Bierstile - Stilecht oder nicht?

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Enfield
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Bierstile - Stilecht oder nicht?

#1

Beitrag von Enfield »

Guten Morgen liebe Hobbybrauer!

Mal eine Frage aus purer Neugierde. Wie haltet ihr es mit den Bierstilen?

Versucht ihr immer stilecht zu brauen wenn ihr euch an einen Birstil ranwagt? Oder gibt es bei euch auch undefinierbare Eigenkreationen und wilde Experimente (ein UG Pils mit englischem Hopfen, deutsche Untergärige mit Rohfrucht, ein Bitter mit Hallertauer, untergäriges Weizenbier, Pale Ale Malz in nem Schwarzbier, oder aber einfach kleine Änderungen in den Rezepten, die nicht dem Stil entsprechen, etc.)

Ich habe jetzt doch schon einige Sude hinter mir und immer wieder stellt sich mir die Frage nach dem Bierstil. Was hab ich da gebraut? Wie passen die Zutaten zusammen? Ist das stimmig?

z.B. habe ich gestern ein belgisches Pale Ale gebraut. Den Saazer aus dem originalen Rezept hatte ich nicht, auch keine ähnliche Sorte. Also lange gegrübelt und recherchiert, was typisch in belgischen Pale Ales als Hopfen eingesetzt wird und was ich davon da habe. Am Ende kam ich zum Fuggle, auch wenn der bei den Belgiern hauptsächlich in dunklen Bieren zum Einsatz kommt.
Ähnlich bei der Malzschüttung. Hätte gerne 5 % Haferflocken zugegeben (anders als im Rezept) und habe recherchiert, ob das stilecht ist (entscheidender Satz bei Randy Mosher's "Mastering Homebrew": es werden bis zu 10 % "adjuncts" verwendet), also rein mit dem guten Hafer. :thumbsup Dürfte aber auch nicht die Regel sein, andere Literatur erwähnt nichts davon.

Mal ganz ehrlich: hab ich nen Knall?

lg

Max
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Boludo
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#2

Beitrag von Boludo »

Warum sollte man jedes Bier mit aller Gewalt in eine Schublade stecken?
Einen Bierstil ganz genau zu treffen kann eine große Herausforderung sein.
Aber man kann auch brauen, was einem schmeckt und sich von den Bierstilen nur inspirieren lassen.
So ganz verstehe ich den Sinn deiner Frage nicht, wenn ich ehrlich bin.

Stefan
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Flothe
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#3

Beitrag von Flothe »

Stile sind hier ja immer wieder ein Thema. Vor allem, wenn es um Biere geht, die sich so absolut garnicht in den vorgegebenen Stil zwängen lassen (Stichwort: OG Dunkles Pils).

Bei dir scheint mir das schon etwas anders zu sein. Bei deinem Beispiel hast du dich ja offensichtlich gut mit den Bierstilen beschäftigt und Kompromisse gemacht, die noch irgendwie ins Konzept passen. Andere hier - mich eingeschlossen - denken da weniger und machen einfach irgendwas.

Letztendlich ist es sowohl der Hefe als auch dem fertigen Bier herzlich egal, wie es nun heißt. Hauptsache es ist handwerklich gut gemacht und fällt nicht wegen unpassenden (Fehl-)Geschmäckern auf.

LG Florian

Jeder Tag ohne Bier ist ein Gesundheitsrisiko.
- Zitat: Hildegard von Bingen in ihrem Buch über Heilverfahren "Causae et Curae"
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aalhuhnsuppe
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#4

Beitrag von aalhuhnsuppe »

Grundsätzlich gilt:
Erlaubt ist, was gefällt.

Gefolgt von:
Es sollte natürlich schon Sinn machen.

Ab da gehts individuell weiter, zumindest im Hobbybrauerbereich.

Inwieweit die Rezepturen die originalen Rezepte zum jeweiligen Stil sind, sei dahingestellt.
Ich halte es immer als so eine Art grobe Richtung zur Orientierung. Verglichen mit den Industriebieren und ihren Stilen, kann ich meine Biere ohnehin nicht gescheit zuordnen.
Mein Kölsch schmeckt so, wie ein Pils schmecken sollte (wenn ich denn untergärig brauen würde (kommt schon noch, gemach)).
Mein Schwarzes schmeckt nicht nach Guinness sondern erheblich besser. Und ich mag gar keine Schwarzbiere, ich wollte nur mal eins brauen.
Mein Weizen ist mir (noch) zu dünn, usw.
Wenn ich es also nicht einordnen kann, nenne ich den Stil einfach: Bier

Und nun zzu deiner Frage, ob du einen Knall hast.
Ja, natürlich. Wie wir alle. Sonst würden wir uns hier nicht tummeln und die Blicke der Holden im Rücken ertragen (schon wieder bei deinen Bierfreunden?).
In diesem Sinne.
:Drink
Herzliche Grüße
aalhuhnsuppe

-------------------------------------------------------
Wer einen Fehler findet, der darf ihn behalten.
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Enfield
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#5

Beitrag von Enfield »

@boludo: die Frage ist in dem Sinn keine Frage, die es zu verstehen gibt. Es sollte nur eine kleine Diskussion über Stile und wie ihr es damit haltet werden - völlig ungezwungen ohne eine richtig oder falsche Antwort zu erwarten ;-)

Vielleicht will ich einfach mal ein Bier so authentisch wie möglich brauen um es einordnen zu können.

Wahrscheinlich sehe ich das alles etwas zu eng. Ich bin nur manchmal ein allzu übertriebener Perfektionist, der sich um fünf Prozent Hafer in der Schüttung Gedanken macht und am Ende feststellt, das der Zulauf vom Spiralkühler undicht ist und das Wasser aus dem Gartenschlauch in den gekühlten Sud tropft...
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#6

Beitrag von DerDallmann »

Verstehe, was du meinst.
Man braut sich was zurecht, mixt hier noch was dazu, etc., am Ende schmeckts super, aber man will dem Baby ja auch einen Namen geben können.
Ich will nach viele Experimentalsuden jetzt auch mal ein paar wirklich stilechte Biere brauen, muss auch mal sein. Das nächste wird ein klassiches Wit.
KTF
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#7

Beitrag von KTF »

Hi,
Ich würde es mal so ausdrücken: Ich fühle mich absolut keinen Regeln unterworfen solange ich privat braue. RHG ist mir egal, genaues einhalten der Sorte auch, Zugabe von Gewürzen Früchten etc geht auch.

