Anpassung Rauchbier an Dekoktion

Fragen und Diskussion rund um Rezepturen zum Bierbrauen
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Der_Bierfisch
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Anpassung Rauchbier an Dekoktion

#1

Beitrag von Der_Bierfisch »

Hallo zusammen,

ich habe vor in 1-2 Wochen noch mal ein Rauchbier zu brauen. Ich habe beim letzten Mal folgendes (von MMuM bzgl. der Rauchmalzmenge etwas abgewandeltes: https://www.maischemalzundmehr.de/index ... actorha2=7 ) Rezept genutzt, welches ich eigentlich noch mal brauen wollte:

Wasser:
12.8 L Hauptguss
17.8 L Wasser Nachguss
Auffüllmenge Gärtank: 3 L

Schüttung:
2 kg Rauchmalz
980 g Pilsener Malz
740 g Münchner Malz
740 g Wiener Malz
250 g Cara dunkel
40 g Farbmalz

Maischplan:
Mash-In: 57 °C
1. Rast 55 °C - 15 Min
2. Rast 64 °C - 20 Min
3. Rast 72 °C - 30 Min
Mash-Out: 78 °C

Würzekochzeit: 90 Min
Hallertauer Tradition 13 IBU - Vorderwürze
Hallertauer Tradition 11 IBU - 80 Min
Hallertauer Perle 4 IBU - 15 Min

W34/70 Vergärung bei 9-10 °C
Nach 7 Tagen Hauptgärung, jeden Tag um 0.5 °C erhöhen bis 14 °C und für 2 Tage halten (bzw. bis fertig).

Karbonisierung: 4.5 g/L

So, ich hoffe ich habe nichts essentielles im Rezept vergessen. :Bigsmile War auch super lecker. :Drink

Jetzt habe ich gelesen, dass Schlenkerla scheinbar mit Dekoktion arbeitet: https://www.schlenkerla.de/rauchbier/pr ... ozess.html#

Da ich ohnehin im übernächsten Bier mal Dekoktion probieren wollte, dachte ich mir, warum nicht hier mal einen Dekoktionsschritt einbauen? Was soll schon schiefgehen, im Zweifel überdeckt der Schinken schon Fehlaromen. :Bigsmile

Meine Überlegung war, wie folgt vorzugehen:

Maischplan:
Mash-In: 57 °C
1. Rast 55 °C - 15 Min
2. Rast 64 °C - 20 Min
Nach den 20 Minuten Rast 1/3 Dickmaische entnehmen.

Dickmaische: auf 72 °C erhitzen, 10 Minuten halten und im Anschluss 15 Minuten kochen.
Rest: während dieser Zeit auf 64 °C halten, bzw. auf 62 °C abkühlen lassen.

Danach Dickmaische wieder zum Rest zubrühen

3. Rast 72 °C - 30 Min (Naja vermutlich reichen hier dann 10-20 Minuten?)
Mash-Out: 78 °C

Was haltet ihr von der Idee? Meine Sorge ist folgendes:
-Kann die Dickmaische nicht anbrennen und Fehlaromen reinbringen? Ich habe schon im Forum hier gelesen, dass das im Einkocher wohl nicht ideal funktioniert. Stimmt das? Mit was geht das besser? Einen 10 L-Topf kann man ja vielleicht noch organisieren und in Kombination mit einer Heizplatte...weiß nicht, wäre das ggf. bessrer? Jedenfalls genau deswegen würde ich das auch gerne zuerst im Rauchbier testen. Wenn da tatsächlich mal was anbrennt, muss man es nicht sofort schmecken.
-Zwar bekommt man durch den Dekoktionsschritt süße, karamellige Noten rein, aber der "Rest" bleibt ja doch relativ lange auf Maltoserast-Temperatur. Kann es von der Seite her nicht zu trocken werden? Kann man das etwas umgehen? Wie sind da eure Erfahrungen? Ich kann ja die Maltoserast auch bspw. auf 10 Minuten kürzen?

