Malzbier

Fragen und Diskussion rund um Rezepturen zum Bierbrauen
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j.kowi
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Malzbier

#1

Beitrag von j.kowi »

Hallo ihr Lieben,

ich bin Johannes, 38 Jahre alt und komme aus dem schönen Eichsfeld im Herzen Deutschlands.
Ich braue seit einiger Zeit mein eigenes Bier. Bisher habe ich fünf Sude gemacht. Neben dem Bierbrauen stelle ich auch meinen eigenen Wein her und habe auch schon Birnen und Äpfel vergoren.

Ich möchte mich ständig weiter entwickeln. Und mein Ziel beim brauen ist es nicht mit einem Craftbeer ein Bier einer anderen Region nach zu brauen sondern meine Rezepte an die örtlichen Gegebenheiten anzupassen.
Ich möchte Biere herstellen die mit dem Wasser und dem Klima meiner Region klar kommen und trotzdem schmecken. Quasi ein "Heimatbräu".
Also nicht das Wasser und die Temperatur an das Rezept anpassen, sondern das Rezept an das Wasser und die Temperatur anpassen. Das bedeutet zum Beispiel: Im Sommer obergärig, im Winter untergärig. Das bedeutet auch: ein kräftiges Bier zu brauen und kein Pils, weil wir nun mal sehr kalkhaltiges Wasser haben. usw.

Naja soviel erstmals zu mir. Ich freue mich darauf hier im Forum herzlich aufgenommen zu werden. :Greets

Nun habe ich auch gleich ein paar Fragen:
Ich habe schon lange vor mal ein ECHTES Malzbier zu brauen.
Die Definition von Malzbier ist schon sehr schwer. Rausgefunden habe ich bist jetzt, dass es zwei arten von Malzbieren gibt: Vergorenes und Unvergorenes Malzbier.
Beiden ist gemein, dass kein oder nur sehr wenig Hopfen verkocht wird.

Zu Variante 1 - die Würze wird gekocht ohne hopfen und danach abgekühlt und nur noch mit CO2 versetzt.
Nachteil: Es kann zu einer spontanen Vergärung kommen und mir läuft das Keg über oder die Flaschen platzen.

Zu Variante 2 - die Würze wird gekocht ohne hopfen und danach abgekühlt und dann wie gewohnt vergoren usw. Quasi ein Bier ohne Hopfen.
Nachteil: Es ist nicht mehr süß und hat Alkohol (also nichts für Kinder :Wink ).

Nun zu meiner Frage bzw. Idee:
Wenn ich beim Maischen die Maltoserast (β-Amylase) einfach überspringen würde und gleich auf 73°C gehe oder sogar bei der Temp. einmaische, würde sich in der Verzuckerungsrast doch theoretisch nur Zucker unverbaubarer Zucker bilden. Wenn ich den Sud dann vergäre, sagen wir bei 10-11°P Stammwürze sollte am ende nur ein Alkoholgehalt von ca. 1-2% rauskommen und das Bier wäre sehr süß.

Was meint ihr würde das klappen oder würde ich den Sud damit ruinieren.
Bin für Ideen offen. Und schonmal vielen Dank für eure Tips.

LG
Johannes
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Beerkenauer
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Re: Malzbier

#2

Beitrag von Beerkenauer »

Hallo Johannes

Willkommen im Forum.
Falls Du noch nicht nach dem Thema Malzbier im
Forum gesucht hast. In diesem Thread steht meine ich fast alles drin (inkl. dem verlinkten thread).

viewtopic.php?p=473411&hilit=Malzbier#p473411

Ich habe meine Malzbierpläne danach aufgegeben :puzz

Vielleicht findest Du einen pragmatischen Weg
Stefan
Mein Motto: Add more hops!
30L-Klasse; 50l Topf, 3.5k Induktion, Thermoport mit Läuterhexe, 2x Edelstahl Gärfaß, 2x Kühlschrank mit Inkbird, NC-Kegs und GDA für Flaschen.
j.kowi
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Re: Malzbier

#3

Beitrag von j.kowi »

ja, ich hatte schonmal gesucht im Forum. Aber den Ansatz mit der Alphaamylase hatte ich nicht gefunden.
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Pivnice
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Re: Malzbier

#4

Beitrag von Pivnice »

j.kowi hat geschrieben: Mittwoch 23. Oktober 2024, 08:39 Ich habe schon lange vor mal ein ECHTES Malzbier zu brauen.