Aber, wenn ich mir explizit vornehme ein bestimmtes Bier zu brauen, welches sich eben aus seinem Typ definiert, dann sollte ich mich auch daran halten.
Beispiel: Wenn es wirklich genau ein Pilsener werden soll, kann ich nicht mit OG, dunklem Caramelly und Amihopfen rumwurschteln.
Wenn ich aber sage, ich möchte nur ein leckeres Sommerbier brauen, dann mach ich alles was irgendwie zusammen passen könnte.

So handhabe ich es zumindest.

Grüße
deralex
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#8

Beitrag von deralex »

Mittlerweile braue ich entweder stilecht oder aber ich variiere einen Stil etwas. Der Grund ist simpel: es schmeckt und ist kein komplettes Überraschungsei, da ich in ungefähr weiß was mich als fertiges Bier erwartet. Wenn ich z.B. eine Pale Ale Schüttung mit der W34/70 warm vergäre und dann noch 5 Hopfen zu unterschiedlichsten Zeitpunkten gebe kann ich dir nicht sagen ob es einigermaßen was wird. Dafür reichen meine Fähigkeiten nicht. Wahrscheinlich eher nicht, denn die Reinfallquote ist dann bei solchen Experimenten schon höher. Zu Anfang des Brauens habe ich ganz viele Sude mit der Notti gemacht da sie recht neutral vergärt. Leider schmecken mir die Sude mit der Notti und Malzen die in Deutschland viel verwendet werden mittlerweile nicht mehr. Es passt irgendwie nicht zusammen. Also braue ich PiMa,WiMa, MüMa auch meistens mit bestimmten Hefen bei denen das Ergebnis aus meiner Sicht stimmig ist.
Nehme ich jetzt aber z.B. ein typisches Kölsch und ersetze den Hopfen durch Cascade dann weiß ich ungefahr wie es final mal schmecken wird und das Experimentieren hält sich in Grenzen.

Generell muss ja jeder wissen was er im Hobbybrauerbereich erreichen will. Es gibt die Leute die komplett experimentierfreudig sind und kein Sud annäherend dem anderen gleicht. Die anderen wollen das "perfekte Helle" und variieren typische Rezepte immer nur minimal. Ich bin Freund davon zu wissen wie ein Bierstil richtig geht und dann aus dieser Erfahrung raus zu experimentieren.
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#9

Beitrag von Matze »

Hallo,

ich hab 3x hintereinander ein Pils als Singlehop gebraut. Einfach um rauszufinden wie die einzelnen Hopfen rüberkommen. Hab aber auch schon "Reschdle-Biere" gebraut mit wilder Schüttung. Die haben unerwartet auch gut geschmeckt. Aber ganz stur halt
ich mich nicht an Bierstile. Auch weil nicht grade immer das passende Malz oder der typische Hopfen da ist. Das hat dazu geführt
das ich Weizen nur mit Wiener statt mit Pilsener braue.

Gruss

Matze
nacron
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#10

Beitrag von nacron »

Ich halte es bei mir wie beim Kochen. Um erstmal festzustellen um was es bei einem Bierstil geht braue ich so nah am Stil wie möglich. Basis hierbei oft Brewing Classic Styles und BJCP. Wenn ich dann verstanden habe worum es geht kann ich hergehen und das Rezept in die Richtung drücken auf die ich lust habe.
Für mich sind Stile ne gute Hilfe um klassische Ideen von Bier zu verstehen.
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Enfield
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#11

Beitrag von Enfield »

Viele Rezepte auf MMuM sind ja auch alles andere als das, wo sie eingeordnet sind... Oft ist es auch sehr schwer zu differenzieren. Manchmal ist es auch sehr schwer, die ganzen notwendigen Zutaten zu bekommen.
Aber es ist wie ihr schreibt, ich will wissen, was ich erwarten kann von einem Rezept und keine totalen Überraschungseier. Wahrscheinlich fehlt mir auch einfach nur die Erfahrung, um die einzelnen Zutaten und deren Wirkung im fertigen Bier einordnen zu können.
Darum gibt's wahrscheinlich auch immer so viele Rezeptentwicklungsthreads hier im Forum (meine eigenen eingeschlossen)...
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#12

Beitrag von Malzmagen »

Hallo,

Ich mag die Idee der Kategorisierung und verwende diese auch in meinem eigenen Brauprozess.
Meine Rezepte beginnen meist mit einer Idee bzw. geschmacklichen Vorstellung. Daraufhin suche ich mir einen passenden Stil nach BCJP aus und bringe Vorstellung und Bierstil in Einklang.
Ich verwende die Vorgaben, die ja auch einen gewissen Spielraum zulassen, als Orientierungspunkt.
Das hat im wesentlichen zwei Gründe:

Zum einen möchte ich auch als Hobbybrauer in der Lage sein einen definierten Bierstil zu treffen. Generell gilt die Aussage "Bier wird's immer". Mein Anspruch in dieser Richtung ist aber ein anderer.
Zum anderen beschäftige ich mich durch die Stilvorgaben eingehender mit den Zutaten. Letztendlich lerne ich dadurch die Eigenschaften der Zutaten besser kennen. Ich braue nicht so häufig, vielleicht 4-5mal im Jahr á 20l, daher ist das Regelkorsett umso wichtiger um mich nicht im Dschungel der unbegrenzten Stellschrauben zu verlieren.

So ist jedenfalls meine persönliche Vorgehensweise.
Beim Verkosten sieht die Sache schon wieder anders aus.
Bekomme ich ein Bier vorgesetzt und es schmeckt mit gut dann ist mir der Bierstil egal.
Bekomme ich das gleiche Bier mit dem expliziten Hinweis auf einen bestimmten Bierstil und der dazugehörigen Prosa vorgesetzt analysiere ich genauer.


