Old Speckled Hen ist ein Klassiker der englischen Bitter Ales.
Dieses Bier fesselt mich nach wie vor, obwohl ich es nur einmal in meinem Leben getrunken habe. Ich konnte die Version aus der Flasche 2022 direkt in England gut gekühlt aus einem Glas probieren und es hat mich auf Anhieb begeistert.
Es ist sehr klar, ziemlich rot, mit einer fruchtigen Nase, leicht honig-süß, mit Toffee und malzigem Aroma und kräuterigem und zitrusigem Abgang, unaufdringliche Bittere. Insgesamt hat es ein außerordentlich vielschichtiges Aromaprofil, bei dem es mir rätselhaft erschien, wie so etwas gebraut werden kann. — Challenge accepted!
Es wurde 1979 anlässlich des 50 Jährigen Jubiläums des Autoherstellers MG von der Morland Brauerei produziert. Sein Name bezieht sich auf ein mit Farbe bekleckertes Fahrzeug auf dem Werksgelände von MG, das Owld' Speckled 'Un genannt wurde. (Quelle). Die Stammwürze des Bieres war 12,5°P, was in der englischen Maßeinheit 1.050 OG entspricht. Das soll die 50 Jahre des Jubiläums widerspiegeln. Der ursprüngliche Plan, es genau einmal zu brauen, dieser wurde aber schnell verworfen und das Ale dauerhaft ins Programm der Brauerei aufgenommen.
Es ist schwer, verlässliche Details über dieses Bier zu bekommen. Die ursprüngliche Brauerei Morland schloss im Jahr 2000, nachdem sie von Greene King übernommen wurde. Angeblich wurde dabei der Hefestamm aus dem Jahre 1896 übernommen und noch heute verwendet.
Primäre Quellen
Direkt vom aktuellen Hersteller gibt es nur magere Informationen (Quelle):
Interessanterweise hat sich die Liste der Hopfensorten verändert:(...) blend of Pilgrim, First Gold and Goldings hops (...) high proportion of Crystal malt in Old Speckled Hen provides the key toffee/caramel flavour. The yeast used to ferment the beer provides the other key character—estery or banana/pear drop. This estery note provides the fruity and refreshing balance. The hops used add a palate cleansing herbal note and very slight orange citrus. A very malty, full bodied and warming ale. Bottle: 4.8% / Can: 4.8% / Keg 4.5% / Cask: 4.5%. Pale, Crystal malts. Pilgrim, First Gold, Goldings hops.
19. Mai 2022 (Quelle):
26. September 2024 (Quelle):(...) blend of Challenger, Pilgrim, First Gold and Goldings hops. (...)
Brauereishop (Quelle):(...) blend of Pilgrim, First Gold and Goldings hops (...)
Das legt nahe, dass ich im August 2022 noch die Variante mit Challenger-Hopfen genießen durfte. Admiral taucht nur an dieser Stelle im Shop auf. Vermutlich wird First Gold nur verwendet, weil er dem East Kent Golding ähnlich und billiger oder besser verfügbar ist. Der Pilgrim wird vermutlich für eine Grundbitterung verwendet weil er billiger ist.Malt: Pale, Crystal. Hops: Admiral, Pilgrim, First Gold, Goldings.
Soweit die offiziellen Quellen.
Die ermittelten Eckdaten sind bisher:
- Schüttung: heller Malz, viel Karamellmalz, Rohr- oder Brauzucker
- Hopfen: Pilgrim, Challenger, East Kent Golding, First Gold
- Hefe: Morland Hefe
- Alkoholgehalt: 4,5% oder 4,8% (früher 5,0% oder 5,2%)
- Stammwürze: 12,5°P
- Hopfenstopfen würde ich nicht annehmen. Das würde sicher im Marketing ausgeschlachtet werden.
- Englisches Maischverfahren mit dicker Maische, ohne Rühren.
Hobbybrauer haben sich natürlich ebenfalls mit diesem Bier beschäftigt.
- Old Speckled Crow (MMuM) (Quelle): Die Schüttung besteht aus Pale Ale, Carahell, Caradunkel. Kombirast bei 69°C für 60 Minuten. Die LalBrew Windsor-Hefe scheint eine gute Annäherung zu sein, um den fruchtig-estrigen Charakter zu erhalten. Der EVG von 67% passt ebenfalls. Allerdings neigt diese Hefe offenbar zu frühem Feierabend und braucht immer wieder mal einen Tritt.
Was nicht passt sind Stammwürze 12,1°P und Hopfensorte Fuggles.—Insgesamt scheint das Rezept recht nahe ans Original zu kommen. In jedem Fall eine sehr gute Ausgangsbasis. 26 IBU, 33 EBC.
- British Brewer Old Speckled Hen (Quelle). Der Autor behauptet, das Original exakt getroffen zu haben. Allerdings schreibt er in seinen Tasting Notes, dass sein Clone nicht so lange auf der Zunge bleibt wie das Original. Leider ist es ein Extrakt-Rezept. Zusätzlich mit Rohrzucker und Karamellmalz mit 160 EBC. Die Hopfensorten sind Challenger und East Kent Golding. Als Hefe wird 1275 Wyeast Thames Valley Ale verwendet. 35 IBU, 20 EBC.
- Camra's Brew Your Own British Real Ale (Quelle): Die Schüttung besteht aus hellem Malz, Zucker, Karamellmalz, Farbmalz. Kombirast bei 66°C für 90 Minuten. Die Hopfensorten sind Challenger und East Kent Golding.
