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California Common mit W34/70

Verfasst: Montag 13. April 2015, 10:16
von Sauhamml Seppl
Hallo!
Ich habe in einigen US-Amerikanischen Foren stellenweise gelesen, dass die so eine Art California Common mit der W34/70 bei höheren Temperaturen (16 - 18° C) brauen. Eignet sich die Hefe dazu? Ich meine, ist es möglich bei ca 17 ° Umgebungstemperatur damit ein Bier zu brauen, das zum Teil noch die Eigenschaften eines Lagerbiers hat oder werden da schon soviele Nebenprodukte produziert, dass es einem zu viel wird?.
Grüße, Seppl

Re: California Common mit W34/70

Verfasst: Montag 13. April 2015, 10:26
von olibaer
Hallo Seppl,

ja, das geht.
Was aber gegeben sein muss ist, dass Du klassisch bei niederen Temeperaturen anstellts, dass du ausreichend vitale Hefe hast(kein underpitching) und dann erst im Verlauf der HG die Temperatur
auf z.B. 15-16°C ansteigen lässt - nicht vor dem 3. Gärtag bzw. zwischen dem 2. und 4. Gärtag. Achte auch darauf, ob in den Rezepten von "Druck" während der Hauptgärung die Rede ist.

Nachgelagert bietet sich "aufkräusen" an.

Gruß
Oli

Re: California Common mit W34/70

Verfasst: Montag 13. April 2015, 12:51
von Sauhamml Seppl
Hallo Oli,
Danke für den nützlichen Hinweis!
Meinst du, dass sich schwefelartige Fehlaromen bilden könnten, wenn diese niedrigere Anstelltemperatur nicht eingehalten wird, also z.B. direkt bei 16 bis 17 °C angestellt wird oder wirds "lediglich" fruchtig?
LG, Seppl

Re: California Common mit W34/70

Verfasst: Montag 13. April 2015, 13:34
von flying
Ein Steambeer ist kein deutsches Lagerbier. Es wird bei 16 - 22° C mit einer hochvergärenden Lagerbierhefe vergoren. Die Nebengeschmäckle sind dabei erwünscht, sollen aber nicht zu dominant sein. Neben der klassischen California Lager, habe ich mit der S-23 gute Erfahrungen gemacht.
Entstanden ist dieser Style während des kalifornischen Goldrausches und es waren billig, schnell und eigentlich minderwertig produzierte Biere, bei kalifornischen Temperaturen ohne Kühlung. Um den Mangel an Qualität zu kompensieren wurde kräftig gehopft. Mit Northern Brewer und später dann auch mit viel Cascade als Aroma und Stopfen. Das war aber schon das Anchor-Produkt, dass den Style nach dessen Aussterben wieder aufleben lassen hat. Dieses Bier ist natürlich viel raffinierter gebraut und dem heutigen Geschmack angepasst. Mit dem minderwertigen Billigbier von einst hat das nichts mehr zu tun.

Re: California Common mit W34/70

Verfasst: Montag 13. April 2015, 13:46
von cyme
Seppl, was ist dein Ziel? Willst du ein waschechtes California Common brauen und dazu die W34/70 nehmen oder willst du ein "gewöhnliches" UG wärmer als üblich vergären? Wenn's wie Anchor Steam schmecken soll, wirst du um WPL810/WY2112 nicht kommen, zumindest meiner Zunge nach schmeckt dieser Stamm deutlich anders als hierzulande übliche UG-Stämme. Wenn du hingegen ein Lagerbier nach hiesigem Geschmack brauen willst, ohne entsprechende Kühlmöglichkeiten zu haben, dann schließe ich mich Oli an: großzügig Hefe geben.

Re: California Common mit W34/70

Verfasst: Montag 13. April 2015, 15:48
von Rudiratlos
Ich weiß zwar nicht, was ein "California Common ist", schildere dir aber gerne meine Erfahrungen mit einer "durchgegangenen" Gärung mit der W34/70:
Geplant war eine untergäriges Helles mit der W34/70 mit Gärung im Kartoffelkeller bei ziemlich genau 12°C Raumtemperatur. Angestellt wurde ach bei 12°C Würzetemperatur. Leider wurde es aber dann schnell sehr warm, so dass die Raumtemperatur innerhalb zwei tagen Richtung 14-15°C ging (war letzte Jahr im Juni). Die 100 Liter Jungbier haben sich auch noch selber geheizt, so dass ich auf um die 18-19°C im Gärfass kam.
Das Bier war gewöhnungsbedürftig, nach langer Lagerzeit wurde es etwas "neutraler". Alle Tester meinten einmütig, es ginge in Richtung Weizen. Mir schmeckte es eher nicht.

Mein Fazit daraus:
- Unterschätze nicht die aus der Gärung entstehende Wärme, vor allem wenn es ein größerer Sud ist.
- Untergärig nur bei tiefer Temperatur vergären. Wenn ich ein Weizen will, braue ich auch ein solches.

Re: California Common mit W34/70

Verfasst: Montag 13. April 2015, 15:58
von Sauhamml Seppl
Also ich möchte ein "gewöhnliches" UG Bier brauen, und nachfragen, ob das in die Richtung California Common kommen könnte. - Nun weiß ich, dass es so geschmacklich nicht hinkommen wird (da es dafür einen eigenen Hefestamm gibt). - Danke an dieser Stelle für die Auskunft und Aufklärung dazu. :Smile
Werde mich daher entsprechend an den Rat von Oli halten.
Der Punkt ist der, ich werde in ein paar Tagen Erntehefe haben und die ist mir zu schade zum Wegschmeißen, deswegen möchte ich versuchen, bei etwas höheren Temperaturen (etwa 16 bis 17°C) die Hefe zu verwenden und zusehen, was dabei rauskommt.

