Berliner Weiße

Fragen und Diskussion rund um Rezepturen zum Bierbrauen
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Bierwisch
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Berliner Weiße

#1

Beitrag von Bierwisch »

Hallo Sauerbierfreunde,

nach der Berliner Weißen, die ich beim letzten MDHT in Witzenhausen gekostet hatte, juckt es mich in den Fingern, etwas ähnliches zu versuchen. Hier meine Idee:

50% WeiMa
50% PiMa

-Milchsäurestarter anstellen, ein paar Tage füttern
-Bitterhopfen (wie viele IBUs?) mitmaischen
-Kombirast bei 68°C
-läutern, kurz aufkochen, auf 45° abkühlen
-geplant sind 8°P
-Lactostarter dazu – wie lange warten? Oder bis Stw. um 1° gefallen ist?
-aufkochen oder länger kochen?
-Hefe + Brett dazu

Das klingt eigentlich ganz simpel, wo seht ihr noch Änderungsbedarf?

Gruß,
Bierwisch
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ggansde
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Re: Berliner Weiße

#2

Beitrag von ggansde »

Moin,
ich habe auch noch eine Berliner Weisse im Kopf, die mir super schmeckte (kleine grüne Flaschenetiketten mit dem Brandenburger Tor). Sie war von Hieronymus. Frage ihn doch einfach nach dem Rezept.
VG, Markus
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Seed7
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Re: Berliner Weiße

#3

Beitrag von Seed7 »

IBU 10 maximal.

eine sehr praktische methode mit voller kontrolle, 2x brauen. Ersten Sued nicht kochen, keine hopfen, mit milchsaure ansauren bis pH <4,7, Lacto's dazu und bei ~22°C ruhig gaeren lassen. Das ansaueren ist dazu das die Lacto's keine protease enzyme machen, besser fuer den schaum.

Zweiter sued, mit ein wenig hopfen und kann gekocht werden. Ausgaeren mit hefe und brett.

Beide biere nach geschmack mischen und abfuellen. 6 monate geduld.

Ingo
Zuletzt geändert von Seed7 am Mittwoch 8. Juli 2015, 12:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Kurt
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Re: Berliner Weiße

#4

Beitrag von Kurt »

Ich hab vor Kurzem eine Weisse nach der Methode (Läutern, Milchsäuergärung, Kochen, Hefegärung) gemacht.Ist super geworden und man hat keinen Stress mit der Mischgärung bzw. Lactos im Gärfass. Brett (Orval-Bodensatz) kam per Spritze mit in die Flasche. 10 IBU. 2 Tage Lactogärung bei 37°C. Gute Säure.
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Berliner
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Re: Berliner Weiße

#5

Beitrag von Berliner »

Hallo Bierwisch,
viele Wege führen zur Weißen ;-)
Die hohe Kunst ist dabei, eine stabile Mischgärung mit Hefe, Lacto und Brett hinzubekommen. Das klappt sicher nicht auf Anhieb, daher ist dein Ansatz die sicherere Variante.

Maischehopfung macht m.M. nur Sinn, wenn Du mindestens eine Dekoktion fährst, ansonsten wird nichts isomerisieren. Die Berechnung der Bitterung ist selbst dann noch mit Vorsicht zu genießen.

Wie lange die Säuerung dauert, hängt ganz von deinem Geschmack ab. Mir sind fast alle verkosteten BWs (inkl. der vom MDHT) nicht sauer genug. Meine letzte habe ich 3 Tage säuern lassen, das war für mich geschmacklich ok. Ich habe einfach die Würze gekostet, bis sie mir sauer genug erschien. Das kann anderen aber schon zu sauer sein.
Du musst danach nicht unbedingt aufkochen; erhitzen bis ~80°C sollte die Lactos auch schon abtöten. Wenn aufkochen, dann nur kurz.
Gruß vom Berliner
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Re: Berliner Weiße

#6

Beitrag von Bierwisch »

@all
Danke!