Falls ihr generell davon abratet, kann ich den Sud auch erstmal wieder im Infusionsverfahren brauen, aber mich reizt es dann doch in den Fingern Dekoktion zu testen. :Bigsmile

Beste Grüße
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Pivnice
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Re: Anpassung Rauchbier an Dekoktion

#2

Beitrag von Pivnice »

Du Bierfisch (mangels realem Vornamen) :Bigsmile
Ich maische fast ausschließlich im Dekoktionsverfahren.
Lies mal was unser Guru aus alten Zeiten Moritz (alias Bierjunge) über Dekoktion geschrieben hat:
https://braumagazin.de/article/verkocht-und-zugebrueht/
Artikel Bild 7:
Ein sehr einfaches und anfängertaugliches Zweimaischverfahren, bei dem bloß von oben her umgeschöpft werden muss.
Zu empfehlen !
Meine Ausrüstung: Hendi, SS Brewtech Kessel, Thermoport mit Läuterhexe.
Hubert
Bier: Einfach zu brauen, schwierig zu verstehen
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Ras Tafaric
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Re: Anpassung Rauchbier an Dekoktion

#3

Beitrag von Ras Tafaric »

Habe gerade auch angefangen mit Dekoktion zu brauen.
Folgende Lehrsätze:
1) Bierjunges Dekoktion ist der perfekte Einstieg. Das bekommt man hin ohne sich einen abzubrechen. (siehe link oben)
2) Es dauert ca 2 Stunden länger, einen solchen Brautag über die Bühne zu bekommen. Es ist etwas mehr Handarbeit dabei, aber das ist gut so.
3) Rühren ist bis zum Kochen nötig, danach hält sich die Sache weitgehend selbst in Bewegung, sodass man deutlich weniger rühren muss.
4) Die Sudhausausbeute wird merkbar steigen mit Dekoktion. Ich hab bei Kleinsuden von Ziel 12l locker 1,5 bis 2 Liter mehr Ertrag.
5) Der Geschmack ist eine kleine Offenbarung. Muss man selber mal kosten.
6) Einfach machen.. es lohnt sich.

Ich würde tatsächlich zweistufig brauen. Die Dickmaische vor der eigentlichen Maltoserast ist der Hauptfaktor.. 30 Minuten Kochen bringt gut Kernigkeit rein. Die Dünnmaische am Ende ist eher das Sahnehäubchen.
----------------------------------------------
De gustibus non est disputandum.
Der_Bierfisch
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Re: Anpassung Rauchbier an Dekoktion

#4

Beitrag von Der_Bierfisch »

Hallo zusammen,
Pivnice hat geschrieben: Donnerstag 28. November 2024, 23:14 Du Bierfisch (mangels realem Vornamen) :Bigsmile
Sorry, Freddi :Bigsmile

Vielen Dank für eure Tipps. Ich habe es jetzt gewagt und mit Dekoktion gebraut. Aber ging mächtig nach hinten los :crying

Am Anfang lief noch alles gut. Ich habe kontinuierlich die Dickmaische gerührt, so dass auch nichts angebrannt ist. Als es dann am Sieden war, habe ich den Fehler gemacht und aufgehört zu Rühren, da man ja überall liest, dass es sich dann von selbst rührt. Mag ja durchaus so sein, aber wohl nicht, wenn man den Deckel zu lange drauf lässt. :Ahh Ist richtig fies angebrannt, so dass ich die Brandspuren aus dem Einkocher mit Messer rauskratzen musste:
20241207_123910.jpg
Ich könnte mir aber vorstellen, dass das wohl auch ohne Deckel passiert wäre durch die sehr lokalisierte Erhitzung im Einkocher. Ohne Topf mit Sandwichboden kommt man da wohl nicht um weiteres Rühren herum. Ich habe dann ein bisschen im Forum gewühlt und jedes Mal den Ratschlag gelesen, den Sud dann direkt im Abguss zu entsorgen. Das kommt bei mir allerdings nicht in Frage. Wegschütten kann ich es auch noch nach der Gärung, falls es ungenießbar ist. Der Gärstarter war schließlich auch schon startklar.
Ich habe also weitergemacht und der Rest lief auch erst in Ordnung, aber die Temperaturen wurden einfach nicht erreicht. Bei der letzten Zugabe der gekochten Dünnmaische zum Rest, war ich gerade einmal knapp über 60 °C. Da hatte die Decke wohl nicht gereicht den Gäreimer zu isolieren. Das hätte ich mir eigentlich denken können. :thumbdown Da dann auch die Iodprobe noch ausgeschlagen ist, habe ich dann alles spontan zurück in den Einkocher (der zu diesem Zeitpunkt dann schon wieder so gut es ging von den Brandspuren befreit wurde) und aufgeheizt auf 72 °C und noch mal für 20 Minuten verzuckert (bei 10 Minuten war die Probe noch nicht vollständig Jodnormal). Dann weitergemacht und naja, jetzt ist es ordentlich am Gären. Wir werden sehen.
Ich habe auch eine Schnellvergärprobe gemacht. Scheinbarer Restextrakt liegt diesmal bei 2.6, das letzte Mal bei 3.5. Wir werden sehen.
Ich habe die Reste der SVP dann mal probiert, immerhin hat die SVP nicht verbrannt geschmeckt, sondern schön klassisch rauchig. Ich habe noch Hoffnung. :Smile Mal schauen was der große Ansatz macht.
Dekoktion ist für mich aber jetzt erstmal durch. :Bigsmile Auch wenn ich vielleicht am Ende noch Glück im Unglück gehabt haben könnte und das Bier vielleicht wirklich nicht angebrannt schmeckt, möchte ich so eine Erfahrung lieber nicht mehr machen. Einen Teilschritt und 3-4 L Dickmaische mal im Topf kochen vielleicht, aber ohne Thermoport und Topf mit Sandwichboden werde ich wohl erstmal keine größeren Teilmaischen mehr versuchen.

