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1945 Tetley's Mild

Verfasst: Montag 15. Juni 2015, 20:06
von Alex Schlager
Hallo,

demnächst werde ich folgendes Rezept brauen - da es sich um ein "historisches" Rezept handelt tauchen da einige Fragen auf:

http://barclayperkins.blogspot.co.at/20 ... -mild.html

1) Die Maischetemperatur wird im Rezept mit 61,1°C für 90 Minuten angegeben. Das ist eigentlich jenseits von Gut und Böse, bewegen sich doch Single-Step-Maischen im Bereich von sagen wir mal
66°C, eventuell auch etwas darunter, wenn man einen hohen Vergärungsgrad bzw. ein trockenes Bier anstrebt. Mir stellt sich jetzt die Frage, ob es überhaupt möglich ist, aufgrund der niedrigen Maischetemperatur jodneutral zu werden.
Ist eventuell die lange Rast über 90 Min. dafür verantwortlich, dass die Verzuckerung trotzdem gelingt?

2) Der Hauptguss wird mit 1,85 Liter je kg Malz angegeben. Es scheint im anglomaerikanischen Raum üblich zu sein, dicker einzumaischen. Das würde aber dann auch bedeuten, dass der Nachguss um die 8 Liter beträgt.
Hier ist es wahrscheinlich angesagt, einfach HG und NG etwa anzupassen oder hat dickes einmaischen einen Vorteil?

3) Die Kochzeit beträgt stolze 3 Stunden. Dies hat wahrscheinlich damit zu tun, dass damit eine höhere Extraktausbeute verbunden war - ausserdem scheint es dem Bier die nötige (dunkle) Farbe gegeben zu haben.
Aus diesem Blickwinkel scheint ein Würzekochen über 90 Min. ausreichend zu sein.

Im Kommentar zum Rezept steht noch folgender Hinweis, der eventuell eine Aussage über den hohen EVG bzw. die niedrige Maischetemperatur zulässt:

"Yeast: Any really gang. This bastard is dry as a bone so pick your favorite one that you know how to use. Over pitch. Over oxygenate".

Bin über jeden Tipp dankbar.

Gruß.

Alex

Re: 1945 Tetley's Mild

Verfasst: Montag 15. Juni 2015, 20:33
von Seed7
die 90 min @ 61°C sind kein problem, beide amylasen sind aktiv, sei es etwas traeger, daher die 90 minuten. Auch wurde natuerlich Englisches malz benuetzt das so weit modifiziert is das das auch klappt.

Die sehr dicke maische sorgt u.a. dafuer das die beta-amylase nicht so schnell denaturiert und mann (theoretisch) einen hohen gaerungsgrad erreicht.

Die lange kochzeit hat einfluss auf die farbe und damit auf dem geschmack. Vergiss den karamel zum kolorieren nicht.

Erzaehle uns wie es geworden ist,

Ingo

Re: 1945 Tetley's Mild

Verfasst: Montag 15. Juni 2015, 22:01
von GregorSud
Ich habe das Bier gebraut! HG und NG habe ich an "normale" Verhältnisse angepasst, Kochzeit auf zwei Stunden reduziert. Beim Karamell habe ich eher zu wenig genommen, weil ich zu wenig hergestellt hatte. War mir dann aber auch egal ;) Vergoren habe ich mit der #1968. Die vergärt zwar nicht so mega hoch, aber ich mag sie sehr gerne.
Vergiss nur den Brauzucker nicht! Gut Sud!

Re: 1945 Tetley's Mild

Verfasst: Montag 15. Juni 2015, 22:48
von afri
Alex Schlager hat geschrieben: Hier ist es wahrscheinlich angesagt, einfach HG und NG etwa anzupassen oder hat dickes einmaischen einen Vorteil?
Alex
Gibt Vor- und Nachteile aller Methoden. Ich läutere so, bis es unter 3°P läuft, dann habe ich die Pfanne voll. Generelle Anweisungen, X Liter HG und Y Liter NG ignoriere ich, ich maische und nachgieße, was der Kessel hergibt, nach meinen Berechnungen bin ich damit offensichtlich in der high-gravity-Ecke angelangt. What shall's, wenn hinterher Bier rauskommt (und das tut es fast immer).

Kochzeiten über 90' halte ich für Quatsch, außer es ist zu dünn geworden. Meine Ausbeuten sind OK und ich bewege mich fast immer im Bereich 12-16°P STW. Anpassungen erfolgen über Glattwasser oder Wasser aus der Leitung. Ein Vorderwürzebier habe ich auch mal gemacht, 2013, aber das ist offenbar noch lange nicht trinkfertig :-) Das Nachgussbier hatte knappe 12°P und war sehr trinkbar und ist schon lange Geschichte.
Achim

Re: 1945 Tetley's Mild

Verfasst: Dienstag 16. Juni 2015, 00:36
von gulp
GregorSud hat geschrieben:Ich habe das Bier gebraut! HG und NG habe ich an "normale" Verhältnisse angepasst, Kochzeit auf zwei Stunden reduziert. Beim Karamell habe ich eher zu wenig genommen, weil ich zu wenig hergestellt hatte. War mir dann aber auch egal ;) Vergoren habe ich mit der #1968. Die vergärt zwar nicht so mega hoch, aber ich mag sie sehr gerne.
Vergiss nur den Brauzucker nicht! Gut Sud!
Und war das dann jodneutral, nach 90 min bei 61°?