Gruß
Christian
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#13

Beitrag von gingerbreadium »

Ehrlich gesagt, traue ich mir gar nicht zu, ein Bier in eine Schublade zu stecken, so sicher bin ich mit Stilen nicht.

Ich handhabe es ein wenig so wie MAlzmagen.

Ich durchstöbere Rezept-Seiten und markiere mir alles, was mir beim lesen gefällt. Wenn ich mich dann für ein "Stil", z.B. gestopftes Weissbier, entschieden habe, recherchiere ich etwas, was man da so machen kann, welche Hopfen zum Einsatz kommen, welche Hefen, etc.
Und dann bastel ich mir mein Rezept zusammen, meistens halte ich mich zu 90% an ein bestehendes, und ändere nur Kleinigkeiten (z.B. habe ich keine Erfahrung mit Whirlpool-Hopfung, mache dann eher später noch etwas Kalthopfung, etc), oder mal eine andere (im Beispiel Weissbier-) Hefe, weil da, besser verfügbar oder im Profil interessanter.

Was rauskommt, ist dann vielleicht nicht stilecht, aber bisher immer so wie ich es mir grob vorgestellt habe. Mir ist es persönlich nicht so wichtig ein Stil zu treffen, sondern eher meine Vorstellungen.
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#14

Beitrag von Boludo »

Ich weiß heute noch nicht, was z.B. mein Dark Impact ist.
Bestenfalls ein Imperial Porter, aber das haut auch nicht hin.
Ist mir aber auch vollkommen egal.
Samba Pale Ale passt auch nirgends wo rein, die Leute mögen es aber trotzdem.
Im Moment gärt bei mir daheim eine Belle Saison mit 80% PiMa und 20% Weizenrohfrucht mit 40 IBU und mit ordentlich Savinjski Golding gestopft. Keine Ahnung was das wird, schmeckt aber schon sehr vielversprechend.

Man muss sich keine Probleme machen, die es gar nicht gibt.


Stefan
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#15

Beitrag von hutschpferd »

Wenn ichs wo einreichen will brau ich nach den Richtlinien.

Wenn ich an einen neuen Bierstil herangehe, brau ich nach den Grundsätzen des Bierstils.

Wenn ich ein "Crossover" mach, oder quasi Auge mal Pi, brau ich wie ich denk dass es gut wird.

Kommt also stark auf den Zweck drauf an!
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#16

Beitrag von gulp »

Im Moment gärt bei mir daheim eine Belle Saison mit 80% PiMa und 20% Weizenrohfrucht mit 40 IBU und mit ordentlich Savinjski Golding gestopft. Keine Ahnung was das wird, schmeckt aber schon sehr vielversprechend.
Zweifellos ein Saison, die Hefe entscheidet. :Smile

Brewing Classic Styles wurde ja schon erwähnt. Das ist auch mein Ausgangspunkt bei neuen Stilen. Ich halte mich erst mal an den Stil, dann interpretiere ich ihn in meine Richtung. Wenn früher mal eine Hopfenernte nicht so gut ausfiel, hat man selbst in München mit englischen Hopfen gebraut. (Sedlmayr mit Hopfen aus Kent um 1850) Man muss sich also nicht sklavisch an irgendwelche Vorgaben halten. Nur obergäriges Pils und Märzen gibt es halt nicht.... :Greets

Gruß
Peter
>>Impfung rettet Leben und Kultur!<<

Ein Bayer ohne Bier ist ein gefährlich Thier!

https://biergrantler.de
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#17

Beitrag von philipp »

Enfield hat geschrieben:Mal eine Frage aus purer Neugierde. Wie haltet ihr es mit den Bierstilen?
Praktisch für Wettbewerbe - sowohl für die Einreichenden als Anker, als auch bei der Verkostung.

Und wenn ich ein Bier kaufe, weiß ich, was auf mich zukommen sollte.

(Bei einem "Sour Wheat" (gibt's nicht als BJCP-Stil) würde ich vielleicht 5/5 Stern geben, wäre es als normales Weizen deklariert, würde ich sagen "infiziert".)
Der Porter, den man in London gemeiniglich Bier zu nennen pflegt, ist unter den Malz-Getränken das vollkommenste.
http://sammlungen.ulb.uni-muenster.de/h ... ew/1817246

Im alten Forum als 'rattenfurz' bekannt gewesen.
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#18

Beitrag von Enfield »

Ich finde es sehr interessant, dass doch viele hier sich an den Stilen orientieren (grade BJCP oder Brewing Classic Beer Syles). Dachte eigentlich, dass die allermeisten Hobbybrauer hier sich nicht so wirklich damit beschäftigen. Wie gesagt, grade wenn man viele Rezepte von MMuM sieht. (was übrigens eine geniale Datenbank ist, braue selber viele Rezepte von dort und gibt sehr viel Inspiration - das soll also keinesfalls abwertend gemeint sein)

Vielleicht ist es auch nur das menschliche Schubladen-Denken. Ich kategorisiere alles gerne und ordne es dann in meinem Kopf. Man will wie oben schon gesagt wurde, dem Kind einen Namen geben.
Ein Schwarzbier sollte schwarz sein ( :thumbsup ), nicht hopfenaromatisch und keine ausgeprägten Röstaromen haben. Wenn ich ein Schwarzbier kaufe, dann erwarte ich das. Wenn ich sowas jetzt brauen möchte und es wird stark röstaromatisch (oder hat nur 20 EBC), dann ist mir irgendwo ein Fehler passiert.

Man kann sich auch Ziele setzen, ohne sich an einen Stil zu orientieren. Aber die Stile zuerst mal zu kennen und zu wissen, welche Zutat/Stellschraube wie wirkt, ist ganz entscheidend. Um beim Beispiel Schwarzbier zu bleiben: ich, weiß dass es um ein starkes Röstaroma zu vermeiden notwendig ist, Carafa Spezial (entbittert) einzusetzen. Das weiß ich aber nur, weil ich Schwarzbier gebraut und mich mit dem Stil auseinander gesetzt habe.
Wenn ich jetzt ein Bier dunkel färben will und schokoladige, leicht röstige Aromen zufügen möchte, weiß ich, ich brauch Carafa Spezial. Genauso ist es bei Hefe und Hopfen.

