher auch passen. Mach aber lieber einen Starter, da Du ja mit der Stammwürze hoch gehen möchtest, oder nimm zwei Tütchen OGA9 wenn Du Trockenhefe nimmst. Außerdem würde ich deutlich tiefer vergären lassen. Ich geh tatsächlich bei meinen Altbieren (egal welche Hefe, meistens jedoch die BUB382) auf 13-14 Grad. Mehr als 16 Grad würde ich auf keinen Fall gehen. Kannst auch bei 13-14 anstellen und dann auf 16 Grad kommen lassen. Altbier wird gerne kühl vergoren und braucht dann entsprechende Lagerzeit - daher wurde es vor 100 - 120 Jahren auch "Pickfeines Lagerbier" genannt. Daher lass es ruhig gut reifen (bestimmt mind. 6-8 Wochen).

Ich würde auch einfach einen Gäreimer nutzen und nichts abschöpfen. Ansonsten hört es sich gut an mit deinen Vorschlägen von 55°-64°-72° Rasten gut an.

Viel Erfolg!
Beste Grüße
Tommy
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dergrutz
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Re: Hilfe bei Rezeptentwicklung für "Schlüssel Stike"(Alt)-Clone

#6

Beitrag von dergrutz »

mesmerize hat geschrieben: Dienstag 20. August 2024, 18:08 Tach auch,

wenn es um eine der beiden oben genannten Hefen gehen soll, dann würde ich die White Labs WLP036 nehmen. Denn das Schlüssel ist auch nen bissl süßer. Da die OGA9 oft nicht so tief kommt, bleibt hier auch immer nen bissl Restsüße übrig, würde als Trockenhefe daher auch passen. Mach aber lieber einen Starter, da Du ja mit der Stammwürze hoch gehen möchtest, oder nimm zwei Tütchen OGA9 wenn Du Trockenhefe nimmst. Außerdem würde ich deutlich tiefer vergären lassen. Ich geh tatsächlich bei meinen Altbieren (egal welche Hefe, meistens jedoch die BUB382) auf 13-14 Grad. Mehr als 16 Grad würde ich auf keinen Fall gehen. Kannst auch bei 13-14 anstellen und dann auf 16 Grad kommen lassen. Altbier wird gerne kühl vergoren und braucht dann entsprechende Lagerzeit - daher wurde es vor 100 - 120 Jahren auch "Pickfeines Lagerbier" genannt. Daher lass es ruhig gut reifen (bestimmt mind. 6-8 Wochen).

Ich würde auch einfach einen Gäreimer nutzen und nichts abschöpfen. Ansonsten hört es sich gut an mit deinen Vorschlägen von 55°-64°-72° Rasten gut an.

Viel Erfolg!
Besten Dank für Deinen Input!

Tatsächlich bin ich etwas unsicher, ob die WLP036 die angestrebten 75% Vergärungsgrad erreicht, wo der Hersteller deutlich geringere Werte als "typisch" angibt. Dem dann mit einer hochvergärbaren Würze entgegentreten (ausgedehnte Maltoserast + ggf noch Kombi-/Zwischenrast)? Die von Dir empfohlene tiefe Anstell- bzw. Gärtemperatur passt zwar grob zu den im Rezept genannten 17 Grad, liegen aber auch deutlich unter der Range, die White Labs angibt. Fürchte, dass die Hefe mit den tiefen Temperaturen nicht klarkommt(?). Oder aber White Labs macht sehr ungenaue bzw. falsche Angaben (?)

Auf der anderen Seite würde rein von den Herstellerangaben die Wyeast 1007 deutlich besser passen, sowohl hinsichtlich typischem Vergärungsgrad als auch von der empfohlenen Temperaturspanne (tiefere Temperaturen). Aber wenn Du sagst, dass das Schlüssel leicht süßlich ist, könnte man da wiederum vielleicht mit einem eher auf "vollmundiger" getrimmtem Maischeprogramm gegensteuern (kurze Maltoserast). Zu "trocken" oder gar leer soll es auch nicht werden, zumal halt fast 100% Pilsner Malz in der Schüttung (keine Caramalze).

