Erfahrungen mit Chill Haze / Kalttrub

Hier kommt alles rein, was woanders keinen Platz hat.
Antworten
Dave1987
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 730
Registriert: Dienstag 12. März 2013, 18:00

Erfahrungen mit Chill Haze / Kalttrub

#1

Beitrag von Dave1987 »

Hallo Leute,

ich würde gerne mal ein neues Thema anstoßen, weil es dazu anscheinend noch nicht sehr viele Infos in deutsch gibt.
Und zwar geht es mir um das Thema Chill Haze bzw. Kalttrub, nicht zu verwechseln mit Kühltrub!
Ich würde gerne eine Übersicht anfertigen, die alle nötigen Informationen zu dem Thema beinhaltet. Also Begrifflichkeiten, Ursachen, Vermeidung, Sofortmaßnahmen, Erfahrungen usw. Dazu brauche ich natürlich eure Hilfe, zum einen für die Literaturrecherche der Grundlagen und natürlich auch Erfahrungsberichte. Damit das Ganze schön übersichtlich bleibt, wird dieser Eingangspost immer wieder aktualisiert und die wichtigsten Infos eingetragen.
Ihr fragt euch vielleicht wie ich auf das Thema komme. Ich habe letztens ein IPA gebraut, bei dem dieser Effekt zu tragen kommt. Besonders ärgert es mich, weil ich wirklich viel Aufwand betrieben habe um eine klares Bier zu bekommen (Ca-Gehalt angehoben, teure gut sedimentierede Hefe verwendet, Umgeschlaucht...). Das Bier war nach 2 Wochen Nachgärung in der Flasche absolut klar (und das ohne Irish Moss, Kieselsol, Gelatine oder Sonstiges) und besaß kaum Bodensatz. Die Enttäuschung der ersten Verkostung war natürlich dementsprechend groß (Bier vorher 1 Tag im Kühlschrank gehabt). Soviel zu meinen Beweggründen.

Kurz zur Begrifflichkeit:
Als Chill Haze/Kalttub wird eine kolloidale Trübung bezeichnet, die aus einer Verbindung von Eiweißen als dem Malz und Phenolen aus dem Hopfen entsteht. Diese Trübung bildet sich bei Unterschreitung einer gewissen Temperatur (z.Bsp. Kühlschrank) und löst sich beim Erwärmen des Bieres wieder auf. Unter bestimmten Umständen (sehr kalte Temperaturen oder mehrfache Temperaturwechsel Beanspruchungen) kann es zu einer permanenten Trübung kommen. Der Kalttrub hat keinen negativen Effekt auf den Geschmack. Ein permanenter Kalttrub kann sich aber negativ auf die Alterung des Bieres auswirken.

Mögliche Ursachen:
  • - hoher Protein- und Betaglucangehalt des Malzes
  • - hoher Gehalt an Polyphenolen durch Verwendung von viel Hopfen bzw. bestimmten Hopfensorten (Stopfen)
  • - unzureichende Heißtrubabscheidung
  • - unzureichende Kühltrubabscheidung
  • - ...
Möglichkeiten zur Vermeidung/Beseitigung:
  • - Eiweißrast
  • - stärkeres Kochen (bessere Heißtrubausscheidung)
  • - optimaler ph-Bereich (5.4) beim Kochen für maximale Heißtrubabscheidung durch Wasseraufbereitung
  • - (Benutzung von Irish Moss zur besseren Heiß- und Kühltrubausscheidung)
  • - schnelleres Abkühlen auf Anstelltemperatur
  • - Cold Crash mit anschließender Filtration oder Zugabe von trübungsbindenden Mitteln (Kieselsol, Gelatine)
  • - lange und kalte Lagerung
  • - ...
Erfahrungen der Community:
  • - Irish Moss (allein) schützt nicht vor Kalttrub-Bildung
verwendete Quellen:

[1] http://blog.stonebrewing.com/index.php/ ... -you-know/
[2] http://www.bertusbrewery.com/2012/02/ho ... -haze.html
[3] http://beerandwinejournal.com/proper-boil-ph/
[4] http://www.homebrewtalk.com/showthread. ... 102&page=4

Diese Übersicht ist weder vollständig noch frei von Fehlern!
Ich hoffe auf rege Beteiligung. :Smile

Grüße
Dave
Zuletzt geändert von Dave1987 am Montag 12. Oktober 2015, 21:54, insgesamt 3-mal geändert.
"Unverhopft kommt oft."
Benutzeravatar
tauroplu
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 13971
Registriert: Sonntag 23. Oktober 2005, 18:04
Wohnort: 58453 Witten
Kontaktdaten:

Re: Erfahrungen mit Chill Haze / Kalttrub

#2

Beitrag von tauroplu »

Toller Diskussionsbeitrag...ich kann leider nur ganz wenig dazu beitragen. Aber folgendes habe ich mal festgestellt:

Um das Sediment in der Flasche zu verringern, habe ich mal mit Irish Moss gearbeitet. Das hat zwar insofern funktioniert, als es nur 2 Tage nach Abfüllung in meiner Druckkontrollflasche so klares Bier gab wie nie zuvor in meinem Brauerleben. Leider hatte das IM nicht dazu geführt - wie erhofft - schon während der Hauptgärung für eine verstärkte Trubabscheidung zu sorgen, denn das Flaschensediment war dicker als je zuvor, dafür aber glasklar.

