ich habe jetzt 6 Jahre in Würzburg studiert und langsam geht meine Zeit hier zu Ende. Würzburg ist jetzt nicht soooo bekannt für Bier, es soll jedoch eine Zeit gegeben haben in der es in Würzburg mehr Brauereien als Weinschenken gab (http://wuerzburgwiki.de/wiki/Brauereien). Außerdem war ein Würzburger Bier das erste aus Bayern, dass in die USA exportiert wurde (http://www.wuerzburgwiki.de/wiki/W%C3%B ... r_Brauerei) und das Würzburger Hofbräu war mal so bekannt, dass in den USA Prozesse geführt werden mussten, weil dort Brauereien Biere mit dem gleichen Namen auf den Mark gebracht haben (http://law.justia.com/cases/federal/dis ... 7/1400763/).
Naja ich dachte mir auf jeden Fall zum krönenden Abschluss in Würzburg probier ich ein Bier von damals nachzubrauen

http://www.wvv.de/media/downloads/downl ... gebiet.pdf
Ein sehr hoher Calcium-(227 mg/l) und Sulfatwert (333 mg/l). Und die Restalkalität ist bei 7,2° dh. Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass die Werte so um den Dreh rum auch damals schon bestanden haben. Wenn ich das richtig versanden habe kommt das von dem Muschelkalkboden. Für mich besteht der Reiz darin ein Bier mit diesem Wasser zu brauen, ohne es aufbereiten zu müssen.
Naja, ich hab in einer Tabelle von "shut up about Barkley Perkins" (http://barclayperkins.blogspot.de/) die Daten des Export Bieres des Brauhauses Würzburges (ich vermute, das ist das Bürgerbräu) von 1901 gefunden.
Acidity: 0,009
Fg: 1020.9 (ca. 5 °P) = Restestrakt
OG: 1061.1 (ca. 15 °P) = Stammwürze
ABV: 5,09 = Alkohol
Attentuation: 64,4 % = Endvergärungsgrad
Weiter hab ich auf dem Blog herausgefunden, dass das Würzburger Bier, dunkler als das Münchner war und dem Nürnberger wohl sehr ähnlich. Daher geh ich von dem was ich über Nürnberger Rotbier gelesen habe davon aus, dass es relativ dunkel und mild gehopft ist. Weiter weiß ich, dass Wiener Export Bier mit einer ähnlichen Stammwürze ein Hopfenrate von 400-550 g/hl hatte. Ich vermute einfach mal, vor allem wegen dem Sulfatwert, dass das Würzburger viel milder war.
Als Maischeplan hab ich mir (auch von dem Blog) ein fränkisches Dekoktionsverfahren aus dem "Handbuch der Chemischen Technologie: Die Brauerei" von Dr. Fr. Jul. Otto (1865) ausgesucht. Anscheinend wurde in Franken, anders als in München, keine Dickmaische , sondern nur Dünnmaische gekocht.
Das Verfahren sieht folgendermaßen aus:
-geschrotetes Malz trocken in den Maischetopf tun
-zubrühen von 82,5°C-87,5°C heißem Wasser um auf eine Temperatur von 62,5 °C zu kommen+ kurze Rast
- Kochen des Vorlaufes für 45min
-zubrühen um auf 75 °C zu kommen und Rast für 60min
Nun zum Plan:
Als Malz dachte ich mir 100% dunkles Münchner Malz (20-25 EBC). Darauf wende ich dann obriges Dekoktionsverfahren an. Als Hopfen wollt ich Hallertauer Tradition nehmen. Ich vermute einfach mal, dass die damals entweder Spalter oder Halertauer verwendet haben und den Tradition habe ich gerade daheim :). Weiter dachte ich, dass ich auf ca. 30 IBU gehe.
Nun zu meinen Fragen:
-Weiß jemand eine Hefe, die so niedrig vergärt? (untergärig)
-Ich bin mir nicht ganz sicher wann ich den Hopfen reintuen soll. ich dachte entweder mach ich das so wie die Engländer zu der Zeit und teile den Hopfen auf 60min/30min auf oder ich probier "Hopfenrösten" aus. Anscheinend hat man früher bei obrigem Dekoktionsverfahren den Hopfen bei der Dekoktion für 30min mitgekocht (wenn ich das richtig verstanden habe). Hat das schon mal jemand probiert? Ich hab irgendwo im alten Forum gelesen, dass das nicht so gut ist, wegen der Stabilität oder so...
-Glaubt ihr, dass ich das so ohne Wasseraufbereitung umsetzen kann? Ich hab mal ein Dunkles (90% Münchner, 10% Winer, 12°P, 30 IBU) ohne Aufbereitung gemacht und das hatte eine ziemlich nachhängende, harsche Bitterkeit. Allerdings war das auch mit komischen argentinischen Hopfen und ich hab immer noch die Hoffnung, dass der tolle, deutsche Edelhopfen nicht harsch wird.
-Zuletzt bin ich am überlegen ob das dunkel genug wird oder ob ich noch n bissl Röstmalz dazugeben soll. Soweit ich das richtig im Kopf habe gab es das damals schon, aber vom Gefühl her denk ich irgendwie nicht, dass das benutzt wurde.
Mir ist klar, dass mein Rezept nicht 100% historisch adäquat ist und sehr viel auf Vermutung basiert, aber mir reicht es wenn ich irgendwas fabriziere, dass nicht komplett abwegig ist. Ich würde mich sehr über jede Art von Anmerkung freuen, auch wenn ihr denkt, dass klappt so nicht :).
Vielen Dank für eure Hilfe schonmal.
Benedikt