@Berliner

ab wann wäre die BW nach Deinem Rezept trinkbar? Hast Du mal den pH-Wert gemessen? Bzw. weißt Du, um wieviel °P der Extrakt heruntergegangen ist?
Trinkst Du die Weiße pur?

Gruß,
Bierwisch
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Re: Berliner Weiße

#7

Beitrag von flying »

Dann wohl die "Säuerung nach Francke" von 1906. Die ungekochte und ungehopfte Würze nach dem Läutern eine Stunde bei 80° halten. Dann abkühlen auf 45° und impfen mit Laktobazillus Delbrueckii (Wyeast Kultur). Reine Milchsäuregärung bis zum Erreichen des gewünschten Säuregrades. Wieder Erhitzen auf 80° und eine Stunde halten. Abkühlen auf 20° und anstellen mit Hefe.
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Re: Berliner Weiße

#8

Beitrag von Bierwisch »

Jawoll, so in der Art plane ich das.
Außer, daß ich keine Lactokultur bestellen möchte - ich proBIER das mal authentisch...
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Berliner
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Re: Berliner Weiße

#9

Beitrag von Berliner »

ab wann wäre die BW nach Deinem Rezept trinkbar? Hast Du mal den pH-Wert gemessen? Bzw. weißt Du, um wieviel °P der Extrakt heruntergegangen ist?
Trinkst Du die Weiße pur?
Mein altes Rezept arbeitet ja ohne Brett, damit kannst Du sie nach wenigen Wochen schon trinken - sie verändert sich dann nicht mehr so gravierend wie bei Brett-Einsatz.
Ein pH-Meter habe ich nicht, aber laut meinem Protokoll istdie Stammwürze beim Säuern von 8 auf 7°P gefallen.
Gruß vom Berliner
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Hieronymus
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Re: Berliner Weiße

#10

Beitrag von Hieronymus »

Hallo Bierwisch,

die BW in Witzenhausen war eigentlich erst ca. 10 Wochen alt und hatte noch nicht ihre volle Säure entwickelt. Ich habe noch ein paar Flaschen vom letzten Jahr stehen. Die sind richtig sauer.

Vom Rezept her müsste Deine Weisse eigentlich ganz gut klappen.
Meine Schüttung war 2/3 Gerstenluftmalz u. 1/3 WeiMa. Letztes Jahr habe ich noch mit PiMa statt Luftmalz gearbeitet und sehr groß ist der Unterschied nicht, man merkt ihn aber.
Beim Maischen habe ich mehrere Rasten gemacht. Eine einfache Kombirast sollte aber eigentlich funktionieren. Allerdings hatte ich zwischendurch eine Kochmaische, in der dann auch der Hopfen war.
Mit ca. 15 min Kochen bin ich dann auf etwa 5 - 6 IBU gekommen.
Nach dem Läutern wurde nicht gekocht, sondern nur auf 90 - 95 °C erhitzt und nach dem Abkühlen und Filtern auf 8 °P verdünnt.
Ich habe dann allerdings nicht die Lactos sondern die Hefe zuerst zugegeben. Das heißt, dass die ganze Geschichte gärte erst ganz normal. Bei ca. 3 °P kamen dann die Lactos und Brett dazu.
Später Speise dazu und in Flaschen gefüllt.
Dann heißt es: Abwarten. In den ersten Wochen schmeckt das Zeug total öde, weil überhaupt noch keine Säure da ist. Aber so nach 6 - 8 Wochen gehts dann los.

Gruß
Heinrich
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Re: Berliner Weiße

#11

Beitrag von flying »

Torsten, den Bodensatz von der Wöllnitzer Weisse kann man gut verwenden!
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Re: Berliner Weiße

#12

Beitrag von Bierwisch »

Ja, richtig! Gute Idee.

Im Moment überlege ich, was sinnvoller ist - erst säuern, dann Lactos killen und zum Schluß Hefe und Brett zugeben oder die Lactos am Ende der Hauptgärung zusetzen.
Das hat ja nicht nur Einfluss auf den Säuregehalt, auch die Gärung wird wegen der unterschiedlichen pH-Werte unterschiedlich verlaufen...

