Forschungsergebnisse der ETH Zürich um den Materialwissenschafter Jan Vermant legen nahe, dass man sich von der bisherigen Annahme, Bierschaum sei allein auf Proteine des Malzes zurückzuführen, verabschieden muss.
Zusammengefasst zeigten Vermants Versuchsreihen, dass bei Bierschaum noch andere Kräfte wirken. Oder wie sollte es zu erklären sein, dass vor allem mehrfach vergorene belgische Biere über den beständigsten Schaum verfügen? Vermant lenkt den Fokus auf die Oberflächenspannung, Marangoni-Konvektion genannt. Bei mehrfach vergorenen Bieren hingegen entsteht die Stabilität durch eben diese Marangoni-Spannungen. Sie beruhen auf Unterschieden in der Oberflächenspannung und erzeugen feine Strömungen, die die Bläschen im Schaum länger zusammenhalten. Weiters ist das Protein LTP1 zentral. Bei belgischen Bieren mit dreifacher Gärung zerfällt es, bei weniger aufwendigen Verfahren hingegen nicht. Kein Wunder, dass Lagerbiere ganz schlecht abschneiden.
Wer's nachlesen will - den dazugehörigen Artikel gibt's beim Standard unter https://www.derstandard.at/story/300000 ... =niewidget
Übrigens eine Zeitung mit sehr gutem Wissenschaftsressort.
Grüße
Radulph
Neue Forschungserkenntnisse - Schaum ist komplexer als angenommen
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Re: Neue Forschungserkenntnisse - Schaum ist komplexer als angenommen
Ich hab schon im Subreddit /r/homebrewing davon gelesen und in den Kommentaren fragen sich die Leute meiner Meinung nach zurecht, ob die Autoren der Studie wirklich wussten, worüber sie da reden. Kurzgesagt haben sie verschiedene (z.B. belgische) Biere gekauft und sie nach "einfacher", "doppelter" und "dreifacher" Fermentation verglichen.
Da kam dann raus, dass die Tripels den besten Schaum hatten. Aber was das für eine ominöse dreifache Fermentation sein soll, erschließt sich mir nicht.Six commercial beers were studied. The beers were: Westmalle Tripel, Tripel Karmeliet, Feldschlösschen, Chopfab - Lager2, Westmalle Dubbel, and Westmalle Extra. One unique aspect of our approach is a controlled series of experiments on beers brewed from the same ingredients but subjected to single, double, and triple fermentations
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Re: Neue Forschungserkenntnisse - Schaum ist komplexer als angenommen
Den Begriff hätte man in der Tat etwas besser erklären können. Wenn es das ist, wofür ich es halte, ist damit der Einsatz mehrerer Hefen oder zusätzlicher Zucker zu verschiedenen Zeitpunkten der Fermentation gemeint. Wie man es bei Belgiern eben oft macht.Nixusminimax hat geschrieben: Mittwoch 27. August 2025, 13:03 Da kam dann raus, dass die Tripels den besten Schaum hatten. Aber was das für eine ominöse dreifache Fermentation sein soll, erschließt sich mir nicht.
Ob dadurch die Hauptgärung permanent neu aktiviert wird, ist eine Frage, die hier die studierten Brauer wohl am besten erklären können. Aus meiner Sicht wäre das naheliegend.
Jenseits vom Standard und Reddit - die Original-Studie gibt's hier:
https://pubs.aip.org/aip/pof/article/37 ... tability-A
Und das sieht doch selbst auf den ersten Blick etwas komplexer aus, als ein paar Dosen Bier zu kaufen

Gruß
Radulph
Edit: "oder zusätzlicher Zucker" hinzugefügt
Zuletzt geändert von rakader am Mittwoch 27. August 2025, 13:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Neue Forschungserkenntnisse - Schaum ist komplexer als angenommen
Das wurde hier bereits gepostet:
viewtopic.php?t=36883&view=unread&sid=b ... 2c8#unread
viewtopic.php?t=36883&view=unread&sid=b ... 2c8#unread
Mfg
Johst
Johst
Re: Neue Forschungserkenntnisse - Schaum ist komplexer als angenommen
Was mir bei der Studie fehlt ist der Proteingehalt der einzelnen Biere. IMHO wäre der Vergleich des Proteingehalts aber notwendig um diese These zu entkräften, denn nur weil ein anderer Effekt, Marangoni stresses, einen Einfluss hat, ist ja noch nicht geklärt was diesen Effekt beeinflusst.
Bringt man die bekannten Brautechnischen Daten beim Graphen mit ins Spiel, kommt man zum altbekannten Muster, höhere StW. (wir kennen nur den Alkoholgehalt und können nur rückschlüsse ziehen das ein höherer Alkoholgehalt auch eine grössere Schüttung bedeutet) und Hopfen sind schaumfördernd.
Cheers
Jan
Bringt man die bekannten Brautechnischen Daten beim Graphen mit ins Spiel, kommt man zum altbekannten Muster, höhere StW. (wir kennen nur den Alkoholgehalt und können nur rückschlüsse ziehen das ein höherer Alkoholgehalt auch eine grössere Schüttung bedeutet) und Hopfen sind schaumfördernd.