Nun zu meiner Frage bzw. Idee:
Wenn ich beim Maischen die Maltoserast (β-Amylase) einfach überspringen würde
Hallo Johannes
Begrifflichkeit Malzbier: Mit Zuckerzusatz darf das Getränk in Deutschland nicht als Bier bezeichnet werden - das heißt dann zum Beispiel Malztrunk.

Zum Maischverfahren:

Siehe hier im Hobbybrauer-Archiv
Bierjunge 31.7.2012 um 12:12 https://archiv.hobbybrauer.de/modules/n ... #pid167814
Den Endvergärungsgrad zu senken, indem man den beta-Amylasen (und die haben ihr Wirkoptimum bei 62°C) möglichst wenig Gelegenheit bietet, vergärbare Maltose zu bilden. Stattdessen betont man die von der alpha-Amylase bei höheren Temperaturen gebildeten Dextrine, die das Bier vollmundig machen, aber eben nicht zu Alkohol vergären.


Aufsteigende Bottichinfusion
Bierjunge 26.7.2012 um 07:58
https://archiv.hobbybrauer.de/modules/n ... #pid166930
siehe hier
Verifikation mit meinem Zubrüh-Rechner auf 38 l-Thermoport-Maßstab
Hubert
Bier: Einfach zu brauen, schwierig zu verstehen
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Re: Malzbier

#5

Beitrag von j.kowi »

Vielen Dank für die Antwort.
Der Begriff ist mir klar. Deshalb habe ich explizit von ECHTEN Malzbier gesprochen.
Nach dem Link ist es also möglich? Die frage ist, ob ich die Betaamylase Rast komplett überspringen könnte um möglichst wenig vergärbaren Zucker und somit sehr wenig Alkohol im Malzbier zu erhalten.
Wird das Bier bei der Alphaamylasen den süß. Oder süßt der bei der Alphaamylase erzeugte Zucker nicht?
Ich meine rein geschmacklich, die gefühlte Süße.
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Pivnice
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Re: Malzbier

#6

Beitrag von Pivnice »

Johannes, hast du die Verweise ins Hobbybrauerarchiv schon gelesen ?

Zuckerarten:
Maltotriose erzeugt einen süßen Geschmack. Ein Trisaccharid.
Such mal selbst zur Süßkraft von Dextrinen.

Hefeauswahl:
Maltotriose negative Stämme wählen
https://ultralowbrewing.com/yeast-selec ... owbrewing/

Mit dem oben genannten Maischverfahren und Maltotriose negativen Hefen kommst du in die Nähe eines Malzbieres - ein ganz echtes Malzbier wirst du ohne Flaschenpasteurisierung nicht erzeugen können.
Hubert
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Pivnice
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Re: Malzbier

#7

Beitrag von Pivnice »

Zum Stärkeabbau
Dissertation Wasmuth
https://opus4.kobv.de/opus4-hs-geisenhe ... asmuht.pdf
24.10. KORREKTUR: Seiten 10 und 11
Kontrolle des Stärkeabbaus
Abbildung 1 - Wirkungsweise der α- und β-Amylase
Die α-Amylase spaltet die langen Ketten der Amylose und des Amylopektin und baut diese zu
niedermolekularen Dextrinen mit 6 - 7 Glucoseresten ab

und
Tabelle 6 - Jodfärbungen
Dateianhänge
Screenshot 2024-10-23 at 12-32-46 Dissertation_Wasmuht.pdf.png
Hubert
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HoppyHias
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Re: Malzbier

#8

Beitrag von HoppyHias »

Hallo zusammen,

Ich habe letzten Winter ein Malzbier gebraut und mit Schweiß und Vorsicht ein recht gutes Ergebnis erzielt. Mein befreundeter Brauer hat es im Labor untersucht und hat 12,6% Zucker und 0,06%vol Alkohol festgestellt.