Gruß,
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Kurt
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Re: Berliner Weiße

#13

Beitrag von Kurt »

Flalls ihr Lactos aus einer Hand voll Malz züchten wollt (was ganz gut funktioniert). UNBEDINGT eine lage CO2 auf den Starter und später auf die Gärende (Milchsäuregärung) Würze geben. Das hemmt die Aeroben Bakterien die gerne mal etwas Buttersäure von sich geben (Kotze-Geruch). Das machen auch viele amerikanische Sauerbierproduzenten so (American Sour Beer).
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Seed7
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Re: Berliner Weiße

#14

Beitrag von Seed7 »

Bierwisch hat geschrieben: Im Moment überlege ich, was sinnvoller ist - erst säuern, dann Lactos killen und zum Schluß Hefe und Brett zugeben oder die Lactos am Ende der Hauptgärung zusetzen.
Im bodensatz vom Wöllnitzer ist doch auch hefe. Wenn die die Lacto's nicht isolierst kannst du nur alles auf einmal zugeben. Ist da eine Weizen hefe drin?

Ingo
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Re: Berliner Weiße

#15

Beitrag von Bierwisch »

@Kurt
Danke für den Tip!

@Ingo
ich glaube nicht
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Re: Berliner Weiße

#16

Beitrag von Bierwisch »

Hefe und zeitgleich Lactos entspricht sicherlich der historischen Praxis. Brett kam dann spätestens bei der Fasslagerung dazu.

Wie verhindert man dann aber, daß die Lactos zu schnell den pH-Wert senken und die Hefe gehemmt wird?
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Re: Berliner Weiße

#17

Beitrag von flying »

Der Braumeister vom Wöllnitzer holt sich laut eigener Aussage obergärige Hefe von Oettinger aus Gotha. Oettinger braut meines Wissens neben Weißbier noch Altbier. Eine von beiden wird es sein. Da er, wenn ich mich richtig erinnere, bei 30° anstellt ist wohl beides möglich..?

Es wird nur mit Hefe angestellt, die er ein halbes Jahr oder länger führt? Zumindest hat er gesagt, dass er sie über den Winter bringt. Die Infektion kommt später, vermutlich in den riesigen Plastikbecken, wo er die Hauptgärung durchführt. Das Weißbier ist anfangs nicht sauer und wird es erst mit fortdauernder Lagerung. Das entspricht auch völlig dem alten Lichtenhainer Biertyp. Ein etwas abgelagertes Wöllnitzer ist sauer wie eine Berliner Weisse.
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Re: Berliner Weiße

#18

Beitrag von Seed7 »

Bierwisch hat geschrieben:Hefe und zeitgleich Lactos entspricht sicherlich der historischen Praxis. Brett kam dann spätestens bei der Fasslagerung dazu.

Wie verhindert man dann aber, daß die Lactos zu schnell den pH-Wert senken und die Hefe gehemmt wird?
Verhaeltnis der zellen, 4 bis 6x soviel Hefe als Lacto's und temperatur. Bei 17-18°C sind die lacto's nicht so schnell.

Ingo
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Re: Berliner Weiße

#19

Beitrag von Bierwisch »

Also bastel ich mir einen gemischten Starter aus dem Lichtenhainer Weißbier und gebe das nach dem Abkühlen zur Maische. Außerdem kommt dann noch Brett dazu - ich habe aber nur Brett Trois im Haus.