Bin gespannt auf weiteren Input zu meinen Gedanken und Euren Erfahrungen.

Grüße aus Essen
Stefan
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mesmerize
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Re: Hilfe bei Rezeptentwicklung für "Schlüssel Stike"(Alt)-Clone

#7

Beitrag von mesmerize »

Hi Stefan,

noch ein paar weitere Gedanken dazu, ich fang mal Rückwärts an: Schlüssel ist im Vergleich zu Uerige, Schumacher, Füchschen schon das "Einsteiger Alt". Denn es ist etwas süßer, nicht so vollmundig wie ein Schumacher, nicht so bitter wie ein Uerige und nicht so Malz intensiv wie ein Füchschen. Gerade das Füchschen hat fast schon leichte Röstaromen (die man übrigens ganz leicht vermeiden kann, wenn man das Carafa Sp. II fein gemahlen erst bei 72° dazugibt, wenn man bewusst auf Röstaromen gehen möchte, dann einfach von Anfang an, ganz normal geschrotet, mit einmaischen).

Daher würde ich eine Zwischenrast bei 67° auch weglassen, oder bewusst einbauen, wenn es etwas trockener sein soll. Zeitangaben hattest Du ja bisher noch garnicht aufgeführt, ich würde so maischen:

10min @ 54°C
45min @ 64°C
20min @ 72°C (Dann abmaischen wenn Jodnormal)

Da White Labs ja auch schon angibt, "nur" einen sEVG von 65-72% zu erreichen, bleibt somit eine gute Portion Restsüße übrig, wie übrigens auch oft bei der OGA9. Das passt zum Schlüssel ganz gut. Bzgl. angegebenen Gärtemperaturen: Hier würde ich mich immer kritisch den Herstellerangaben gegenüber verhalten. Ein Altbier ist clean und wird daher kühl vergoren. Man braucht dann aber halt entsprechend vitale oder eine ausreichende Menge an Hefe. Klar klappt die Gärung auch bei 18°C, dann sogar schneller, aber ob sie dann auch so rein und clean ist, wie man sie haben will? ;-)

Wobei ich braue jetzt seid Okt 2020 und habe seit dem 101 Sude gebraut, davon waren 16 Altbiere und MEIN perfektes Altbierrezept habe ich bisher auch noch nicht gefunden, auch wenn andere was anderes sagen!! ;-) Aber Dein Rezept klingt für mich soweit gut, werde ich auch bestimmt mal so in der Art brauen.

Viel Erfolg!!
Cheers Tommy

PS: Und wenn es dann fertig ist und gut gelagert hat, dann komm doch mal zum Düsseldorfer Stammtisch, ist ja nicht weit von Essen. Dan verkosten wir das mal gemeinsam!!
Beste Grüße
Tommy
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Re: Hilfe bei Rezeptentwicklung für "Schlüssel Stike"(Alt)-Clone

#8

Beitrag von DerDallmann »

Moin.

Nicht stiltypisch, aber ich hab mein bestes Alt mit der S-23 gebraut.
https://www.maischemalzundmehr.de/index ... tte=rezept
Mfg

Johst
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dergrutz
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Re: Hilfe bei Rezeptentwicklung für "Schlüssel Stike"(Alt)-Clone

