Liebe Brauergemeinde,
ein Bekannter fragte mich nach einer Brauereibesichtigung, warum denn der Stammwürzegehalt auch in Prozent angegeben würde. Grad Plato sei doch das Maß nachdem versteuert wird.
Mit meinem gefährlichen Halbwissen konnte ich ihm nur antworten, dass Grad Plato 1 g Zucker in 100 g Wasser bedeutet. Mit Erschrecken musste ich auch feststellen, dass meine seit nunmehr 8 Jahren verwendete Spindel nicht wie geahnt in Grad Plato sondern in Gewichtsprozent "geeicht" ist. Mit dieser Frage hat mich mein Bekannter ordentlich durcheinander gebracht.
Nun stellen sich mir folgende Fragen:
1. Ist Grad Plato und Gewichtsprozent das ein und dasselbe?
2. Warum wird für eine Messgröße zwei Einheiten angegeben?
3. Wozu dient die Angabe in Gewichtsprozent?
Ich danke Euch im Voraus!
Viele Grüße
Carsten
Grad Plato vs. Gewichts %
- Supersäfter
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Re: Grad Plato vs. Gewichts %
Wikipedia hat geschrieben: Eine Würze mit einem Grad Plato hat per Definition dieselbe Massendichte wie eine wässerige Saccharose-Lösung mit einem Gewichtsprozent Saccharose.
- Ladeberger
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Re: Grad Plato vs. Gewichts %
Genaugenommen 1g Zucker (Saccharose) in 100g Lösung, bestehend aus 99g Wasser und 1g Zucker. Oder eben: Massenprozent [%mas] (Gewichtsprozent [%-Gew]). Das ist alles definitionsgemäß dasselbe. In Würze misst man natürlich nicht die Saccharose direkt, das ist klar, sondern den äquivalenten Extrakt.Supersäfter hat geschrieben:Liebe Brauergemeinde,
ein Bekannter fragte mich nach einer Brauereibesichtigung, warum denn der Stammwürzegehalt auch in Prozent angegeben würde. Grad Plato sei doch das Maß nachdem versteuert wird.
Mit meinem gefährlichen Halbwissen konnte ich ihm nur antworten, dass Grad Plato 1 g Zucker in 100 g Wasser bedeutet.
Auch wenn es sie hin und wieder gibt: Ich würde eher mit Erschrecken feststellen, wenn irgendeine meiner Spindeln Grad Plato anzeigt.Mit Erschrecken musste ich auch feststellen, dass meine seit nunmehr 8 Jahren verwendete Spindel nicht wie geahnt in Grad Plato sondern in Gewichtsprozent "geeicht" ist. Mit dieser Frage hat mich mein Bekannter ordentlich durcheinander gebracht.
Es gibt unterschiedlich strenge Auslegungen von Grad Plato:
- Unstrittig ist eigentlich, dass Fritz Plato empirisch versuchte %mas Saccharose mit der Dichte [g/ml] (bzw. [g/100ml]) zu korrelieren. Oder eben eine Skala entwickelt hat, mit der man per Dichtemessung durch eine Spindel direkt Massenprozent Saccharose ablesen kann, was deutlich intuitiver ist. Hier wird dann auch klar, dass diese Einheit nur bis zum Anstellen definiert ist. Ist nämlich Alkohol im Spiel, passt diese Korrelation nicht mehr. Es gibt daher insbesondere keine 2,5 °P Restextrakt o.ä., sondern nur 2,5 %mas, 2,5 Gew-%, usw. als scheinbaren Extrakt. Demnach beschreibt Grad Plato nur den Extraktgehalt der unvergorenen Würze, also vor dem Anstellen. Und somit ist es auch völlig korrekt, dass eine Bierspindel, die nunmal auch im Jungbier eingesetzt wird, nur %mas angezeigt.
- Man kann es noch strenger sehen und damit auch dem Gesetzeswortlaut folgen, indem man Grad Plato als Maßeinheit der Stammwürze auffasst - und sonst nichts. Das ist also das Ergebnis deiner Extraktbestimmung direkt vor dem Anstellen. Hier ist also der einzige Zeitpunkt, an dem man einer Spindel implizit auch Grad Plato ablesen kann. Da sich die Stammwürze nämlich nicht mehr ändert (das steckt schon im Namen), ändern sich auch die °P deines Bieres nicht mehr. Ich mag diese Definition und lehne daher nicht nur die Verwendung von °P im Kaltbereich, sondern auch Bezeichnungen wie "10 °P Vorderwürzekonzentration" ab. Ich denke das ist auch der Grund, warum nach Grad Plato versteuert wird. Das ist ein eindeutiger Wert ohne wenn und aber.
- Wer es noch genauer nimmt, muss § 2 Abs.1 Satz 2 Biersteuergesetz dahingehend auslegen, dass die Stammwürze garnicht im Sudhaus bestimmt wird, sondern erst per Ballingscher Formel im fertigen Bier aus Alkoholgehalt und Restextrakt berechnet wird. Das macht für den Gesetzgeber natürlich insofern Sinn, als dass er nur an dieser Stelle überprüfbare/reproduzierbare Ergebnisse bekommt. Diese Definition geht mir als Hobbybrauer aber zu weit, da sie mir mangels Alkoholbestimmung vollständig die Möglichkeit nimmt, meinem Bier eine Stammwürze zuzuordnen.
Gruß
Andy