Wegen der Lagerdauer muß ich ein bisschen experimentieren, aber als Hobbybrauer habe ich ja Geduld...
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Re: Berliner Weiße

#20

Beitrag von Bierwisch »

So, dann habe ich also einen neuen Plan:

Schüttung bleibt:
50% WeiMa
50% PiMa

-Starter aus Lichtenhainer Weißbier
-Kombirast bei 68°C
-evtl. mache ich eine kleine Dekoktion mit Dünnmaische und ein bisschen Hopfen für 5 IBUs
-läutern und für 30 Minuten bei 80°C halten
-Stw. 8°P
-runterkühlen auf 20°C und anstellen (Mischkultur aus Öttinger-Hefe und Wöllnitzer Lactos)
-Brett Trois kommt auch noch dazu
-monatlich verkosten

Gruß,
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Re: Berliner Weiße

#21

Beitrag von Bierwisch »

Gestern war ich noch schnell in der Talschänke und habe mir ein paar Flaschen Lichtenhainer Weißbier geholt - zwei frische und nach einigem Bitten hat der Wirt mir auch noch zwei von 2011 rausgerückt.
Die waren überraschenderweise nicht übermäßig sauer, hatten ein schönen Bodensatz und das Bier kam mir beim Öffnen im dicken Schwall entgegen. Durch die lange Lagerzeit schmeckte es ziemlich wässrig, die Säure war aber recht angenehm.

Zwei aktuelle Flaschen und eine "historische" habe ich jetzt mit einem halben Liter Würze aus Trockenmalzextrakt, Hefenährsalz und ein paar Tropfen Speiseöl angestellt und hoffe, daß sich da jetzt die richtigen Mikroorganismen entwickeln.

Ich bin mir nicht sicher, ob Belüften etwas bringt oder gar kontraproduktiv ist - kann da jemand was erhellendes sagen?

Gruß,
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Seed7
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Re: Berliner Weiße

#22

Beitrag von Seed7 »

Erst mal nicht belueften. Nur von der L.brevis weiss ich das die besser waechst mit sauerstoff, die meisten aber brauchen es nicht.

Edit: Wenn ich den Roesselare blend fuer etwas gebrauchen moecht dan mache ich erst einen cider damit und erst danach ein bier, dan wird es schneller sauer. Nach mehreren fuehrungen bekommen die Lacto's die ueberhand.

Ingo
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Re: Berliner Weiße

#23

Beitrag von Bierwisch »

Kein Problem - dann kommt da heute noch ein bisschen Apfelsaft mit rein.
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Ulrich
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Re: Berliner Weiße

#24

Beitrag von Ulrich »

Hefe: Kölsch (W177, ), Alt (W208, W145), W306, W999, US05, Notti (Weissbierhefe untypisch, geht aber auch W205,)
Bakterien: Normaler Weise verwenden wir den Lactobazillus Amylovorus, da neben den typischen Aromen sehr hopfen-intollerant ist und schon ab 8-10BE die Vermehrung einstellt. Anaerob, bei optimal 45°C (Die Temperatur ist abhängig von der verwendeten Bakterie)
Ich habe meine erste Berliner Weisse immer erst getrennt vergoren (1/4 - 1/3 Milchsäure, 3/4 - 2/3 Hefegärung) und ausgemischt, um das richtige Verhältnis zu bekommen. danch wurde der gewünschte Säuregrad der Milchsäuregärung deffiniert (im bestimmten Verhältnis zum Extrakt wirklich (Süß-Sauer verhältnis)
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Re: Berliner Weiße

#25

Beitrag von Bierwisch »

So, ich habe es getan und es wird mit aller Wahrscheinlichkeit Bier.
Der scheinbarer Restextrakt liegt bereits unter 1P und der pH bei 3,8.

Die Schüttung war recht simpel mit 50% PiMa und 50% WeiMa, den Hopfen (15g, 8%) habe ich mit drei Litern Dünnmaische sieben Minuten gekocht. 60 Minuten Kombirast bei 68°C.
Angestellt mit einem ordentlichen Starter aus dem Bodensatz aus drei Flaschen Wöllnitzer Weißbier (eigentlich ja Lichtenhainer) und Brett Trois.
Jetzt bin ich mir aber nicht ganz sicher, wann ich abfüllen soll, da die Bretts ja noch ewig weiterwerkeln werden - hat da jemand einen Tip für mich?