Das Samba Pale Ale ist ein klassisches Beispiel. Lässt sich nirgends einordnen, ist aber trotzdem sehr beliebt und soll sau lecker sein. Ich muss gestehen, ich habe es noch nie gebraut, es steht aber auf meiner Liste.
@ Stefan/boludo: wie bist du zu dem Rezept gekommen? Ich bin sicher, ein erfahrener Brauer wie Du weiß genau, welche Zutat wie wirkt und was er tut.
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#19

Beitrag von Boludo »

Enfield hat geschrieben: @ Stefan/boludo: wie bist du zu dem Rezept gekommen? Ich bin sicher, ein erfahrener Brauer wie Du weiß genau, welche Zutat wie wirkt und was er tut.
Zum tausendsten Mal: Das Samba Pale Ale Rezept stammt nicht von mir, sondern von einem ehemaligen User aus Brasilien (Samba und Bier hieß der glaub damals). Ich hab das nur ein wenig variiert und auf MMuM veröffentlicht (bisschen andere Schüttung, andere Hefe, anders gehopft, Kombirast). Groß waren die Veränderungen aber nicht.
Hier findet man das Originalrezept.

Beim Dark Impact hab ich mich ein wenig an Flyings Cascadian Dark Ale Rezept orientiert und dann noch den Muscovado und ein bisschen andere Spezialmalze dazugetan. Comet war auch neu.

Meistens kann ich halbwegs vorhersehen, in welche Richtung ein Rezept gehen wird, aber so ganz genau klappt das nie.
Aber das ist auch nicht so wichtig, es soll Spaß machen und schmecken. Untrinkbare Resultate sind extrem selten.
Man muss sich halt auch einfach mal trauen. Ein paar Grundregeln sollte man aber natürlich schon einhalten.
100% Cara Dunkel oder 30% Röstmalz sollten es nicht gerade sein.


Stefan
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§11
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#20

Beitrag von §11 »

Fuer mich ist vor allem der BJCP Guide unlogisch aufgebaut. Es ist ein gutter Versuch Biere durch Aehnlichkeit zu kategorisieren. Aber Bierstile sind so nicht entstanden. Eine fuer mich viel logischerer Aufbau ist der nach der Herkunft. Historisch gesehen sehe ich 5 grosse "Epizentren" in denen sich weltweit Biere entwickelt haben. Dazu gibt es noch ein paar kleinere, active Zentren. Die USA stellt dabei fuer mich eine spannende Ausnahme dar. Bis auf ganz wenige Ausnahme wurden naemlich Biere hier nicht entwickelt, sondern lediglich angepasst.

Fuer mich ist die Regionalitaet ein so wichtiges Kriterium, weil es sehr so oft so ist das die Herkunft den Stil schon fast erklaert. Manchmal sogar warum Biere so und nicht anders gebraut warden. Schaut man sich zum Beispiel ein Muenchner Dunkel an, hat es einen Grund warum man in Muenchen dunkles gebraut hat, das Wasser. Aber selbst die Muenchner Interpretation des Hellen, beeinflusst vom Wiener und vom Pilsner, ist eine Entwicklung, die ganz bewusst die technischen Moeglichkeiten mit in Betracht zieht. An anderer Stelle sind Rohstoffe oder auch Brennstoff ein limitierender Faktor. Schaut man sich Englisch Ales an, mit Ihrer einfachen single infusion mash, so war eine treibende Kraft hier sicherlich der Mangel an Brennstoff (zur selben Zeit hat Kontinentaleuropa noch mit Dekoktion gebraut, waehrend England Holz benutzt hat um seine Flotte aufzubauen). Durch die Einschraenkungen der single Infusion mash, gerade was die Aromen und die Farbe angeht, hat sich in England die Maelzereitechnik, mit der Entwicklung von Aroma und Farbmalzen, wesentlich schneller und weiter entwickelt als in Kontinentaleuropa. Das ist aber ein wichtiger Hintergrund, vor dem sich die Biere so entwicklet haben, wie sie sich entwickelt haben. Schaut man sich die Bierstile durch diese Brille an, sieht man zwar auch unterschiedliche "Aeste" am Stammbaum, aber ich sehe deutlich ueber 100 verschiedene, teils ausgestorbene, Stile statt der 23 die BJCP sieht.

Aber wie so oft im Leben wird es hier kein richtig und kein falsch geben, genauso wie es bei Bierstilen kein richtig und kein falsch geben kann. Was mich allerdings stoert ist eben genau der Versuch ein Bier in eine Ecke zu draengen, wo es nicht hingehoert. Um beim Beispiel zu bleiben, ein gehopftes und dunkles OG Pils, ist ein Alt. Da brauche ich keinen neuen Namen erfinden :P
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#21

Beitrag von flying »

Vor 200 Jahren gab es noch gar keine Bierstile sondern nur lokale Bezeichnungen. Hierzulande hatten Biere so klangvolle Namen wie Hannoverscher Broihan, Eckerförder Kackabulle, Jenaer Menschenfett, Mumme, Rastrum, Gose usw.. Erst wenn sie überregional gebraut wurden, wurde ein Bierstil draus. Statt der Gose aus Goslar (die Gose ist ein Flüsschen bei Goslar), dann halt z. B. Leipziger Gose. Und schon hatte man zwei unterschiedliche Biere.

Heute hat man das Problem (oder die Gnade), dass man überall alles brauen kann. Durch standardisierte oder importierte Rohstoffe und die Wasseraufbereitung. Ein Burton upon Trend ist nix besonderes mehr, schüttet man halt jede Menge Gips ins Wasser. Pilsner ebenso, ging damals nur in Pilsen und heute überall.

Das alles ist ein steter Prozess, eine Bierevolution wenn man so will. Man entwickelt auch ständig neue Stile wie z. B. das Cascadian Dark Ale, wo sich die Foristen immer noch streiten ob man es nicht auch anderen bestehende Bierstilen zuordnen kann. Oder das Imperial Pilsner. Niemand kann ernsthaft einen Unterschied zu einem hellen Bock sehen. Dennoch ist die Bezeichnung für den Käufer hilfreich. Er erwartet und bekommt wahrscheinlich ein helles Lagerbier in Bockstärke mit stärkeren Nobelhopfengaben und nicht zu süß.