Gruß
Peter

Re: 1945 Tetley's Mild

Verfasst: Dienstag 16. Juni 2015, 07:36
von uli74
afri hat geschrieben: Kochzeiten über 90' halte ich für Quatsch, außer es ist zu dünn geworden.
Dem TE gehts darum ein historisches Rezept nachzubrauen, und damals waren lange Kochzeiten halt anscheinend üblich. Wenn er jetzt anfängt die Rast- und Kochzeiten zu verändern und dann viell. noch mit der Schüttung rumspielt weil sie nicht mehr zeitgemäss ist kann er auch gleich ein PA oder IPA brauen. Von daher ist es schon gut wenn er sich an die Vorgaben im Rezept hält.

Re: 1945 Tetley's Mild

Verfasst: Dienstag 16. Juni 2015, 08:48
von GregorSud
gulp hat geschrieben:
GregorSud hat geschrieben:Ich habe das Bier gebraut! HG und NG habe ich an "normale" Verhältnisse angepasst, Kochzeit auf zwei Stunden reduziert. Beim Karamell habe ich eher zu wenig genommen, weil ich zu wenig hergestellt hatte. War mir dann aber auch egal ;) Vergoren habe ich mit der #1968. Die vergärt zwar nicht so mega hoch, aber ich mag sie sehr gerne.
Vergiss nur den Brauzucker nicht! Gut Sud!
Und war das dann jodneutral, nach 90 min bei 61°?

Gruß
Peter
Ja, war es. Allerdings fällt mir gerade auf, dass ich Maris Otter Pale Ale Malz verwendet habe und nicht Pale Malz. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass es da einen Unterschied gibt...

Edit: Gerade nochmal kurz gelesen und jetzt wieder vollends verwirrt. Gibt es überhaupt einen Unterschied?

Re: 1945 Tetley's Mild

Verfasst: Mittwoch 17. Juni 2015, 06:40
von Kurt
Ja klar. Maris Otter ist eine alte Gerstensorte mit typisch nussigem Geschmack. Die Wahl war somit authentisch.

Re: 1945 Tetley's Mild

Verfasst: Mittwoch 17. Juni 2015, 07:32
von cyme
Komibrast bei 60C sollte kein Problem sein, wenn sie ausreichend lange ist sollte auch die Ausbeute nicht leiden:
http://braukaiser.com/wiki/index.php?ti ... e_and_Time
Selbst wenn man dann die Temperatur nicht trifft ist das noch kein Beinbruch, denn
it has been shown that mashes at 55C (131F) can recover up to 90% of the potential extract

Re: 1945 Tetley's Mild

Verfasst: Mittwoch 17. Juni 2015, 07:33
von nacron
Zwecks dem Unterschied zwischen Dick und Dünnmaische hab ich hier ein Zitat aus How To Brew von John Palmer:
The grist/water ratio is another factor influencing the performance of the mash. A thinner mash of >2 quarts of water per pound of grain dilutes the relative concentration of the enzymes, slowing the conversion, but ultimately leads to a more fermentable mash because the enzymes are not inhibited by a high concentration of sugars. A stiff mash of <1.25 quarts of water per pound is better for protein breakdown, and results in a faster overall starch conversion, but the resultant sugars are less fermentable and will result in a sweeter, maltier beer. A thicker mash is more gentle to the enzymes because of the lower heat capacity of grain compared to water. A thick mash is better for multirest mashes because the enzymes are not denatured as quickly by a rise in temperature.
Also ich glaube der Hauptgrund ist hier das man ein Malzigeres Bier mit etwas mehr Körper haben will.


Zu der Kochzeit ist vermutlich die intention das mehr Zucker karamelisiert und somit auch weiter zum Geschmack und Körper beiträgt. Bei dem Schottischen Bierstil Wee Heavy wird auch eine ganze Weile gekocht. Um die lange Kochzeit auszugleichen könnte man natürlich einfach Karamel oder Caramalze reinschmeißen hat einen ähnlichen Effekt. Eine andere authentische Variante wäre einfach sehr heiße Steine in die Würze reinzuschmeißen :D

Cheers
Bene

Re: 1945 Tetley's Mild

Verfasst: Mittwoch 17. Juni 2015, 08:02
von GregorSud
Kurt hat geschrieben:Ja klar. Maris Otter ist eine alte Gerstensorte mit typisch nussigem Geschmack. Die Wahl war somit authentisch.
Puh, Glück gehabt :Bigsmile

Das Bier ist übrigens wirklich lecker. Wenn nicht dieses Invertzuckergekoche wäre, hätte ich es längst noch einmal gebraut...