Gruß,
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Re: Berliner Weiße

#26

Beitrag von nacron »

Ich muss umbedingt auch eine Berliner Weiße brauen!
Dazu hätte ich mal ein paar Fragen vor allem an Ulrich, du erwähnst den Lacto Stamm Amylovorus ich kenne bisweilen nur die drei:
Brevis, Buchneri und Delbrueckii (Schöne Übersicht)
Woher bekommt man den? Und weiß jemand welche Lacto Stämme historisch verwendet wurden? Könnte das einen großen Geschmacklichen einfluss gehabt haben?

Zur Brett stellt sich dann ja auch die Frage ob man an einen historischen Stamm rankommt. Du hattest mal erwähnt das du ihn im Labor hast.
Die von flying erwähnte Methode nach Francke finde ich sehr spannend.
Hier auch noch einmal eine schöne Übersicht zum Thema.
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Re: Berliner Weiße

#27

Beitrag von Ulrich »

nacron hat geschrieben:Dazu hätte ich mal ein paar Fragen vor allem an Ulrich, du erwähnst den Lacto Stamm Amylovorus ich kenne bisweilen nur die drei:
Brevis, Buchneri und Delbrueckii. Woher bekommt man den? Und weiß jemand welche Lacto Stämme historisch verwendet wurden? Könnte das einen großen Geschmacklichen einfluss gehabt haben?
L. amylovoros und L. amylolyticus sind DIE Milchsäuren für die Bierherstellung. Ursprünglich von der Oberfläche von Gerstenmalz isoliert. Vorteil1: hohe optimaltemperatur (45 - 48°C, inaktiv ab >52°C), Vorteil2: Sie sind sehr Bittersäure-intollerant. So das bei "normaler" Hopfung die MS nicht einmal in der Anstellwürze anwächst und sich so auch nicht verschleppen kann. => keine obligaten Bierschädlinge!!! Vorteil 3: Ihr sehr weiches und volles Aroma.
Ja, die gewählte Milchsäue hat einen erheblichen sensorischen Einfluss auf das Endprodukt.
Der L.Brevis ist zwar für viele Infektionen verantwortlich und daher vieleicht schon mal das ein oder andere mal in eine Berliner Weisse geraten, is aber ein obligater Bierschädling.(wie auch Linderi, Casei, usw)
Lactobacillus bulgaricus ist eine linksdrehende Jogurt-Milchsäue (auch homo, wie vorus und lytikus.) aber nicht typisch für Berliner Weisse (bzw ander Biersorten)
Lactobacillus buchneri ist hetero, geht also gar nich,t ( :Bigsmile wow, das kann man aber auch falsch verstehen),=> er produziert neben Milchsäue auch Essigsäue. (Pfuibä)
nacron hat geschrieben:Zur Brett stellt sich dann ja auch die Frage ob man an einen historischen Stamm rankommt. Du hattest mal erwähnt das du ihn im Labor hast.
Die von flying erwähnte Methode nach Francke finde ich sehr spannend.
Hier auch noch einmal eine schöne Übersicht zum Thema.
Brett = Brettanomyces ist nur eine Art Gattung, davon gibt es ein paar.
Wie haben Dekkera bruxellensis, die aus Berliner Weisse isoliert worden ist.
Im Sortiment, aber gefriergetrocknet, also nicht offen: (noch nicht)
Brettanomyces lambicus: Lambic aber auch in Berliner Weisse gefunden.
Brettanomyces claussenii: urspünglich aus englische Ales.
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Re: Berliner Weiße

#28

Beitrag von flying »

Hi Ulrich,

für die Berliner Weisse soll der L. Brevis verantwortlich sein. Falls Du rankommst..? Hier: Prof. Dr.-Ing. Frank-Jürgen Methner: "Über die Aromabildung beim Berliner Weißbier unter besonderer Berücksichtigung von Säuren und Estern" Dissertation an der TU Berlin, 1987

Die Diss. war noch mit der Schreibmaschine geschrieben und existiert nur als Scan..sehr lesenswert!
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Re: Berliner Weiße

#29

Beitrag von Dr Huppertz »

Also ich wäre sehr an einer Auflage der Lactos, sowie der Bretts interessiert, bekommen wir da eine Bestellung bei Ullrich hin?
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Re: Berliner Weiße

#30

Beitrag von Seed7 »

Zu den beiden von Ulrich erwaehnten L's ein PDF der hefebank-weihenstephan. Ich kann bestaetigen das die biosauere die hiermit produziert wird sehr aromatisch ist, habe das mal bei meinen nachbarbrauer Grolsch verkostet.