An diesen Prozess teilzuhaben ist spannend und frustrierend zugleich. Besonders wenn liebgewonnene, lokale Bierstile anderswo verhunzt werden. Teilweise ist es auch nur Ignoranz, wenn manche Leute meinen ihr Bier unbedingt obergäriges Dunkelpilsner zu nennen anstatt einfach Brown Ale oder Alt.

Fakt ist jedensfalls, wenn das obergärige Dunkelpilsner unter genau diesen Namen dauerhaft seine Liebhaber findet, ist ein neuer Bierstil geboren. Ob es uns passt oder nicht. Wir Foristen mögen über historische Urprünge fachsimpeln, der breiten Masse ist es egal. Hauptsache es schmeckt und knallt und der Name ist eingängig..

m.f.g
René
Held im Schaumgelock

"Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#22

Beitrag von Seed7 »

flying hat geschrieben:Vor 200 Jahren gab es noch gar keine Bierstile sondern nur lokale Bezeichnungen. [...]
Man entwickelt auch ständig neue Stile wie z. B. das Cascadian Dark Ale, wo sich die Foristen immer noch streiten ob man es nicht auch anderen bestehende Bierstilen zuordnen kann.
Cascadian Dark/Black IPA ist auch nicht anderes als ein Export Porter, nur halt mit 'lokalem' Hopfen.

Haettest du in England vor 200 jahren im Pub um ein 'Beer' gefragt haettest du einen Porter bekommen, fragst du Heute um ein 'Beer' bekommst du ein Lager. Haettest du vor 200 Jahren nach ein Ale gefragt haettest du wahrscheinlich ein Mild bekommen, fragst du heute nach ein Mild istes ganz was anderes. Haettest du in Bayern nach ein Bier gefragt war es ein Dunkles, heute ein Helles.

Bierstile sind in so fern wichtig das wir sie zur kommunikation nuetzen, wenn ich um eine Berliner Weisse bitte habe ich bestimmte erwartungen bei was ich bekommen werde und das ist nicht ein nach schweissfuessen stinkendes "kettle sour' viel gesopft wo noch stueckchen Pfirsich in treiben. Dann fehlt natuerlich auch Brett noch.

BJCP und dergleichen fuer Wettbewerbe sind nicht wichtig, da kann mann auch stile wie Blaues Hannoveraner herein schreiben. Es haette wertvoll sein koennen aber die ignoranz siegt leider und die enorme phantasie. Obwohl die 2015 version besser ist.

In so fern finde ich es wichtig das wenn man schon ein bestimmte stil brauen will, mann es auch richtig macht, sonst gibt es bitte phantsie Namen,

Ingo
"Wabi-Sabi" braucht das Bier.
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#23

Beitrag von Seed7 »

§11 hat geschrieben:Fuer mich ist vor allem der BJCP Guide unlogisch aufgebaut.
Es ist fuer wettbewerbe gedacht und sonst nichts.
Die Biere werden an den Juroren in ein so genanntes "Flight" serviert. In so ein Fleight sind Bier aus einer Klasse und deren unterklassen, mit dem Ziel das man nicht von einem RISS zum Lambiek hopfen muss sondern im Stil aehliche Biere beurteilt. Es gibt auch Juroren die sich spezialisiert haben in zum beispiel Sauer.

Ingo
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#24

Beitrag von §11 »

Gibt dann solchen Blödsinn
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#25

Beitrag von tauroplu »

Moin, Leute,

Zitat:"(Bei einem "Sour Wheat" (gibt's nicht als BJCP-Stil) würde ich vielleicht 5/5 Stern geben, wäre es als normales Weizen deklariert, würde ich sagen "infiziert".)"

Das ist genau das, was ich im Leben nicht verstehen werde. Gib dem Kind halt einfach einen Namen oder kreiere einen „neuen“ Bierstil und das Zeugs rennt.

Stichwort „Sauerbier“: Früher wurde so manches Bier aufgrund der damaligen Praxis der Spontanvergärung öfter mal sauer und da der Bierstil wohl damals noch nicht erfunden worden ist, hat man das Zeugs halt weggekippt.

Wir Hobbybrauer unternehmen alles, um ein Umkippen unserer selbstgebrauten Biere möglichst zu vermeiden und stören uns schon an kleineren Ecken und Kanten. Für mich ist und bleibt ein Sauerbier ein infiziertes Bier, das mir einfach nicht schmecken will.

Ich bastele gerade an einem neuen Bierstil für das Land Tibet: Das Butterbier mit signifikanten Mengen an Diacetyl. Könnte der Renner werden.
Beste Grüße
Michael

„Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist das Beste, was die Natur uns bietet.“
Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#26

Beitrag von cyme »

Ich bin niemand, der groß auf Stilen und Kategorien rumreitet. Praktisch finde ich die Einteilung in Bierstile aber schon. Wenn ich ein leckeres Kaufbier trinke, kann ich mir anhand des Stils ein ähnliches Rezept aussuchen, oder wenn ich mal mit Zutat A und B hantieren will, kann ich mich an den Stilen orientieren um weitere passende Zutaten C und D zu finden. Kürzlich erst geschehen, ich wollte mal was mit Wintergerste ("6 row") brauen - mit etwas Suche stolpert man dann schnell über das Classic American Pilsener und somit hatte ich dann schon meine Rezepte gefunden: http://www.morebeer.com/brewingtechniqu ... enner.html
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#27

Beitrag von Hopfenprinz »

Moin,

irgendwie habe ich nur eine grobe Richtung im Kopf, wie das Bier werden soll - stilecht mag ich das jedenfalls nicht nennen. Wage ich mich daran, einen neuen Bierstil zu brauen, gucke ich erstmal nach bewährten Rezepten. Meistens halte ich mich aber auch an bereits gesammelte Erfahrungen und Rezepturen aus meiner Braukladde, die ich gerne variiere. Meistens habe ich für stilechte (neue) Biertypen nicht die passenden Zutaten da und dann wird etwas Neues probiert. Mittlerweile teile ich den Sud gerne auf, um neue Sachen zu testen (letztens waren das zerkochte Jostabeeren in der Weizenbier-Gärung, z.Zt. in Reifung).