Re: 1945 Tetley's Mild

Verfasst: Mittwoch 17. Juni 2015, 09:23
von der_ak
Kurt hat geschrieben:Ja klar. Maris Otter ist eine alte Gerstensorte mit typisch nussigem Geschmack. Die Wahl war somit authentisch.
Maris Otter ist erst seit 1966 allgemein für die Brauindustrie verfügbar. Authentisch britisch, ja, authentisch für das spezifische Rezept und die Zeit, definitiv nein.

Re: 1945 Tetley's Mild

Verfasst: Mittwoch 17. Juni 2015, 11:00
von gulp
Also ich glaube der Hauptgrund ist hier das man ein Malzigeres Bier mit etwas mehr Körper haben will.
Ich denke das Gegenteil ist der Fall. Das sollte eigentlich furztrocken sein, bei einer 90 min Rast bei 61°. Die Alpha-Amylase sollte da kaum mitwirken können, gerade so viel vermutlich, dass das noch jodneutral wird. Nicht vergärbare Zucker (und damit Körper) entstehen halt während der Alpha-Amylase. Mich wundert sowieso, dass das funktioniert. Wäre mal interessant das mit Pilsener oder Wiener Malz zu probieren.

Gruß
Peter, dem Leichtbiere mit ca. 3% Alc. eigentlich etwas fremd sind. :Angel

Re: 1945 Tetley's Mild

Verfasst: Mittwoch 17. Juni 2015, 11:12
von ZeroDome
gulp hat geschrieben:
Also ich glaube der Hauptgrund ist hier das man ein Malzigeres Bier mit etwas mehr Körper haben will.
Ich denke das Gegenteil ist der Fall. Das sollte eigentlich furztrocken sein, bei einer 90 min Rast bei 61°. Die Alpha-Amylase sollte da kaum mitwirken können, gerade so viel vermutlich, dass das noch jodneutral wird. Nicht vergärbare Zucker (und damit Körper) entstehen halt während der Alpha-Amylase. Mich wundert sowieso, dass das funktioniert. Wäre mal interessant das mit Pilsener oder Wiener Malz zu probieren.

Gruß
Peter, dem Leichtbiere mit ca. 3% Alc. eigentlich etwas fremd sind. :Angel
Jap, so stehts auch in Kristen Englands Version. Dem Mann kann man wohl vertrauen ;)
Yeast: Any really gang. This bastard is dry as a bone so pick your favorite one that you know how to use. Over pitch. Over oxygenate. Hope and pry she dries out for you.

Sundries: Nothing specific. Make it dry. Use the right sugar. Don’t forget the bloody caramel.
Mein gestern abgefülltes Mild Ale AK mit 8.9°P hats auf über 80% EVG gebracht und damit schon über 4 vol.-% alc. Jungbier war lecker, ich bin gespannt.

Re: 1945 Tetley's Mild

Verfasst: Sonntag 28. Juni 2015, 14:49
von Alex Schlager
Hallo zusammen,

gestern habe ich endlich den Sud durchgezogen.
Anbei ein paar Fotos:

Malze: Halcyon Pale, Pale Ale, Gerstenflocken und Invert-Zucker No. 2 (selbst gekocht)
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Der HG wird erhitzt
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Schroten ist angesagt
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Die Brautöpfe
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Rührwerk aus Holz - aber es funktioniert
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Nachguss wird eingstellt
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Der Wasserhahn fehlt noch - ist alles gerade im Umbau
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Die Fliesen an der Wand sind auch endlich verlegt
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Es lebe die Schwerkraft
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Die Vorderwürze wandert in den Kessel
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Den Topf etwas höher stellen, damit alle Brüden abgesaugt werden
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Die Hendi-Platte gibt Gas
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Ein praktischer Helfer zum Heben der (Braumeister)-Haube
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Der Invert-Zucker wird im Wasserbad verflüssigt
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Nach dem Whirlpool geht es ab in die Gärkanne
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Der Trubkegel zeigt sich - mittlerweile spare ich mir den Sputnik-Filter
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Die Nottingham im rehydrierten Zustand
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Noch ein paar Hinweise:
Laut Rezept sollte die Stammwürze 8 °P werden - geworden sind es 9.
Die im Rezept verwendete Temperatur für die Maische von 61,7°C für 90 Minuten habe ich geändert auf ca. 66 °C für 90 Minuten - sicher ist sicher.
Die angegebene Kochdauer von 3 Stunden habe ich auf 90 Minuten verkürzt.
Die Gerstenflocken wurden direkt mit dem Malz eingemaischt.
Den Invert-No.2 habe ich 15 Minuten vor Ende des Würzekochens zugegeben.
Das Bier bleibt ziemlich hell, da ich nicht mit Caramel-Zucker die Farbe einstelle.

Dann hoffen ich mal, dass ich bald wieder erfolgreich vom Endergebnis berichten darf.

Gruß.

Alex

Re: 1945 Tetley's Mild

Verfasst: Sonntag 28. Juni 2015, 20:52
von GregorSud
Endlich :D

Schöne Bilder und schöne Brauerei!

Lief doch alles super, wird bestimmt ein leckeres Bier!