Die L.brevis wird nachgesagt eine art von symbiose mit der hefe an zu gehen wobei die einfacheren zucker fuer die hefe sind und die brevis die schwierigen knakt (und dextrine?). In der bierliteratur ist hier sehr wenig zu finden, in der sauerteigliteratur wird es aber oefters beschrieben. Die Berliner Weisse ist meiner meinung nach ein "Sauerteigbier" (die Gose ein "Sauerkrautbier").

Eine interessante diskussion ueber die fuer uns zur verfuegung stehenden Lacto's lief gerade in der HBT. Wer mit nur Lacto's eine 100% attenuation erreicht hat mit hefe contanimierten Lacto's. Die von WY und WLP sind contanimiert. Selber habe ich bei solchen 100% Lacto gaerungen eigentlich niet den "extract" nachgemessen weil ich die relation zucker - milchsauere nicht kenne und der FG dan bedeutungslos ist.

In verschieden Brett's die nicht von WY oder WLP verkauft werden waere ich sehr interessiert, besonders in anderen B.clausenii. Die Brett in der Berliner Weisse Blend von WY finde ich sehr schoen und werde mal veruchen den zu isolieren.

Ingo
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Re: Berliner Weiße

#31

Beitrag von Ulrich »

flying hat geschrieben:Hi Ulrich,
für die Berliner Weisse soll der L. Brevis verantwortlich sein. Falls Du rankommst..? Hier: Prof. Dr.-Ing. Frank-Jürgen Methner: "Über die Aromabildung beim Berliner Weißbier unter besonderer Berücksichtigung von Säuren und Estern" Dissertation an der TU Berlin, 1987
Die Diss. war noch mit der Schreibmaschine geschrieben und existiert nur als Scan..sehr lesenswert!
da kann ich leider nicht ganz objetiv agumentieren, da ich und der L. brevis uns eine gegenseitige, tiefe und abgründige Abneigung teilen. :Bigsmile
Brevis ist wirklich ein schlimmer Finger, sehr Hopfenstabil, sehr anpassungsfähig (hat schon ein paar saure Desinfektionsmittel "wieder nach hause geschickt"), wohl die verbreiteste Infektion im Brauerbereich. Ist auch echt blöd wieder raus zu bekommen. Es geht natürlich, ma muß aber sehr, sehr gründlich und gewissenhaft vorgehen.

Ich finde nicht, das der Brevis eine gute Wahl ist, weil er hetero ist. (Neben Milchsäure auch Essigsäure und Äthanol). Wie oben schon erwähnt, bin ich fest davon überzeugt, dass der Brevis in der Berliner Weisse gefunden wurde (währe ein Wunder, wenn nicht), halte ihn aber aus gegebenen Gründen als ungeeigent, um mit dem gezielt zu säuenern. Neben technologischen Gründen auch die sensorischen Gründe.
Auf jeden Fall werde ich den Burschen nicht in mein Labor lassen. "Hunde und Brevis bitte draussen bleiben!"
Zuletzt geändert von Ulrich am Montag 27. Juli 2015, 14:25, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Berliner Weiße

#32

Beitrag von Ulrich »

außerden gibt es viele Stämme von dem Brevis.
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Re: Berliner Weiße

#33

Beitrag von flying »