Ich habe den Brauvorgang komplett normal begonnen, inklusive anstellen. Die angestellte Würze habe ich direkt in Flaschen gefüllt und nach 12h (evtl. Sollte man nur 6 machen) im Einkochautomat für 30min bei 70°C pasteurisiert.
Das Ergebnis schmeckt sehr malzig, deutlich brotiger als kommerzielle Malzbiere (Malztrunke natürlich ausgenommen).

Was man sich bewusst sein muss: die Flaschen sind bis nach dem pasteurisieren Bomben. Ich habe sie rundherum in Kisten verpackt und nur mit Arbeutshandschuhen und Schutzbrille bearbeitet. Glücklicherweise ist nichts passiert, aber ich denke den nötigen Respekt braucht man :)

Ich kann gerne das komplette Rezept aus dem Brautagebuch Posten falls Interesse besteht. Das Ergebnis kann man auf Utappd ansehen: https://untp.beer/b8375de34d (Der Alkoholgehalt auf Ubtappd war berechnet vor den Laborfunden)
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Fricky
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Re: Malzbier

#9

Beitrag von Fricky »

HoppyHias hat geschrieben: Donnerstag 31. Oktober 2024, 08:46
Ich kann gerne das komplette Rezept aus dem Brautagebuch Posten falls Interesse besteht. Das Ergebnis kann man auf Utappd ansehen: https://untp.beer/b8375de34d (Der Alkoholgehalt auf Ubtappd war berechnet vor den Laborfunden)
Ja bitte poste das Rezept, ich hab großes Interesse dran.
Hab auch kürzlich mit potenziellen Bomben hantiert.

viewtopic.php?t=34635&view=unread#unread

Was mich besonders interessieren würde, hast du bei nur 0.06 % Alkoholgehalt auch Kohlensäure drin?
Wieviel Plato hatte denn die Würze vor dem Anstellen?

Gruß, Peter.
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HoppyHias
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Re: Malzbier

#10

Beitrag von HoppyHias »

Okay, hier aus meinem Tagebuch:

Schüttung:
2,5kg Wiener
1,75kg Münchner
80g Röstmalz

HG 14l, Einmaischen @ 61°C, 35min Maltoserast @ 64°C,
30min Verzuckerungsrast @ 72°C, Läutern bei 78°C mit 15l NG.
Hopfenkichen: Hopfengabe nach 80 min: 15g Cascade Pellets.
Kühlen, Stammwürze bei 13,33°P, anstellen (Leider die Hefe nicht notiert, ich glaube mich zu erinnern UG und verschwommen an Gozdawa).
Abfüllen in Flaschen = 18,66l
Nach 11 Stunden eine Flasche geöffnet, geschüttelt (CO2 zum Spindeln entfernen): 11.9°P
Dann in 2 Batches bei 70°C pasteurisiert für jeweils 30 Minuten.
Fricky hat geschrieben: Donnerstag 31. Oktober 2024, 09:08
Was mich besonders interessieren würde, hast du bei nur 0.06 % Alkoholgehalt auch Kohlensäure drin?
Die Kohlensäure ist genau richtig. Der Schaum fällt zwar sofort zusammen, aber es ist prickelnd und man trinkt es bevor es schal wird :)
Es neigt bei unzureichender Kühlung zum Gushing, Gekühlte Flaschen allerdings überhaupt nicht. Das Verhalten finde ich bis heute faszinierend :-D
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Fricky
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Re: Malzbier

