Das zeigt sich immer wieder, ob es nun die Politik betrifft (aktuell Flüchtlingsproblematik oder auch Donald Trump, der es geschafft hat, so zu polarisieren, dass sich tiefe Gräben mitten durch Familien ziehen) oder eben Bier.
Da wird ganz schnell jeder Syrer zum zumindest potenziellen Islamisten und Vergewaltiger gestempelt (wenn er noch keiner ist, weiß er es halt selber ganz einfach noch nicht) und alle Großbrauereien verkörpern am Ende doch nur AB Inbev und damit indirekt Monsanto, BASF und so weiter.
Jedes Körnchen Wahrheit wird zum Gebirge aufgeblasen, und es interessieren nur noch "alternative" Fakten.
Man bedient sich aus dem Internet mit den "Fakten" die man selber schon lange für richtig hält, ob das nun realistisch der Wahrheit entspricht oder nicht, scheiß egal. Hauptsache es passt zum eigenen Weltbild, dann muss man nicht mehr so viel nachdenken.
Industriebier = Böse Plörre, Craft Beer = Cooles Heldenwerk, am besten noch Biodynamisch, Fair Trade und Vegan.
Leider ist es aber halt auch so, dass der Konzentrationsprozeß in der Brauereiwirtschaft inzwischen tatsächlich weit fortgeschritten ist und einzelne Unternehmen wie AB Inbev eine Macht angesammelt haben, die Angst macht.
Der Verbraucher ist natürlich letztlich alles andere als unschuldig an diesem Prozess (Geiz ist geil), aber auch da macht man es sich zu einfach.
Wer wirft den ersten Stein.
Wir sind verwöhnt hier in Deutschland, was Bier betrifft.
Wir sind aufgewachsen zwar mit wenig Vielfalt, aber durchaus annehmbarer Qualität.
Der daraus entstehende Preiskrieg, der letztlich zu immer mehr Konzentration geführt hat, war abzusehen.
Von den 5 klassischen Münchner Brauereien gibt es noch eine einzige (Augustiner), die weder direkt noch indirekt AB Inbev als Mehrheitseigner hat.
Diese Bastion ist als letzte gefallen, der gesamtdeutsche Markt (Pils) ist schon lange nicht mehr mittelständisch (von ein paar Ausnahmen wie Flensburger abgesehen).
Bier ist in Bayern fast billiger als Wasser, zumindest wenn man es in Flaschen kauft.
In anderen Ländern hat die "Craft" Beer Szene einen klaren Vorteil, ob man jetzt die USA nimmt, oder Frankreich, Italien oder sogar Indien.
Das Bier dort war langezeit schlichtweg ungenießbar.
Gleichzeitig war es dort niemals ein Billig Produkt.
Man ist bereit, ein paar Euro mehr für ein gutes Produkt zu bezahlen, und es gibt auch die entsprechenden Vertriebswege.
Ist Pilsner Urquell ein Industriebier?
Jein.
Jener Abklatsch den man hier kaufen kann, klares Ja. Eins der schlimmsten und ekligsten (meiner Meinung nach).
In Pilsen selbst wird es noch ungefiltert und unpasteurisiert mit Pferdekutschen ausgeliefert (selbst so gesehen vor 3 Tagen).
Edelstahlkegs, keine Holzfässer allerdings.
Das alles mit Skepsis zu sehen oder zumindest zu hinterfragen, ist mMn ein klarer Fall.
Monopole sind nie gut für den Verbraucher. Zumindest schon mal nicht, was die Qualität betrifft. Preiskriege auch nicht.
Vorkommnisse wie die bedauernswerte Entscheidung von Beavertown führen dann endgültig zu teils dann auch irrationalen Freund/Feindbildern.
Würde ich es anders machen? Ganz klar: Nein!
Wenn ich eine Brauerei eröffne und AB Inbev bieten mir einen 8-oder neunstelligen Betrag, dann müsste ich doch wirklich saublöd sein, das abzulehnen (oder genug Knete übrig haben dass ich sagen kann, schleicht's euch).
Schmecken darf es (das "Industriebier").
Aber auch ich gebe mein Geld lieber den Kleineren (wenn sie die gleiche oder höhere Qualität bieten, und das muss nicht unbedingt zum selben Preis sein).
Es gilt, die Vielfalt zu erhalten und neuen (oder auch traditionellen) Unternehmen eine Chance zu geben, bzw. zu erhalten, auf einem extem umkämpften Markt.
Dazu tragen wir Hobbybrauer bei, mindestens schon mal in unserem unmittelbaren Umfeld.
Wir schaffen "Awareness" und öffnen Augen.
Und trotzdem werde ich keine MInute drauf verschwenden, ein Gutmanns oder Augustiner zu klonen.
Das krieg ich im Getränkeladen um die Ecke billiger und es schmeckt mir.
Und mit Sicherheit hat das auch dazu begetragen, dass die Amis eben schon recht lange Tradition im Heimbräu haben.
Die, die wir 1991 heimgeschickt haben, haben das Weißbier und das Helle garantiert vermisst...