Da hast Du sicher recht. Für die "Säuerung nach Franke" wäre der L. amylolyticus sicherlich die beste Wahl. Für eine ganz reine Säure bestenfall noch unter CO2-Stripping. Historisch korrekt ist allerdings die Mischgärung bei niedrigeren Temperaturen.
Kommt eben darauf an was man will. Ich kann mich noch an die Berliner Weisse aus den 80- igern erinnern, getrunken am Alexanderplatz und entgegen der Tradition vom Fass. Die war geschmacklich äußerst komplex und optisch wie Milch. Sehr geiles Zeuch, was es leider nicht mehr gibt.
..Brevis ist wirklich ein schlimmer Finger, sehr Hopfenstabil, sehr anpassungsfähig..
Möglicherweise erlangte dieser Quasi-Schädling seine Anpassungsfähigkeit und Hopfentoleranz erst durch den jahrhundertelangen (möglicherweise unfreiwilligen) Einsatz in der Brauerei..?
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Re: Berliner Weiße

#34

Beitrag von Ulrich »

flying hat geschrieben: Historisch korrekt ist allerdings die Mischgärung bei niedrigeren Temperaturen.
Historisch, Beliner Weisse als Zufallsprodukt durch Infektion? => sehr wahrscheinlich! :Bigsmile Das erklärt auch den Brevis als historich richtige Wahl.! :Wink
flying hat geschrieben:
..Brevis ist wirklich ein schlimmer Finger, sehr Hopfenstabil, sehr anpassungsfähig..
Möglicherweise erlangte dieser Quasi-Schädling seine Anpassungsfähigkeit und Hopfentoleranz erst durch den jahrhundertelangen (möglicherweise unfreiwilligen) Einsatz in der Brauerei..?
UNFREIWILLIG! Machst Du Witzte? "Brevis der Stalker" passt wohl eher. :Wink Der schwirrt ums Bier, wie die Motten ums Licht! :Bigsmile

Edit: Achso, Du meinst, das der Brevis möglicherweise unfreiwillig eingesetzt wurde! => Ja, das ist nett ausgedrückt! :Bigsmile :thumbsup :Bigsmile :Bigsmile
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Re: Berliner Weiße

#35

Beitrag von Ulrich »

flying hat geschrieben: Ich kann mich noch an die Berliner Weisse aus den 80- igern erinnern, getrunken am Alexanderplatz und entgegen der Tradition vom Fass. Die war geschmacklich äußerst komplex und optisch wie Milch. Sehr geiles Zeuch, was es leider nicht mehr gibt.
Ich habe so etwas ähnliches mit einem Kvas erlebt. Den haben wir im Labor analysiert. Nach 33 indentifizierten Lactos haben wir aufgegeben. Nicht reproduzierbar! Gesamtkeimzahl lactos im fertigen Produkt: > 480 Mio/ml. => so trübe, das es aussieht wie Milch!
Da waren aber auch ein paar heteros dabei.( Ameisensäure und Konsorten)
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Re: Berliner Weiße

#36

Beitrag von Seed7 »

Ulrich hat geschrieben:Nach 33 indentifizierten Lactos haben wir aufgegeben. Nicht reproduzierbar!
Mehr ist besser! Pasteur & Hansen haben uns das Bier versaut. No Mono!

Seit es der L.brevis von Wyeast und WhiteLabs gibt habe ich schon einige bier damit gemacht. Ich benuetze keine getrennte gaerfasser oder abfuellroehrchen fuer meine Brett- & Sauerbiere. Biss jetzt kein Problem. Muss aber auch sagen dass ich bewusst kunststoff Gaerfaesser habe, wenn es mal schief geht sind die Abfall. Die Hobby Risiken sind halt etwas anderes als die Gewerblichen.

Ingo
"Wabi-Sabi" braucht das Bier.
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flying
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Re: Berliner Weiße

#37

Beitrag von flying »

> 480 Mio/ml. => so trübe, das es aussieht wie Milch!
Ein wahrhaft probiotischer Jungbrunnen... :Bigsmile
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"Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Re: Berliner Weiße

#38

Beitrag von Ulrich »

flying hat geschrieben:
> 480 Mio/ml. => so trübe, das es aussieht wie Milch!
Ein wahrhaft probiotischer Jungbrunnen... :Bigsmile
Das kannst Du wohl so sagen! Eine Stunde nach der Verkostung von ca 78 Proben, war mein Stoffwechsel sehr aktiv! :redhead
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