Ich sehe das alles ziemlich entspannt. Eine Zeit lang habe ich hier gelesen "dass die T 58 keine Weizenhefe ist" - na und? Wenn ich einen Weißbier Sud damit anstelle, dann ist sie es eben. Wer erinnert sich nicht gerne an seinen ersten Sud? Bei mir war das ein Gebräu aus Pale Ale, Karamünch, Hallertauer Trad. und Wyeast 1084. Ich werde das demnächst wieder so auflegen, fand ich auf seine Art echt lecker.

Ich finde, dass die Freiheit des Hobbybrauers auch das Schöne dabei ist. Es verlangt keiner, nur "so" oder "immer gleich" zu brauen. Würde ich mich gezwungen sehen, einen bestimmten Stil nachzubrauen, könnte ich das fertige Bier ja auch einfach fertig kaufen.
Grüße - André

„Bier ist der Beweis, dass Gott uns liebt und will, dass wir glücklich sind.“
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Sura
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#28

Beitrag von Sura »

Ich finde es im fortgeschrittenen Bereich sicherlich eine sportliche Herausforderung einen Bierstil zu treffen. Und dan auch das Rezept zu verfeiernen bis es perfekt ist.
Für den Anfänger sind die Bierstile als Orientierung hilfreich um mal neue Wege zu beschreiten und mal einen andern Geschmack und Anreiz in den Mund zu bekommen.

Soll doch jeder selbst entscheiden ob er jetzt ein Bier nach Stil oder nach Gefühl brauen will....
"Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem."
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Ladeberger
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#29

Beitrag von Ladeberger »

tauroplu hat geschrieben: Stichwort „Sauerbier“: Früher wurde so manches Bier aufgrund der damaligen Praxis der Spontanvergärung öfter mal sauer und da der Bierstil wohl damals noch nicht erfunden worden ist, hat man das Zeugs halt weggekippt.
Ja nee, iss klar. So ein Cantillon Iris ist im Prinzip ja auch nur ein gekipptes Altbier :Ahh

Gruß
Andy
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Enfield
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#30

Beitrag von Enfield »

Mir ging es hier keinesfalls um Einschränkungen für uns Hobbybrauer. Grade diese Freiheit ist ja das schöne an unserem Hobby. Wenn ich mich beschränken will eröffne ich gewerblich eine Brauerei... ;-)

@tauroplu: da hast du recht, es ist verdammt viel Marketing dabei. Und oft hat man das Gefühl ein "Stil" wird nur kreiert um das Zeugs auch verkaufen zu können. Wie heißt es so schön: "Es gibt nichts neues unter der Sonne." Aber ich finde es sich auch eine große Unwissenheit dabei. Irgend ein kleiner Microbrauer, der besonders kreativ sein will und keinen Plan von historischen Stilen hat, schmeißt was auf den Markt, was er für besonders Kreativ hält und gibt dem ganzen einen fantasievollen Namen.

Was ich aber auch schon festgestellt habe ist, dass viele große Brauereien und Konzerne hier auch auf den Stil pfeifen. Beispiel das "Wit" von Stiegl in Österreich. Hier kommt keine Weizenrohfrucht sondern Weizenmalz zum Einsatz. Trifft wahrscheinlich mehr den Geschmack des Massenbiertrinkers, hat aber dem klassischen Wit-Stil nicht so wirklich was gemein.
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Ladeberger
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#31

Beitrag von Ladeberger »

Enfield hat geschrieben: Was ich aber auch schon festgestellt habe ist, dass viele große Brauereien und Konzerne hier auch auf den Stil pfeifen. Beispiel das "Wit" von Stiegl in Österreich. Hier kommt keine Weizenrohfrucht sondern Weizenmalz zum Einsatz. Trifft wahrscheinlich mehr den Geschmack des Massenbiertrinkers, hat aber dem klassischen Wit-Stil nicht so wirklich was gemein.
Und was ist der klassische Wit-Stil? Ich frage, weil sich die Experten darüber nach wie vor streiten; das moderne Hoegaarden ist's jedenfalls nicht. Aber ich vermute du stellst das nun gleich klar!

Gruß
Andy
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Enfield
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#32

Beitrag von Enfield »

Okay, wusste nicht, dass das umstritten ist - ich kann nur das wiedergeben, was ich gelesen habe, bin da sicher kein Experte. Dachte immer , dass da klassisch jede Menge Weizenrohfrucht drin ist. Ich kenne nur ein Rezept wo Weizenmalz angegeben ist.
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#33

Beitrag von tauroplu »

Das mit dem Wit trifft z.B. auch auf das Köstritzer Wit zu. Da ist ebenfalls keine Weizenrohfrucht drin und zudem wird auch keine typische Withefe eingesetzt, wobei ich aber glaube, dass biem Wit die Weizenrohfrucht – neben den Gewürzen – den Hauptaromenbestandteil bilden und die Hefe eine eher untergeordnete Stellung einnimmt (munkel, munkel).
Beste Grüße
Michael

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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#34

Beitrag von Boludo »

Die Hefe ist meiner Meinung nach bei Wit extrem wichtig.
Die Köstritzer nehmen ja die Nottingham, das hat dann nicht mehr viel mit einem Wit zu tun.
Hab mich mal auf der Braukunst live mit denen ein bißchen gezofft. Die wollten mir weißmachen, dass sie die Nottingham genommen haben, weil sie sich dadurch positiv von den anderen Wit Bieren abheben wollten. Dabei verliert das Bier die ganzen schönen belgischen Hefearomen.