#9

Beitrag von dergrutz »

mesmerize hat geschrieben: Dienstag 20. August 2024, 18:08 Tach auch,

wenn es um eine der beiden oben genannten Hefen gehen soll, dann würde ich die White Labs WLP036 nehmen. Denn das Schlüssel ist auch nen bissl süßer. Da die OGA9 oft nicht so tief kommt, bleibt hier auch immer nen bissl Restsüße übrig, würde als Trockenhefe daher auch passen. Mach aber lieber einen Starter, da Du ja mit der Stammwürze hoch gehen möchtest, oder nimm zwei Tütchen OGA9 wenn Du Trockenhefe nimmst. Außerdem würde ich deutlich tiefer vergären lassen. Ich geh tatsächlich bei meinen Altbieren (egal welche Hefe, meistens jedoch die BUB382) auf 13-14 Grad. Mehr als 16 Grad würde ich auf keinen Fall gehen. Kannst auch bei 13-14 anstellen und dann auf 16 Grad kommen lassen. Altbier wird gerne kühl vergoren und braucht dann entsprechende Lagerzeit - daher wurde es vor 100 - 120 Jahren auch "Pickfeines Lagerbier" genannt. Daher lass es ruhig gut reifen (bestimmt mind. 6-8 Wochen).

Ich würde auch einfach einen Gäreimer nutzen und nichts abschöpfen. Ansonsten hört es sich gut an mit deinen Vorschlägen von 55°-64°-72° Rasten gut an.

Viel Erfolg!
Top,

vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen!

Überlege immer noch, ob ich bei Verwendung der WLP036 dann ein extrem auf hohe Vergärbarkeit getrimmtes Maischeprogramm wählen muss, um annähernd an die 75% VG aus dem Rezept zu kommen.
Wäre der alternative Ansatz "Maischeprogramm für geringeren Vergärungsgrad" bei gleichzeitig höher vergärender Wyeast 1007 ebenso denkbar für ein vergleichbares Ergebnis, oder was spräche (vielleicht auch abseits aller reinen Zahlen) geschmacklich dagegen?

Grüße aus Essen
Stefan
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Re: Hilfe bei Rezeptentwicklung für "Schlüssel Stike"(Alt)-Clone

#10

Beitrag von dergrutz »

DerDallmann hat geschrieben: Mittwoch 21. August 2024, 09:12 Moin.

Nicht stiltypisch, aber ich hab mein bestes Alt mit der S-23 gebraut.
https://www.maischemalzundmehr.de/index ... tte=rezept
Danke Dir,

das klingt auch sehr cool, speichere ich mal für "demnächst" im Hinterkopf 👍

Grüße aus Essen
Stefan
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dergrutz
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Re: Hilfe bei Rezeptentwicklung für "Schlüssel Stike"(Alt)-Clone

#11

Beitrag von dergrutz »

Hallo zusammen,

ein kurzes Update für alle Interessierten:
Vorletztes Wochenende habe ich das Bier gebraut, mit ein paar Modifikationen im Vergleich zum ursprünglichen Rezept.

Statt einer reinen Pilsener- / Carafa Spezial II-Mischung habe ich 20% des Pilsener Malzes durch Münchner Malz ersetzt (eher Bauchgefühl-geleitet für etwas mehr Aromatik). Gemaischt wurde in Anlehnung an das Schema von Tommy in Post #7, mit einer auf 50 min. minimal verlängerten Maltoserast. Das Carafa Spezial II habe ich erst nach Erreichen der Verzuckerungsrasttemperatur (72 °C) für 20 min. mitgemaischt.

Hopfenschema wie beschrieben.

Als Hefen habe ich mich nach längerer Überlegung für eine vermutlich etwas unkonventionelle Mischung aus Wyeast 1007 und Gozdawa OGA9 entschieden. Pitch rate via brewersfriend.com großzügig „berechnet“ zu gut 50% über „normaler“ Ale-pitch rate, um der geringeren Anstelltemperatur von ca. 14-15°C Rechnung zu tragen. Das Verhältnis der beiden Hefen habe ich so gewählt, dass etwa 70% der Zellen von der Wyeast 1007 und 30% von der OGA9 stammen (natürlich alles unter entsprechenden „Annahmen“ des Rechners auf brewersfriend zu cell count und viability…).Die Überlegung dabei war, dass die Wyeast, die nur langsam zu flocken scheint, zu einem höheren Vergärungsgrad beiträgt und die OGA9 das Ganze (auch) mit ihrem guten Flockungsverhalten unterstützt (OGA alleine war mir in 1. Führung zu heikel, da habe ich – wie manche andere hier im Forum auch – mal einen unterirdisch niedrigen Vergärungsgrad erzielt…).