Als ich das Bier dann nach Beendigung der Nachgärung in die Kühllagerung gestellt hatte, zeigte sich bereits nach 2-3 Tagen, dass der Chillhaze zugeschlagen hatte. Wie gesagt, mich stören naturtrübe Biere nicht, es fiel mir nur im Zusammenhang mit dem Irish Moss auf.

Ah, hab das Bildchen doch noch gefunden:

Bild
Beste Grüße
Michael

„Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist das Beste, was die Natur uns bietet.“
Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
Dave1987
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 730
Registriert: Dienstag 12. März 2013, 18:00

Re: Erfahrungen mit Chill Haze / Kalttrub

#3

Beitrag von Dave1987 »

Nach all den Beschwerden es gebe keine sinnvollen Threads mehr, hoffe ich hier natürlich auf reichlich Antworten. Danke das du den Anfang gemacht hast, dass hilft mit Sicherheit weiter!

Chill Haze und jede Menge Bodensatz trotz Irish Moss ist natürlich richtig bitter. Da bekomme ich gleich Mitleid.
Meine Erfahrungen mit Irish Moss waren, dass sich nach der Hauptgärung so viel Kühltrub im Fass befand, dass bei jeder abgefüllten Flasche etwas mit angesaugt wurde. Wenn ich mich recht erinnere, dann füllst du ja ohne Umschlauchen immer direkt ab, richtig?
Ich setzte dann mal das Irish Moss in Klammern und bin auf weitere Erfahrungen gespannt. :Smile

Grüße
Dave
"Unverhopft kommt oft."
blub24
Posting Senior
Posting Senior
Beiträge: 427
Registriert: Samstag 28. Februar 2015, 10:46

Re: Erfahrungen mit Chill Haze / Kalttrub

#4

Beitrag von blub24 »

Hi Dave,

mein letzter Versuch hat folgendes Ergebnis gebracht.

Es war ein schnelles Pale Ale mit der Gozdawa West Coast vergoren. Ich habe 10 Minuten vor Kochende 2g/10l Irish Moss hinzugefügt und am Ende der Hauptgärung, noch vor dem Kühlen 5ml/10l Biersol.

Das Ergebnis ist ein Bier das bei 3°C in der Kühlung leicht trüb ist, sich aber noch im Glas wenn es etwas wärmer wird fast vollständig klärt.

Es ist also nur noch Kalttrub übrig, und davon nicht allzuviel.

Allerdings ist das Bier auch erst seit 2 Tagen in der Kühlung und wurde Donnerstag vor einer Woche gebraut. in Summe bin ich nicht unzufrieden, bei 3°C muss man ja ein Pale Ale nicht trinken.

Ich werd noch mal ein Thermometer reinhalten und schaun bei welcher Temperatur es sich klärt.

Als weiteren Versuch habe ich noch anstehen, das Bier zusätzlich im kalten Zustand mit Fischleim zu versetzen um zu schauen ob ich damit den Kalttrub noch binden kann.

Grüße,

Nikolas
Der Geschmack der mich an den meisten Bieren stört ist der der fehlt.
blub24
Posting Senior
Posting Senior
Beiträge: 427
Registriert: Samstag 28. Februar 2015, 10:46

Re: Erfahrungen mit Chill Haze / Kalttrub

#5

Beitrag von blub24 »

Hi,

kleiner Nachtrag. Das Bier klärt sich irgendwo zwischen 8 und 11 °C. Idealtemperatur für ein Ale...

Grüße,

Nikolas
Der Geschmack der mich an den meisten Bieren stört ist der der fehlt.
blub24
Posting Senior
Posting Senior
Beiträge: 427
Registriert: Samstag 28. Februar 2015, 10:46

Re: Erfahrungen mit Chill Haze / Kalttrub

#6

Beitrag von blub24 »

Hi,

Nachtrag II.

Ich weiß nicht ob es am Biersol liegt, aber es ist keine 2 Wochen alt und schon echt schön klar.

Grüße,

Nikolas
Dateianhänge
IMG_2895.JPG
Der Geschmack der mich an den meisten Bieren stört ist der der fehlt.
Dave1987
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 730
Registriert: Dienstag 12. März 2013, 18:00

Re: Erfahrungen mit Chill Haze / Kalttrub

#7

Beitrag von Dave1987 »

Danke für deine Antworten.
Das Irish Moss und Biersol scheinen ihren Zweck erfüllt zu haben, ein super klares Bier hast du da. Finde ich klasse!
Die Temperatur wann sich das Bier klärt finde ich auch interessant, werde das bei Gelegenheit auch mal testen.

Ansonsten nehme ich aus deinen Erfahrungen ebenfalls mit, dass Irish Moss nicht umbedingt vor Kalttrub schützt.

Grüße Dave
"Unverhopft kommt oft."
Antworten