Ich werde berichten, wie es am Ende schmeckt. Nach aktuellem Plan kommt es nächstes Wochenende ins Keg. :Drink

Liebe Grüße
Freddi
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Ras Tafaric
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Re: Anpassung Rauchbier an Dekoktion

#5

Beitrag von Ras Tafaric »

Oh mann... scheinbar hab ich Glück gehabt mit meinen Dekoktionsexperimenten..

Ok, ich hab nicht im Einkocher die Dickmaische gekocht sondern in meinem Nachgusstopf auf dem Herd. Damit scheint es einfacher zu sein dass nix anbrennen kann. Also Merksatz fürs nächste Mal: mehr rühren.

Das mit dem Jodnormal ist ein Phänomen was ich auch beobachtet hab. Ich hab aus Neugier ab und an Jodproben von Dünnmaische genommen und die waren allesamt schwarz. Aber hier helfen dann kurze zwischenrasten bei 72. Und gekocht wird ab jodnormal der Dünnmaische. Und wenn man den ganzen Sud wie du am Ende noch nachverzuckern lässt, solange es kein Blausud ist haut das schon hin.
Ist schon etwas nervenaufreibend im Vergleich zur Infusion oder sogar Kombirast. Aber, und das ist der springende Punkt, die Dekoktion macht was mit dem Bier was den Geschmack selbst für Anfänger deutlich schmeckbar hebt. Lohnt also.
Werd am Dienstag einen Winterbock mit Dekoktion brauen. Je öfter man das macht, desto besser groovt man sich ein und desto besser geht die Arbeit von der Hand, würd ich sagen.
Berichte mal wie das Bier zum ersten Zwickeln geworden ist. Bin neugierig.
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suttnbräu
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Re: Anpassung Rauchbier an Dekoktion

#6

Beitrag von suttnbräu »

Hallo Freddi, das muß nicht unbedingt in die Hose gehen.
Eine Fränkische Brauerei ist auf die Art zum Rauchbier brauen gekommen.
Eine Dickmaische im Einkocher zu kochen ist etwas schwieriger, weil
Du keine gleichmäßige Wärmeverteilung durch das dünne Blech hast. Rühren hilft da ganz gut.
Der Restsud sollte allerdings während einer Dekoktion gut isoliert sein.
Hier mag die berühmte Isomatte helfen. Besser ist das Maischen im Thermoport.
Oder man lässt den Restsud während der Rast im Einkocher und hält die Temperatur durch zuheizen.
Auch die Rast zu treffen ist nicht ganz einfach aber nicht unbedingt nötig.
Ich maische meistens (Helles, Kellerbier, Amber Lager, Weizen)
Bei 55 Grad ein, und heize dann ohne Unterbrechung weiter auf 64Grad.
Nach der Maltoserast (20-30 min.) schöpfe ich in den vorgeheizten Läuterbottich.
Die Dickmaische wird dann in der Pfanne gekocht und zum Läuterbottich zugebrüht.
Nach der Verzuckerung 25-30 Min. bei 72Grad läutere ich dann direkt und lasse das Aufheizen auf 78 Grad weg.
Auf die Art hast Du trotz eingebauter Dekoktion einen akzeptabel langen Brautag.
Der oben erwähnte Artikel von Moritz Greschel hilft dabei ungemein
um ein Verständnis für das Verfahren zu entwickeln.
Nur Mut! Dekoktion macht Spass !
Grüße aus Franken,
Thomas
Der_Bierfisch
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Re: Anpassung Rauchbier an Dekoktion

#7

Beitrag von Der_Bierfisch »

Hallo zusammen,

sorry für die späte Antwort.