Die Gärung kam gut in Schwung, an Tag 2-3 hat es mir die Kräusen aus dem Gäreimer gedrückt (23 L Bier in einem 30 L-Eimer), worauf ich zum Glück aber vorbereitet war 😉. Ab einem VG von ca. 70% habe ich dann sukzessive auf 16-18-20 °C erhöht und am 8. Tag abgefüllt. Da waren alle Kräusen verschwunden und 81% VG erreicht – das deckte sich exakt mit dem Wert der parallel durchgeführten SVP. Damit hätte ich nicht gerechnet, ist nun doch deutlich übers Ziel hinausgeschossen… :Grübel

Seit Sonntag läuft die Nachgärung mit Traubenzucker, die Carbonisierung läuft nach Plan (Ziel: 5 g/l CO2), und das Bier ist tatsächlich schon erstaunlich klar, im Gegensatz zur Situation am Abfülltag.

Zusammen mit dem Carbonisierungszucker wird das ein „Sticke“ mit um die 7% Alk., also doch deutlich mehr als das „Original Schlüssel Stike“. Es bleibt spannend…

Grüße aus Essen
Stefan
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§11
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Re: Hilfe bei Rezeptentwicklung für "Schlüssel Stike"(Alt)-Clone

#12

Beitrag von §11 »

Ich hab mal ein paar Dinge zusammen getragen, die hier im Forum verstreut lagen.

Zum einen das Rezept das Ronald Pattinson mal veröffentlicht hat, das angeblich von Uerige kommt:
Alt.JPG
Alt.JPG (31.59 KiB) 1590 mal betrachtet
Quelle: https://barclayperkins.blogspot.com/201 ... e_vignette

Das bestätigt auch Malte im alten Forum:
i Mobier!

Finished my apprenticeship as brewer near Düsseldorf a few month ago, I had contact to the apprentice of the Uerige and we visited this really nice "homebrewery" about one year ago. That's why I have a few informations about the brewing process of the Uerige Alt.

To produce a Uerige-like beer, you need three kinds of malt: pilsener malt, dark caramel malt (Caramünch Typ 2) and roasted malt (Carafa Spezial). As you perhaps see at the names they only use products by Wayermann, Bamberg.
Zum Sticke findet sich:
Hallo, zusammen,

da das Uerige – neben dem Schumacher – zu meinem absoluten Lieblingsalt gehört, wollte ich mich mal an eine Sonderform des Uerige, das Uerige Sticke Bier heranwagen (das wollte ich schon lange).

Nach intensivem I-net Studium bin ich auf das untenstehende Rezept gekommen, das ich im Laufe diesen Jahres mal austesten wollte. Folgendes scheint gesichert:

IBU: 60 -65 (ich nehme 65)
Hopfensorte: Hallertauer Mittelfrüh

Im Uerige führen die Hopfenstopfen bei diesem Bier durch und zwar folgendermaßen:
Pro hl Bier 30 – 50 g Hopfendolden werden mit heißem Wasser überbrüht, 30 Min. stehengelassen und diesen Absud incl. der vollgesogenen Dolden in den Nachgärtank gegeben. Dann wird das Jungbier draufgeschlaucht und die entsprechende Nachgärzeit so belassen (1 Woche, soweit ich in Erfahrung bringen konnte).

