Schleichende Nachgärung (Wyeast 1968)

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Fester Bestertester
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Schleichende Nachgärung (Wyeast 1968)

#1

Beitrag von Fester Bestertester »

Hallo zusammen

Ich habe dieses Jahr zweimal mit der Wyeast 1968 gebraut, und beide male beobachtet, dass nach ein paar Monaten Reifung der Druck in den Flaschen enorm angestiegen ist.

Mein Workflow (bzgl. Karbonisierung) ist wie folgt:

- Hauptgärung im Normalfall 2 Wochen (obergärig) bei ca. 20 - 23 Grad (je nach Jahreszeit). Nötigenfalls nochmals zuwarten

- Zugeben des (gelösten) Zuckers für Nachgärung direkt in den Gäreimer, sachtes aber gründliches Umrühren (also ohne den Satz aufzuwirbeln), abfüllen. Zuckermenge berechnet für. ca. 4.5g CO2 / Liter

- Nachgärung bei ca. 20 - 23 Grad für ca. 1 Woche. Überwachung des Flaschendrucks durch eine Flasche mit Manometer.

- Sobald der Druck nicht weiter ansteigt geht das ganze in den Keller (ca. 14 - 20 Grad, je nach Jahreszeit).

Die meisten Biere lasse ich mehrere Monate reifen bevor sie getrunken werden. Natürlich gibt es schon frühere Verköstigungen - eine der ersten Flaschen ist die mit dem Manometer, da ich dieses ja wieder für neuere Sude einsetzen will

Die beiden Bitter die ich mit der Wyeast 1968 angestellt habe ich einen EVG von ca. 69% gemessen. Druck am Ende der Nachgärung lag bei ca. 2 Bar. Nach mehreren Monaten der Reifung ist dieser Druck dann aber doch stark angewachsen, auf geschätzt über 4 Bar. Beim zweiten Sud habe ich auch ein 5L Partyfass abgefüllt, schaut was passiert ist:
IMGP1238.jpg
Habt ihr mit dieser Hefe auch schon ähnliches beobachtet? Was sind Eure Empfehlungen wie ich vorgehen soll um diese Ansteigung des Drucks zu vermeiden?

Gruss
Stephan
Tyrion
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Re: Schleichende Nachgärung (Wyeast 1968)

#2

Beitrag von Tyrion »

Moin,

ich hab mit der 1968 zwar noch nicht gebraut, aber in einem Merkblatt, dass ich vor langer Zeit mal zusammen mit meiner ersten Bestllung bei Brouwland bekommen habe steht zur 1968:

"Dieser Stamm ist so ausflockend, dass zusätzliche Belüftung und Rührung notwendig ist."

Das würde ich mal so deuten, dass die Hefe so stark sedimentiert, dass sie schon abgesunken ist, bevor die letzten verwertbaren Zucker vergoren wurden. Deshalb wäre es wohl notwendig sie nach einiger Zeit nochmal aufzuwirbeln (Belüften würd ich nicht, durch das Aufrühren kommt ohnehin nochmal etwas O2) ins Jungbier)
Ich schätze mal, dass dies dein Problem/Teil deines Probems ist .

Zudem würde ich dringend empfehlen in einen separaten Abfülleimer umzuschlauchen und dort die Zuckerlösung gründlich einzurühren. Das kann bei dieser stark sedimentierenden Hefe zwar auch im Gäreimer funktionieren, ohne Hefe aufzuwirbeln, aber bei Hefen mit schwächerem Absetzverhalten glaub ich nicht recht dran.

Gruss
Matthias
Fester Bestertester
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Re: Schleichende Nachgärung (Wyeast 1968)

#3

Beitrag von Fester Bestertester »

Bei Flüssighefen belüfte ich die Würze generell vor dem Anstellen. Aufrühren währen der Gärung habe ich allerdings noch nie gemacht. Hört sich aber plausibel an, werde ich das nächste mal sicher ausprobieren.
Umschlauchen vor dem Abfüllen - habe ich bei diversen Suden auch schon gemacht, kann aber ehrlich gesagt keinen Unterschied feststellen. Ich bin generell mit meinen Bieren sehr zufrieden, meistens klären sie sehr gut auf. "Staubhefen" vermeide ich normalerweise sowieso

Gruss
Stephan
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Ladeberger
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Re: Schleichende Nachgärung (Wyeast 1968)

#4

Beitrag von Ladeberger »

Ich denke auch dass die niedrigen Vergärungsgrade von 67-71% nicht dem Unvermögen der Hefe weitere Würzezucker zu vergären, sondern der starken Flokkulation geschuldet sind. Das heißt bei Abfüllung muss das Bier säuberlichst von der Hefe getrennt werden, da bin ich ganz bei Matthias. Nach Abschluss der (gewollten) Karbonisierung würde ich mal schauen, ob du nicht ein kühleres Plätzchen findest. Kühlschrank etwa, da wird die Gärung doch erheblich gehemmt.