Cheers
Jan
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Die Seite zum Buch "Bier brauen" https://www.jan-bruecklmeier.com/
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Re: Neue Forschungserkenntnisse - Schaum ist komplexer als angenommen
Wenn ich Dich richtig verstehe, sagt die Graphik nichts über den Alkoholgehalt in Relation zu Schaum aus (vgl. den roten Balken).§11 hat geschrieben: Mittwoch 27. August 2025, 14:39 Bringt man die bekannten Brautechnischen Daten beim Graphen mit ins Spiel, kommt man zum altbekannten Muster, höhere StW. (wir kennen nur den Alkoholgehalt und können nur rückschlüsse ziehen das ein höherer Alkoholgehalt auch eine grössere Schüttung bedeutet) und Hopfen sind schaumfördernd.
Die Frage nach dem Einfluss auf den Marangoni-Effekt wird sicher wie üblich mit "es besteht noch weiterer Forschungsbedarf" begründet

Die für mich interessanteste Frage ist, warum das Protein PKT1 erst bei der dritten Gärung zerfällt. Was hat es damit auf sich?
Gruß
Radulph
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Re: Neue Forschungserkenntnisse - Schaum ist komplexer als angenommen
Zum Thema IBU sagt das Paper:§11 hat geschrieben: Mittwoch 27. August 2025, 14:39 Bringt man die bekannten Brautechnischen Daten beim Graphen mit ins Spiel, kommt man zum altbekannten Muster, höhere StW. (wir kennen nur den Alkoholgehalt und können nur rückschlüsse ziehen das ein höherer Alkoholgehalt auch eine grössere Schüttung bedeutet) und Hopfen sind schaumfördernd.
Und zum Thema Alkoholgehalt:it is clear that increasing foam stability by implementing strategies related to [...] adding iso-a-acids [...] is most effective in Lager beers and not in beers that show Marangoni stabilization, such as the Belgian ales studied here.
Wie du richtig sagst, wird die Stammwürze und/oder der Proteingehalt der Biere allerdings nicht thematisiert, was ich auch schade finde.drainage times consistently decreased with higher ethanol levels, confirming adestabilizing effect of alcohol
Ich glaube übrigens, nachdem ich das Paper mehr im Detail gelesen habe, dass die Autoren den Begriff "Triple fermentation" völlig sinnfrei verwenden. In Brauereien bezeichnet man damit manchmal eine zweite Nachgärung durch Brettanomyces, aber im Paper kommt der Begriff ausschließlich in Einleitung und Fazit vor und es ist nicht klar, wie das zu den untersuchten Bieren, die alle ohne Brettanomyces gebraut wurden, passt.
Vielleicht interessant für alle, die gerne Haferflocken und andere fetthaltige Zutaten verwenden:
In Marangoni-stabilized beer foams, such as those of the Belgian ales, lipids are not expected to have a catastrophic effect, in contrast to Lager beers whose foam is stabilized by surface viscoelasticity.
Auf Youtube: The British Pint
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Re: Neue Forschungserkenntnisse - Schaum ist komplexer als angenommen
Nach etwas querlesen, geht aus dem Begriff Triple Fermentation klar hervor, dass damit drei Gärungen gemeint sind und keine anders verstandene zweite Vergärung durch Brettanomyces - im Zeitungsartikel ist das deutlicher. Der Kontext ist eigentlich klar:
Dies ergibt sich auch aus weiteren Grafiken der dokumentierten Experimente im Mittelteil.
Einfache Angaben wie Stammwürze und Proteingehalt gesamt hätte man aber schon erwähnen können.
Auch eindeutig ist, dass es hier nicht um Brettanomyces geht, die belgische Brauer für säuerliche Bier wie Lambic, Geuze und Flanders Red Ale verwenden. Das war nicht von Interesse. Die Autoren betonen ausdrücklich, dass sie die Parameter durch gleiche Zutaten eingegrenzt haben. Die belgischen Bierstile Single, Dubbel und Triple bieten sich da nachgerade an.
Gruße
Radulph
undOne unique aspect of our approach is a controlled series of experiments on beers brewed from the same ingredients but subjected to single, double, and triple fermentations We show that the type of stabilization mechanism depends on the type of beer, varying from Marangoni flow stabilized in Belgian tripel beers to surface viscoelasticity-stabilized in lower fermentation beers. These differences are linked to fermentation-induced changes in the LTP1 and Serpin Z4 proteins.
The strength of Marangoni stresses—and thus foam stability—also depends on the number of fermentations, with triple-fermented Belgian ales outperforming single-fermented ones.
Die Termini LPT1 und Serpin Z4 werden synonym für Protein und Proteingehalt verstanden.Absolute abundances of LTP1 (black) and Serpin Z4 (gray), as measured by DIA/SWATH (data-independent acquisition sequential window acquisition of all theoretical mass spectra) in the three beers (single-, double-, and triple-fermented).
Dies ergibt sich auch aus weiteren Grafiken der dokumentierten Experimente im Mittelteil.
Einfache Angaben wie Stammwürze und Proteingehalt gesamt hätte man aber schon erwähnen können.
Auch eindeutig ist, dass es hier nicht um Brettanomyces geht, die belgische Brauer für säuerliche Bier wie Lambic, Geuze und Flanders Red Ale verwenden. Das war nicht von Interesse. Die Autoren betonen ausdrücklich, dass sie die Parameter durch gleiche Zutaten eingegrenzt haben. Die belgischen Bierstile Single, Dubbel und Triple bieten sich da nachgerade an.
Gruße
Radulph
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