Alk.-Gehalt: 6 – 6,5 Vol.-%

Schüttung:
Wiener Malz: 50 %
Münchner Malz: 42 %
Carahell: 8 %
Carafa spezial II: 50 g (auf 6 Kg Schüttung)

SW: 16.5°P
IBU: 65
EBC: 36

Hefe: Brewferm TOP, die einen EVG von 69% erzeugt bei einer 60-minütigen Maltoserast.
Damit wird der Alkoholgehalt bei ca. 6,3 Vol.-% liegen, also im Zielbereich.

Ich würde Mittelfrüh Pellets nehmen und die komplette Menge in die Vorderwürze schmeißen. Mit Magnum ein wenig die Bittere aufpeppen.
In einem kleinen Stoffsäckchen werde ich die (aufgebrühte) Hopfenstopfmenge Mittelfrüh samt Brühextrakt während der Hauptgärung einbringen.
Ich habe mich für 40 g/ hl Hopfenstopfmenge entschieden, auf meine Menge heruntergerechnet also etwa 58 g Mittelfrüh.

Mal schauen, was da am Ende bei herauskommt.

Hopfige Grüße
Michael
Dann hat Kurt das Rezept weiterentwickelt zu:
Gestern habe ich gebraut und das Rezept noch etwas abgeändert:

3,00 kg Pale Ale Malz
2,50 kg Müncher Malz
0,25 kg Cara hell
0,20 kg Cara Dunkel
0,03 kg Carafa Spezial II

Einmaischen bei 50°C,
30 Minuten bei 62°C
30 Minuten bei 72°C
Abmaischen bei 78°C

50g Mittelfrüh Vorderwürzehopfung
13g Magnum nach Würzebruch (90 Minuten kochen)
40g Mittelfrüh Whirlpoolhopfung
15g Mittelfrüh Stopfen für eine Woche
(berechnet: 60 IBU)

Geworden sind es gute 22L mit 16°P (63% Sudhausausbeute) die mit der WYeast 1010 angestellt wurden.

Heute Früh hatte ich Überweißen, mittlerweile einen richtigen Schaumberg.

Hat jemand genaue Angaben zur Gärführung bei Uerige? Bzw. einen Ratschlag für eben solche?

Grüße!
Das Bier wurde so:
Gestern wurde das Bier verzehrt, hier die Rückmeldung im Vergleich zum echten Sticke:

Farbe und Röstaromen passen sehr gut. Beim nächsten Mal würde ich etwas weniger Caramalze nehmen. Hopfenaroma und Bitterkeit waren ebenfalls nah am Original.

Echt ein lecker Droppke das Sticke, aber nicht jedermanns Sache wie ich feststellen musste ... naja Pilstrinker halt
„porro bibitur!“
Die Seite zum Buch "Bier brauen" https://www.jan-bruecklmeier.com/
Die Seite zur HBCon https://heimbrauconvention.de/
https://headlessbrewer.wordpress.com/
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Re: Hilfe bei Rezeptentwicklung für "Schlüssel Stike"(Alt)-Clone

#13

Beitrag von Pivnice »

§11 hat geschrieben: Mittwoch 9. Oktober 2024, 18:39 Ich hab mal ein paar Dinge zusammen getragen, die hier im Forum verstreut lagen.
MEGA :thumbup
Hubert
Bier: Einfach zu brauen, schwierig zu verstehen
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Re: Hilfe bei Rezeptentwicklung für "Schlüssel Stike"(Alt)-Clone

#14

Beitrag von dergrutz »

Hallo zusammen,

ich bin euch noch das Ergebnis meiner Brauaktion schuldig. Nach einigen Wochen Kaltlagerung finde ich das Bier recht gelungen, Alt-typisches Gesamtprofil und wie das Original eher von der "milderen" Sorte für ein Sticke. Kam bisher bei diversen Verkostern sehr gut an. Habe leider das Original nicht mehr verfügbar für einen 1:1-Vergleich...

Vielen Dank allen für die wertvollen Beiträge. :thumbup

Liebe Grüße
Stefan
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