Ich frage mich auch gerade bei der #1968, deren Biere zwei Wochen ab Brautag fix-und-fertig sein können, warum du sie monatelang lagerst. Geklärt sind die doch; was verbessert sich deiner Meinung nach noch?

Gruß
Andy
Fester Bestertester
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Re: Schleichende Nachgärung (Wyeast 1968)

#5

Beitrag von Fester Bestertester »

Für meinen persönlichen Geschmack schmecken halt die meisten Biere wesentlich besser wenn sie noch so an die 8 - 10 Wochen gereift haben. Ich habe ständig an die 10 Sorten im Keller, welche dann über einen Zeitraum von 3 - 24 Monaten (je nach Sorte) konsumiert werden.
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cyme
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Re: Schleichende Nachgärung (Wyeast 1968)

#6

Beitrag von cyme »

Falls es hilft, hier ist gerade ein Thread zum gleichen Problem in einem Englischsprachigen Forum:
http://www.homebrewtalk.com/f163/wy-196 ... ps-500408/
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flying
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Re: Schleichende Nachgärung (Wyeast 1968)

#7

Beitrag von flying »

So geringe Vergärungsgrade heißen ja meisten, dass es noch vergärbare Zucker gibt. Die Maltotriose macht 10 - 15% der vergärbaren Zucker aus. Es müssen ja keine Kontaminationen mit wilden Hefen oder so was sein aber was ist mit Kontaminationen mit dem Zeuch wo wir alle haufenweise rumhantieren, den Kulturhefen! Nur mal so als Gedankenspiel..
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Re: Schleichende Nachgärung (Wyeast 1968)

#8

Beitrag von GregorSud »

Hallo Stephan,
genau das Problem plagt mich auch gerade! Habe ein Ale vor zwei Tagen mit 73% EVG abgefüllt und schon jetzt steht das Manometer (bei Zimmertemperatur) auf knapp über 2 Bar. Angepeilt waren 1,8 :Grübel Heißt für mich bald, dass ich entlüften werden...
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Johnny H
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Re: Schleichende Nachgärung (Wyeast 1968)

#9

Beitrag von Johnny H »

Die Wyeast 1968 ist die London ESB-Hefe. Wir (die Berliner Hobbybrauer) haben im Sommer mehrere Gemeinschaftssude mit dieser Hefe gebraut, dabei die Hefe auch untereinander weitergegeben und hatten genau das gleiche Problem der zum Ende hin extrem schleppenden Gärung, überkarbonisierten Flaschen und Kegs etc. Unter anderem führte dies dazu, dass beim zweiten Gemeinschaftssud die Kegs vor dem Abfüllen in Flaschen über den Zeitraum von etwa einer Woche abgespundet werden mussten (nochmals Dank an den nicht nur deswegen äußerst genervten Kellermeister Hagen!), da sich im Laufe der langen Nachgärung/Reifung im Keg geschätzte 15g CO2/l aufgebaut hatten (4 bar bei 1°C)!!

Eine Recherche hat dann genau das ergeben, was oben schon geschrieben wurde: die 1968-Hefe neigt zu starker Flokkulation, bevor die vergärbaren Zucker komplett vergoren werden, was zu extrem langen Gärzeiten führen kann. Das vorsichtige Aufrühren bzw. vorsichtiges Schwenken des Gärbehälters wird bei dieser Hefe gerne mal empfohlen.
Edit: ein Poster in einem englischen Forum empfahl tägliches Schwenken des Gärbehälters während der Hauptgärung. Dafür ist es in diesem konkreten Fall offensichtlich zu spät, aber vielleicht kann man diese Anregung mitnehmen für den nächsten Sud.

Ansonsten ist das eine tolle Hefe, und der erste ESB-Klon war absolut vom Feinsten, was die Teilnehmer am Schmöckwitzer 2014 sicher bestätigen können.
Zuletzt geändert von Johnny H am Sonntag 21. Dezember 2014, 13:04, insgesamt 1-mal geändert.
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Fester Bestertester
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Re: Schleichende Nachgärung (Wyeast 1968)

#10

Beitrag von Fester Bestertester »

Vielen Dank für all die Antworten. Gut zu wissen ist auf jedenfall, dass das Problem nicht bei mir liegt sondern bei der Hefe. Der Tip mit dem täglichen Schwenken finde ich gut. Ich werde sicher wieder mit dieser Hefe brauen, denn das Geschmacksprofil ist m.E.n. grossartig. Dabei werde ich dann den Tipp mit dem täglichen Aufschwenken berücksichtigen.

Gruss
Stephan
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