Stefan
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#35

Beitrag von tauroplu »

Kommen die denn bei dem Weizenrohfrucharoma, dem Koriander und den Pomeranzenschalen überhaupt noch richtig durch?
Beste Grüße
Michael

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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#36

Beitrag von tauroplu »

Zitat: „Ja nee, iss klar. So ein Cantillon Iris ist im Prinzip ja auch nur ein gekipptes Altbier“

Aber sicher ist es das (Unterstellung, ich weiß). Welcher Brauer, der halbwegs bei (Brau-) Verstand ist, schmeißt denn z.B. bewusst gealterten Hopfen (auch wenn Hopfen zu der Zeit sicherlich ein teures Ingredienz war) in sein Bier oder verwendet Mikroorganismen, die „Aromen“ nach Pferdeschweiß erzeugen? Derartige Gerüche gehören unter den Pferdesattel und haben m.E. im Bier nichts zu suchen.
Dienjenigen natürlich, die so etwas mögen, können, sollen, dürfen das ja auch ruhig tun, aber ich weigere mich weiterhin zu glauben, dass derartige Kreationen das Ergebnis ausgeklügelter, historisch gewachsener Brauentwicklung sein sollen. Sowas wie Marketing gab es ganz sicher auch damals schon, man muss es halt nur richtig verkaufen.
Aber deratige kulinarische Ausfälle gibt es ja auch in anderen (kulturellen) Lebensmittelbereichen (Surströmming, um nur mal ein Beispiel zu nennen). Aber ich schweife ab…
Beste Grüße
Michael

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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#37

Beitrag von Boludo »

Ui Michael, jetzt aber....

Stefan
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Seed7
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#38

Beitrag von Seed7 »

Ladeberger hat geschrieben: Und was ist der klassische Wit-Stil?
Und 'wann' ist das klassische Wit?

Neben der langsamen Evolution von Bierstilen sieht man auch immer wieder kleine und groessere Bruchlinien. Die zwei groessten Bruchlinien sind die allgemeine Akzeptanz von Hopfen und natuerlich Pasteur/Hansen. Bei dem (fast) aussterben und wiederbeleben von bierstile gibt es auch immer wieder solche Bruche. Das ist bei dem Wit geschehen, das ist bei dem Lambiek/Geuze geschehen und auch bei Porter/Stout & IPA. Marketing macht es mit der Romantisierung von alles um Bier auch schwieriger um es Leute deutlich zu machen wie es war. Fast alles was ueber zum Beispiel die Historie von Lambiek geschrieben ist ist Phantasie und falsch. Mehr als die Haelfte was ueber IPA's geschrieben wurde ist falsch und ersonnen, usw.

Ingo
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#39

Beitrag von gulp »

Mal sehen, hier kommen drei Zutatenlisten.

1.
PaleMalt 95 %
Zucker 5 %
Brewers Gold 60 min
Saazer 30 min
soll ergeben:
34 IBU, 5 % Alk.

2
97 % PiMa
3 % Carahell
Saazer 70 min
Saazer 10 min
soll ergeben:
ca. 40 IBU, 4,8% Alk.

3
94 % PiMa
6 % Zucker
Magnum 60 min
Hallertauer Mittelfrüh 20 min
Styrian Celeja 10 min
soll ergeben:
ca. 40 IBU, 5,7 % Alk.


Welche Hefe gehört wo hin?
Safale S 04, W 34/70, Safbrew Abbaye

Bitte keine Diskussion zu den verwendeten Hefen. Ich will nur darauf aufmerksam machen, wie eng so manche Stile beieinander liegen.

Gruß
Peter
>>Impfung rettet Leben und Kultur!<<

Ein Bayer ohne Bier ist ein gefährlich Thier!

https://biergrantler.de
https://stixbraeu.de
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#40

Beitrag von jemo »

tauroplu hat geschrieben:... wobei ich aber glaube, dass biem Wit die Weizenrohfrucht – neben den Gewürzen – den Hauptaromenbestandteil bilden und die Hefe eine eher untergeordnete Stellung einnimmt (munkel, munkel).
Ist nicht richtig, das Aroma kommt primär von der Hefe. Die Gewürze schmeckt man - richtig eingesetzt - nicht bewusst raus.
Viele Grüße,
Jens
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#41

Beitrag von Seed7 »

gulp hat geschrieben: wie eng so manche Stile beieinander liegen.
Yep.

Ingo
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#42

Beitrag von tauroplu »

...dann scheint Hoegaarden was falsch zu machen.
Beste Grüße
Michael

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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#43

Beitrag von tauroplu »

@Peter: Oh, ein Rätsel!

1. S-04
2. W34/70
3. Safbrew Abbaye

Tät ich sagen.
Beste Grüße
Michael

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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#44

Beitrag von flying »

tauroplu hat geschrieben:Zitat: „Ja nee, iss klar. So ein Cantillon Iris ist im Prinzip ja auch nur ein gekipptes Altbier“

Aber sicher ist es das (Unterstellung, ich weiß). Welcher Brauer, der halbwegs bei (Brau-) Verstand ist, schmeißt denn z.B. bewusst gealterten Hopfen (auch wenn Hopfen zu der Zeit sicherlich ein teures Ingredienz war) in sein Bier oder verwendet Mikroorganismen, die „Aromen“ nach Pferdeschweiß erzeugen? Derartige Gerüche gehören unter den Pferdesattel und haben m.E. im Bier nichts zu suchen.
Dienjenigen natürlich, die so etwas mögen, können, sollen, dürfen das ja auch ruhig tun, aber ich weigere mich weiterhin zu glauben, dass derartige Kreationen das Ergebnis ausgeklügelter, historisch gewachsener Brauentwicklung sein sollen. Sowas wie Marketing gab es ganz sicher auch damals schon, man muss es halt nur richtig verkaufen.
Aber deratige kulinarische Ausfälle gibt es ja auch in anderen (kulturellen) Lebensmittelbereichen (Surströmming, um nur mal ein Beispiel zu nennen). Aber ich schweife ab…

Du magst auch sicher lieber Bayrisch- statt Sauerkraut? Wenn jetzt z. B. vor 1000 Jahren jemand auf den Gedanken gekommen wären, den Weißkohl statt mit Säure, mit Bitterstoffen (wie Hopfen) haltbar zu machen. Dann hätten wir heute lecker Bitterkohl. Schmeckt zwar total Scheiße aber über die Jahrhunderte hätten wir uns dran gewöhnt und sind darauf geprägt. Nehmen wir mal an in dieser alternativen Realität gäbe es ein kleines Land, sagen wir mal Belgien, da gibt es noch einen geringen Anteil an Sauerkohlessern, also Leute die freiwillig verdorbenen Kohl fressen...widerlich :P :Wink
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#45

Beitrag von Ladeberger »

Ganz zu schweigen von diesen Franzosen, die Muttermilch von Hausrindern umkippen und von einem Schimmel überwachsen lassen. Camembert oder wie das Zeug heißt. Kulinarischer Totalausfall.