#11

Beitrag von Fricky »

:thumbup danke Dir
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Wengertsbräu
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Re: Malzbier

#12

Beitrag von Wengertsbräu »

Hallo HoppyHias,

würdest du bitte noch schreiben welche Temperatur dein Bier in den 12h Gärung hatte? Danke.
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HoppyHias
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Re: Malzbier

#13

Beitrag von HoppyHias »

Wengertsbräu hat geschrieben: Donnerstag 31. Oktober 2024, 15:39 Hallo HoppyHias,

würdest du bitte noch schreiben welche Temperatur dein Bier in den 12h Gärung hatte? Danke.
Servus Wengertsbräu,

klar kann ich das. Es dürften in etwa 17 Grad gewesen sein.
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Wengertsbräu
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Re: Malzbier

#14

Beitrag von Wengertsbräu »

Danke fürs schnelle Antworten. :thumbsup
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j.kowi
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Re: Malzbier

#15

Beitrag von j.kowi »

Das Experiment mit pasteurisieren hatte ich auch schon mal gemacht. Ich habe mir die Karbonisierung so berechnet:
2 g/l CO2 entsprechen bei 90°C 7,5 bar - sollte also jede Flasche aushalten. Das entspricht wiederum 0,5 bar bei 20°C.
Also habe ich ein Flaschen-Manometer an eine Flasche gemacht und genau den Zeitpunkt ermittelt bei dem die Flasche 0,5 bar hatte. Dann in den Einkocher und in Deckung gehen...

Was soll ich sagen? Niemand ist ein echter Heimbrauer der nicht einmal seine Decke geschruppt hat! :-)

Hat wohl nicht geklappt. Deshalb wollte ich es nun einmal auf o.g. Weise Probieren. Ich werde berichten wie es geworden ist.

Vielen Dank schon mal an alle Mitdenker.
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Ras Tafaric
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Re: Malzbier

#16

Beitrag von Ras Tafaric »

Frage an die (Flaschen)Bombenbauer:
Ist das Spielchen denkbar, wenn man die Würze heiß in ein Keg gibt, Druck drauf setzt, dass beim Abkühlen das Keg nicht gefaltet wird. Dann lässt man es so etwas reifen und zwangskarbonisieren mit den normalen Zielwerten?
Getrunken dann frisch gezapft aus dem Keg?
----------------------------------------------
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Re: Malzbier

#17

Beitrag von j.kowi »

Prinzipiell geht das denke ich. Allerdings kann es sein, dass Du noch Reste von Hefe im Keg hast. Dann gärt es wieder.
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HoppyHias
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Re: Malzbier

#18

Beitrag von HoppyHias »

Hm, mit Keg denke ich geht's auch anders, weil du durch die Zwangskarbonisierung keine Gärung bräuchtest. Dann könntest du die Würze direkt heiß abfüllen und einfach nicht anstellen. Du solltest davor vmtl. Den ganzen Keg mit Reinem Alkohol oder besser: Hitze pasteurisieren um die Würze so haltbar zu bekommen.

Dann hast du halt karbonisierte Würze, aber das ist Malzbier ja im Grunde :)
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j.kowi
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Re: Malzbier

#19

Beitrag von j.kowi »

HoppyHias hat geschrieben: Donnerstag 7. November 2024, 12:01 Hm, mit Keg denke ich geht's auch anders, weil du durch die Zwangskarbonisierung keine Gärung bräuchtest. Dann könntest du die Würze direkt heiß abfüllen und einfach nicht anstellen. Du solltest davor vmtl. Den ganzen Keg mit Reinem Alkohol oder besser: Hitze pasteurisieren um die Würze so haltbar zu bekommen.

Dann hast du halt karbonisierte Würze, aber das ist Malzbier ja im Grunde :)
Hallo HoppyHias. Ich glaube genau das meinte Ras Tafaric.
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