Erstmal danke für die aufheiternden Worte! Ich habe leider noch nicht soo viel zu berichten. Die Gärung habe ich dann doch noch ein paar Tage laufen lassen, da der Restextrakt noch nicht stabil war. Ins Keg ist es schon abgefüllt. Ich habe natürlich bei der Abfüllung auch probiert und war trotz fehlendem CO2 wirklich schon recht angetan. Kein Geschmack nach verbrannt, nur eine ganz leichte Rauchnote (da lag das Rauchmalz wohl zu lang beim Zulieferer, oder bei mir) aber es ist tatsächlich sehr aromatisch, bzw. richtig lecker gewesen. Jetzt ist es seit 3 Wochen im Keg für die Nachgärung (habe Speise zugesetzt). Die Nachgärung war leider etwas stecken geblieben, geht jetzt mittels täglichem Schütteln wieder voran. Die Flaschen sind interessanterweise schon stabil im Druck. Danach geht das Keg zur Lagerung in den Kühlschrank für wenigstens einen Monat und dann wird auf Flaschen gezogen im Gegendruck. Ich hoffe, die lange Nachgärung schadet nicht. Ich habe aber leider auch nicht wirklich eine andere Wahl. :puzz Ich werde weiter berichten. :Drink
Ras Tafaric hat geschrieben: Samstag 14. Dezember 2024, 11:09 Oh mann... scheinbar hab ich Glück gehabt mit meinen Dekoktionsexperimenten..

Ok, ich hab nicht im Einkocher die Dickmaische gekocht sondern in meinem Nachgusstopf auf dem Herd. Damit scheint es einfacher zu sein dass nix anbrennen kann. Also Merksatz fürs nächste Mal: mehr rühren.
Wird gemacht :Bigsmile

suttnbräu hat geschrieben: Montag 23. Dezember 2024, 08:28
Oder man lässt den Restsud während der Rast im Einkocher und hält die Temperatur durch zuheizen.
So hatte ich mir das für nächste Versuche auch überlegt. Wie würde man dann am besten vorgehen, um eine Dickmaische zu entnehmen? Mit dem Küchensieb einfach abseien und in den Topf für die Kochmaische, oder wie geht man am besten vor?
suttnbräu hat geschrieben: Montag 23. Dezember 2024, 08:28 Auch die Rast zu treffen ist nicht ganz einfach aber nicht unbedingt nötig.
Ich maische meistens (Helles, Kellerbier, Amber Lager, Weizen)
Bei 55 Grad ein, und heize dann ohne Unterbrechung weiter auf 64Grad.
Nach der Maltoserast (20-30 min.) schöpfe ich in den vorgeheizten Läuterbottich.
Die Dickmaische wird dann in der Pfanne gekocht und zum Läuterbottich zugebrüht.
Nach der Verzuckerung 25-30 Min. bei 72Grad läutere ich dann direkt und lasse das Aufheizen auf 78 Grad weg.
Auf die Art hast Du trotz eingebauter Dekoktion einen akzeptabel langen Brautag.
So hatte ich mir das für die nächsten Sude auch in etwa überlegt. Allerdings würde ich eben anstelle des Thermoports im gerührten Einkocher weiter heizen und die Kochmaische in einem separaten Topf machen.

Und ja, ich denke mich hat das Dekoktionsfieber schon ein wenig gepackt und habe mich jetzt erstmal nicht entmutigen lassen. Ich denke eine Kochmaische pro Sud kann ja nicht schaden... :redhead :Bigsmile

Beste Grüße
Freddi
Der_Bierfisch
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Re: Anpassung Rauchbier an Dekoktion

#8

Beitrag von Der_Bierfisch »

Hallo zusammen,

habe nun die erste fertige Flasche probiert und es war absolut super. :thumbsup
Der Rauchgeruch und -geschmack kommen jetzt auf einmal doch sehr durch (was ich mag) und da ist keinerlei Geschmack oder Geruch nach angebrannt. Und ich weiß nicht, ob es Einbildung ist, aber mir ist aufgefallen, dass das Bier auch gut gekühlt deutlich voller schmeckt, als das gleiche Rauchbier, das ich ohne Dekoktion gemacht hatte. Letzteres hatte kalt irgendwie leer geschmeckt.

Also alles gut gegangen, vielen Dank noch mal!

Schöne Grüße
Freddi
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