- Clone Brews (Quelle): Schüttung mit hellem Malz, Weizenmalz, Rohrzucker, Karamellmalz. Maischverfahren ist 30 Minuten Hydration mit 66 °C warmem Wasser plus Kombirast 66 °C für 90 Minuten. Die Hopfensorten sind Challenger und East Kent Golding. Die Hefe ist Wyeast 1084 Irish Ale oder Wyeast 1028 London Ale. 35 IBU, 24 EBC.
Eckdaten
- Stammwürze: 12,5°P
- Alkohol: 5,2%
- EVG: 77%
- Bittere: 33 IBU
- Farbe: 29 EBC
- Eigenschaften: sehr klar, ziemlich rot, mit einer fruchtigen Nase, leicht honig-süß, mit Toffee und malzigem Aroma und kräuterigem und zitrusigem Abgang, unaufdringliche Bittere.
Keine komplizierte Aufbereitung. Ich habe durchschnittliches Wasser, das ich mit Milchsäure auf eine Restalkalität von 0°dH bringe. Mein Wasser hat relativ wenig Sulfat und Chlorid. Das würde ich erst mal ignorieren. (Quelle)
Schüttung (29 EBC)
Ich interpretiere Pale Malt nicht zwingend als Pale Ale Malt. Aus der englischen Tradition heraus würde ich trotzdem Pale Ale Malz verwenden. Die Angabe viel Karamellmalz würde ich wörtlich nehmen und 30% verwenden. Um die rote Farbe und auch etwas mehr Malzigkeit zu erzielen, würde ich etwas Carared und Melanoidinmalz hinzufügen. Die Schüttung wäre damit:
- 67% Pale Ale Malz (6 EBC)
- 23% Cara Pils (5 EBC)
- 4% Cara Aroma (400 EBC)
- 3% Cara Red (50 EBC)
- 3% Melanoidinmalz (70 EBC)
Englische Brauereien verwenden zumeist dicke Maische im Verhältnis 2 : 1 oder sogar weniger, die zudem nach dem Einmaischen ohne Rühren oder Pumpen statisch stehen gelassen wird. Ich würde das Verhältnis 2,5 : 1 nehmen, um dem Braumeister 20 und der Position seiner Heizspirale gerecht zu werden. 15 Liter Wasser mit 79 °C und 6 kg Schüttung mit 15 °C ergibt eine Starttemperatur von etwa 70°C. 90 Minuten Rast bei natürlich abfallender Temperatur. Meine Erwartung wäre, dass die Temperatur nicht unter 63°C fällt. Danach Anschwänzen mit 15 Liter 91°C heissem Wasser, um auf eine Abmaischtemperatur von 76°C zu kommen.—Die Idee dahinter ist, möglichst das Maischverfahren einer englischen Brauerei nachzubilden.
(Quelle):
Kochen und Hopfung (33 IBU)The easiest way to get the enzymes to do their work is to sit at the ideal conditions for only the most important enzymes. This is achieved by keeping a single temperature for the duration of the mash. Anywhere between 65 and 70°C generally works well. Whether or not the brewer sits closer to 65°C or closer to 70°C, again, depends on a compromise. A lower temperature results in a dry and crisp beer, like a pale ale or lager, while hotter temperatures result in more fullness and body, like a stout or amber ale.
Zugabe von 15 g / Liter Rohrzucker. Kochdauer 90 Minuten. Ich ignoriere bewusst den First Gold und verwende nur Pilgrim als Bitterhopfen, sowie Challenger und East Kent Golding als Aromahopfen. Hopfenstopfen findet nicht statt, nur eine Hopfengabe beim Ausschlagen.
- 90 Minuten (VWH): Pilgrim (8,8% 𝛼 / 17,2 g / 42% Bittere)
- 60 Minuten: Challenger (5,0% 𝛼 / 25,9 g / 36% Bittere)
- 15 Minuten: Challenger (5,0% 𝛼 / 8,6 g / 7% Bittere)
- 15 Minuten: East Kent Golding (7,0% 𝛼 / 8,6 g / 9% Bittere)
- 0 Minuten: East Kent Golding (7,0% 𝛼 / 25,9 g / 6% Bittere)
- -5 Minuten (Ausschlagen): East Kent Golding (1 g / Liter)
- -5 Minuten (Ausschlagen): Challenger (0,5 g / Liter)
Ausschlagen: Zugabe des Hopfens bei 75°C für 30 Minuten, danach Kühlung auf Anstelltemperatur.
Gärung (EVG 77%, 5,2% Alk.)
Monofilamentfilter 150µm. LalBrew Windsor Hefe für fruchtige Ester. Anstelltemperatur 20°C. Gärtemperatur 22°C.
Bei Bedarf, sprich zu geringem EVG, nach etwa 4 Tagen Zugabe von SafAle S-04 "Withbread", um die einschlafende Windsor-Hefe zu kompensieren. Anhebung der Gärtemperatur auf 25°C.
Nach Ende der Gärung Monofilamentfilter 50µm und Cold Crash bei 0°C für mindestens eine Woche für maximale Klärung. Umschlauchen mit Monofilamentfilter 50µm. Abfüllung und Flaschengärung bei etwa 20°C. Karbonisierung auf 4,5 g / L CO2.
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