Gruß
Andy
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#46

Beitrag von Seed7 »

Na ja, wer Sauerbier nicht mag sollte es nicht trinken,
wer "Lawn mower beer" nicht mag sollte den Rasen nicht maehen,
no_lawn_mower.jpg
no_lawn_mower.jpg (196 KiB) 9476 mal betrachtet
Ingo (und dann gibt es noch welche die tun Butter in Milch?)
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#47

Beitrag von tauroplu »

Mooooment a mal…also erstens würde ich keinen Bitterkohl essen (genausowenig wie ich Sauerbier trinken würde) und zweitens ist Edelschimmel ja nochmal was anderes als eine Zuckerlösung, die spontan mit irgendwas vergoren wird.
Und…äh…drittens, nur weil seit Jahrhunderten vergammelter Fisch gegessen wird (Surströmming) muss das ja nicht unbedingt eine lohnenswerte historische Tat sein, der man nacheifern sollte. Haltbarmachen ist das Eine, vergären ohne so wirklich zu wissen, was da alles drin ist (neben den z.B. nur im Tal der Senne vorkommenden Mikroben, um mal beim Beispiel Belgien zu bleiben) das Andere. Sauerbiere sind m.E. nicht deswegen produziert worden, um sie haltbar zu machen, sondern sie sind aus ehedem mal umgekippten Bieren entstanden.
Wo wir grad bei Belgien sind, dass es eine hohe Kunst zu sein scheint, mehrere Lambicjahrgänge zu Geuzes zu verschneiden und dass das aufwändig ist und viel Erfahrung und Zeit benötigt, streite ich ja nicht ab. Aber es ist und bleibt eine sauer gewordene, länger gelagerte alkoholische Flüssigkeit, die von mir aus extrem komplex ist, deren ausladender Aromenreichtum sich mir aber auch nach wiederholter Testung nicht erschließen will. Vermutlich fehlt mir wohl die eine oder andere Geschmackspapille, um das geschmacklich oder historisch würdigen zu können.
Sei es drum: Jeder, der sowas mag, soll es ruhig trinken, aber mir geht dieses historische Gewese um derartige „Spezialitäten“ halt extrem quer runter.
Denn nicht alles, was sich historisch im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat, muss deswegen nicht automatisch für würdigungswert erachtet werden. Oft will man uns das aber weismachen.

Ich mag übrigens Camembert und Sauerkraut recht gern.
Ach, ja, hab ich kürzlich ein Sauerkrautbier getrunken…nun ja…dann doch lieber Sauerkraut. Es ist halt nicht meins, muss es ja auch nicht. Ich habe es mehrfach versucht. Und wenn ich dann höre, dass bestimmte Biere (u.a. auch extreme Rauchbiere) erst nach der x-ten Flasche schmecken sollen, dann sträuben sich mir halt die Nackenhaare, denn dann stimmt da was nicht. Ich mag es ja nicht deswegen nicht, weil es ungewöhnlich oder überraschend ist (wie so manche exotischen Gewürze, die ich sehr liebe), sondern weil es mir nicht schmeckt, auch nicht wenn es eine historische, lange Tradition hat.

@Ingo: Darum geht es aber nicht, ich trinke ja Sauerbier deswegen auch nicht (probieren tue ich es hingegen dann und wann aber doch mal, das gehört halt dazu, wenigstens ein klitzekleines Bischen mitreden zu können).
Beste Grüße
Michael

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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#48

Beitrag von §11 »

Das leidige Thema:" Bier muss halt noch immer dem Trinker schmecken"

Geschmack veraendert sich und Geschmack ist kulturell "anerzogen" und kann natuerlich gezielt beeinflusst warden, ob nun bewusst (Training) oder unbewusst. Aber darum geht es doch auch gar nicht. Genau so grossartig wie unsere heutige Biervielfalt doch ist, genau so grossartig ist doch die Erkenntnis und die Freiheit des individuellen Geschmacks. Warum muss ich mich quaelen und mir einen Geschmack anerziehen/ antrainieren, wenn ich Ihn doch nicht mag?

Jan
„porro bibitur!“
Die Seite zum Buch "Bier brauen" https://www.jan-bruecklmeier.com/
Die Seite zur HBCon https://heimbrauconvention.de/
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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#49

Beitrag von tauroplu »

Ich bin ganz bei Dir Jan, aber so wie es bei allen Bieren ist oder sein kann, hätte ja auch mal eine Charge dabei sein können, die nicht gut gelungen war. Zudem habe ich immer wieder mal den Tipp bekommen, dass nur bestimmte Brauereien eine wirklich gute Sauerbierqualität erzeugen. Manchmal ist der Biergeschmack ja auch stimmungs- oder jahreszeitabhängit, also hab ich immer wieder mal probiert (von den Brettbieren lasse ich allerdings schon seit Längerem die Finger und werde das auch nicht weiter probieren). Ich fänd es extrem unsachlich, mal so zwischen Tür und Angel einen Bierstil zu probieren und den dann geschmacklich für ungeeignet zu halten, um dann irgendwann mal festzustellen, dass er vielleicht doch gar nicht mal so schlecht schmeckt.
Beste Grüße
Michael

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Re: Bierstile - Stilecht oder nicht?

#50

Beitrag von Boludo »

Sauerbier ist wirklich schwierig. Bei mir hat´s bei Hagen im Garten zu später Stunde "klick" gemacht, da waren ein paar wirklich geniale selbergemachte Sachen dabei. Seither lasse ich mich wirklich gerne dafür begeistern. Das hat aber wirklich lange gedauert.
Man muss da ein wenig das vergessen, was man normalerweise von Bier erwartet, da das eine ganz neue Welt ist. Man trinkt da auch keine großen Mengen.

Stefan
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