Rudiratlos: Das kann ich mir durchaus vorstellen, dass sich da geschmacklich etwas in eine (mitunter verkehrte) Richtung bewegt. Jedoch sollte der Temperaturfaktor bei meinen geplanten Suden (jeweils 10 bis max 12 Liter) im Gäreimer nicht so stark zum Tragen kommen.

Re: California Common mit W34/70

Verfasst: Montag 13. April 2015, 16:03
von Ulrich
Es ist nun mal so, dass eine UG-Hefe tendentiell mehr höhere alkohole Produziert, und wenn man die UG zu warm fährt, bekommt man viele höhere Alk, das kann bis "Nagellackentferner-geruch" oder "Verdünnungsmittel-Lösungsmittel-Geruch" gehen.
Bukettstoffe, wie höhere alk und ester können nicht wieder von der Hefe abgebaut weden. (ester sind ja höherer alkohol+ irgendwwas), während Jungbukettsoffe, wie S-Verbindungen, organische Säuren und VDK, wieder von der Hefer reduziert werden können.

Einige Stoffe werden während der Gärung gebildet, andere, aber während der Hefevermehrung. Erhöte Hefegabe => geringere Hefevermehrung = weniger Stoffwechselprodukte.

Um die Bukettsoffe zu unterdrucken is eine erhöhte bis hohe Hefegabe zwingend.
Normale Hefegabe für UG: 1mio hefezellen/ml/°P (also 12°P => 12mio Hefezellen/ml)
Erhöte Hefegabe: 2,5 - 3mio Hefezellen/ml/°P
Hohe Hefegabe: 4 - 5mio Hefezellen/ml/°P
Nachteil: Hohe Hefegabe => geringe Hefevermehrung => qualitativ minderwertige Erntehefe.

Bei 18-19°C würde ich nicht unter 4Mio/ml/°P anstellen. Wahrscheinlichnwürde ich sogar unter druck vergären, um nocheinmal die Gärnebenprodukte zu regulieren. Dafür gibt es Druckgärhefen, wie zB unsere W 194

Re: California Common mit W34/70

Verfasst: Montag 13. April 2015, 16:14
von Boludo
Kommt auch drauf an, was man draus macht.
Ein zu warm vergorenes Pils stell ich mir schrecklich vor.
Und ist mal 400 Liter Märzen durchgegangen weil wir zu blöd waren, die Kühlung einzuschalten.
Das ging dann bis 19°C hoch, Hefe war von Gold Ochsen, sollte 34/70 oder was ähnliches sein.
Man hat da schon eine Fruchtigkeit geschmeckt, in einem Märzen hat das aber nicht so sehr gestört, die Leute waren jedenfalls ziemlich begeistert.
Freiwillig macht ich so was aber nicht mehr.

Stefan

Re: California Common mit W34/70

Verfasst: Montag 13. April 2015, 16:29
von Ulrich
Es gab einamal eine Zeit, in der Brauereien versucht haben schnell Bier zu brauen und das funktioniert! Ist aber...naja...nicht schön.
Man kann so echt leere Biere produzieren, man muß sich da aber ranbasteln, und nicht jede Hefe macht das mit.
Mit 12%Stw, 14-16°C und 50Mio Hefezell/ml anstellen, auf 16-18°C kommen lassen, nach ca 12 - 24h Tank zu (geruchsprobe), und bei 1,3 - 1,5 bar Gegendruck vergären lassen.
Hauptgärung ist nach 2,5 - 3 Tagen abgeschlossen! :Bigsmile
herunterkühlen ca (2 - 3Tage) und nach 3 weiteren Tagen kalt, ab zur Filtration. Prost :Drink

Re: California Common mit W34/70

Verfasst: Montag 13. April 2015, 16:36
von flying
In der klassischen Lagerbierbrauerei sind höhere Gärtemperaturen natürlich kontraproduktiv. Dennoch kann man interessante Biere brauen. In Karls Brauhaus letztes Jahr zum mitteldeutschen Hobbybrauertreffen gab es ein "Span-Bier" am Hahn. Das war ein (mit Absicht) wärmer vergorenes Untergärigen, welches noch mit Holzspänen veredelt war. Ein sehr fruchtiges Bier in Märzenstärke, welches ein eindeutiges Birnenaroma hatte. Mir hat das sehr gut geschmeckt aber es gab auch Kritiker. Es kommt darauf an, welche Kriterien man anlegt..

Re: California Common mit W34/70

Verfasst: Montag 13. April 2015, 21:59
von Johnny H
Ich habe auch schon ein malziges Rotbier getrunken, dass wohl bei 20°C mit der W34/70 angestellt wurde (wohl frisch propagierte Hefe und vermutlich ausreichende Menge). Das Bier hatte zwar eine fruchtige Note, ich fand die aber keineswegs störend, und das Bier war m.E. absolut ok!!

Ich vermute aber, dass das bei einem Hellen oder Pils wahrscheinlich nicht gepasst hätte.