dieses Forum hat die letzten 2 Jahre (also seit ich angefangen habe zu brauen) die meisten meiner Fragen beantworten können. Und im Geiste der gegenseitigen Unterstützung möchte ich gerne etwas zurück geben

Vorgeschichte:
Mein 17. Sud war ein Geschenk für ein Paar, das mein erstes Fruited Sour bereits gefeiert hat, und da deren Lieblingsobst (für die Nerds: Lieblingsnüsse) Erdbeeren sind, musste zu deren Hochzeit ein Bier her. Für mein erstes Sour habe ich die Wildbrew Philly Sour Hefe verwendet, was mir allerdings etwas nach "cheating" vorkam. Für meinen "ErdBierJoghurt-Traum" wollte ich spezifisch erst Milchsäure, dann Hefe.
Ich habe das Glück einen Berufsbrauer im Freundeskreis zu haben, der mir kurzfristig immer Rede und Antwort steht

Rezepterstellung:
Die Milchsäurequelle war einer meiner ersten Gedanken: Die Kapseln usw. die man kaufen kann enthalten unspezifische Bakterien. Auch wenn es im Endeffekt keinen Unterschied macht, wollte ich allerdings kontrollierbare Umstände haben, also spezifische Stämme einsetzen. Glücklicherweise gibt es eine große Auswahl an "Darmfreundlichen" Joghurts mit kontrollierten Bakterienstämmen. Nach einem Gespräch mit einem früheren Vertriebsmitarbeiter von Danone habe ich einen Testsud mit Actimel gemacht und nach 48h eine angenehme Säure erhalten. Das resultierende Bier hatte allerdings einiges an Fehlaromen, deswegen habe ich auf einen Trinkjoghurt mit einer einzigen Kultur gesetzt: Yakult. Dazu habe ich auch einen Bericht gefunden: https://www.reddit.com/r/Homebrewing/co ... ith_great/.
Erdbeeren:
Ich habe mir eine Palette (10kg) Marmeladenerdbeeren zur Erdbeerzeit gekauft und eingekocht. Durch die "Flotte Lotte" habe ich Erdbeerpüree produziert und 3kg eingefroren. Letzteres habe ich gemacht mit dem Plan, das Eis direkt zum Kühlen der Würze zu verwenden.
Schüttung:
Ich habe eine Schüttung ähnlich zu meinem ersten Sour zusammengestellt:
- 2kg Pale Ale
- 2kg Weizen Hell
- 1kg Pilsner
- 0,1kg Caramalz Hell
- 0,1kg Sauermalz
Brauen:
Ich habe mich für eine Kombirast entschieden:
Einmaischen bei 68°C, so dass nach die Temperatur auf 65° gefallen ist. Maltoserast für 90min; Jodneutral.
Anschließend Verzuckerungsrast bei 72°C für 40min.
Läutern bei 80°, danach Pasteurisieren durch 15min kochen.
pH messen: 5,9; Refrakto 14,0Bx.
Die Würze habe ich in einen Weck-Warmhaltebehälter gefüllt und auf 40°C eingestellt.
Beim erreichen von 40°C habe ich 5x65ml Fläschchen Yakult eingerührt.
Mehrmals täglich rühren und den pH messen. Nach 60h (2,5 Tage) war kein Fortschritt mehr messbar:
pH 3,7 konstant; Refrakto 14,0Bx. Es wurde also kaum Zucker verbraucht oder die Umwandlung von Zucker in Milchsäure spiegelt sich im Refrakto nicht wider.
Dann habe ich das Hopfenkochen gestartet, 2 Hopfengaben:
- 10g Cascade Pellets nach 10min (Ich weiß das ist Verschwendung aber ich hatte ein offenes Päckchen)
- 16g Huell Melon Pellets nach 80min
- 500g Lactose nach 80min
- 10g Hefenahrung
3x0,5l Speise abgenommen und das "Erdbeereis" eingefüllt.
Nach dem auftauen bei 30°C Anstellen mit Lallemand Nottingam.
Gärung: HG 10 Tage bei 15°C.
Refrakto: 12,0Bx (lt. Braurechner App 7,7%vol Alc.)
Speisen und Abüllen von 17,8l in Flaschen; 10 Wochen Reifung.
Verkostung:
Farblich etwas blasse Erdbeere, wunderbar weißer, relativ stabiler feinperliger Schaum.
In der Nase deutliche Säure und Erdbeere. Joghurtaromen weniger stark ausgeprägt.
Im Antrunk purer Erdbeerjoghurt. Das Joghurtaroma allerdings recht schnell von der Säure von der Zunge verdrängt.
Die fruchtigen Aromen mit der Hopfenbittere und der Säure sind so ausgewogen dass sich beinahe ein PinkGrapefruit-Aroma im Mund einstellt.
Im Nachgeschmack feine Säure, deren Aggressivität schnell nachlässt und fruchtige Noten. Da bin ich mir nicht sicher was vom Hopfen und was von den Erdbeeren kommt.
Lessons Learned:
Ich habe wie bei jedem Sud wieder einiges gelernt, das ich mit euch Teilen möchte:
- Nach 2 Stück kann ich für Fruited Sours nur empfehlen Früchte auszukochen und das Mus einzufrieren und zum Kühlen der Würze zu nutzen.
- Als Milchsäurequelle eignen sich Joghurts perfekt. Und da es eine riesige Auswahl an Trinkjoghurts mit "speziellen" Kulturen gibt, hat man hier eine weitere Variable um mit Aromen zu spielen (Sorry Hopfen und Malz
).
- Der Joghurt sedimentiert realtiv schnell. Ich weiß nicht welchen Einfluss es hat, aber ich habe konsequent alle ~6 Stunden mit einem sauberen (!) Braulöffel gerührt. Denkt daran dass bei 40°C nicht nur Milchsäure wunderbar wächst

Danke für die tolle Community und auf viele weitere Sude!
HoppyHias