Gär- und Lagerführung

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Bierokrat
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Gär- und Lagerführung

#1

Beitrag von Bierokrat »

Hallo,

vor ein paar Tagen kam endlich ein Traum von Reifekammer nach Hause. :thumbsup Ein schöner große Gefriertruhe mit gut 369 Liter Platz im inneren. :Pulpfiction
Zusammen mit nem externen Thermostat soll das Ding zum Reifen von Bier und als Grundlage zum Vergären von UG-Bier dienen.

Leider ists natürlich so, dass sich auch mal parallel zum Gären schon vorhandenes Bier in der Reifung befindet. Wenn ich mal auf ne UG-Temperatur von 8-10°C regel ist das aber schon einiges über der optimalen Reifetemperatur von 0-4° laut Hanghofer.
Wie wirkt sich denn die Temperatur bei der Reife aus?
Insbesondere, wenn die Temperatur während der Reifung alle Schieß lang geändert wird.

Klar ist natürlich, dass ich beim Gären nicht auf 0-4°C gehen kann, sondern hier die Gärtemperatur der jeweiligen Hefe Vorrang hat. :puzz
Hier würde ich aber in solchen Fällen eher auf die untere Temp der UG-Hefe gehen. So ok? Oder handel ich mir damit anderweitige Probleme ein?

Grüße,
Bernd.
Prost!
Dr.Edelherb

Re: Gär- und Lagerführung

#2

Beitrag von Dr.Edelherb »

Zum Reifen sind 5-10°C doch völlig i.O.
Ich hab eine Truhe die ist auf 5°C eingestellt, da kommen die Biere nach der Nachgärung rein (ca. 2 Wochen), und dann noch eine die läuft auf -1°C zum lagern.
Hätte ich nicht die Möglichkeit die Gärtemperatur dank Chronical und Durchlaufkühler direkt im Gärbehälter zu regeln, würde ich das genauso machen wie du es jetzt vorhast.
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Bierokrat
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Re: Gär- und Lagerführung

#3

Beitrag von Bierokrat »

Des hört sich doch schon mal gut an! Puh! Für ne zweite Gefriertruhe geht mir nämlich schön langsam der Platz aus. (wenn ich noch als halbwegs Zurechnungsfähig angesehen werden möchte :puzz )

Noch ne weitere Frage an andere Gefriertruhenbesitzer:
Im Rechten Teil ist ein Absatz unter dem sich wohl Kompressor und eine Kühleinheit?? befinden. An der Kante des Absatzes gibs nun eine Kunststoffwand, die man herausnehmen kann.
Dient wohl (wenn mans eingelegt hat) zum schnelleren Einfrieren. D. h. da sind wohl besonders viele (?) Kühlelemente verbaut.
Gibt's da Probleme, wenn ich da noch nen Kasten drauf setz?
Die Kühlelemente sind ja doch kälter als die Durchschnittstemperatur in der Truhe. Wobei die kurze Anschaltzeit der Truhe da vermutlich nicht viel ausmachen dürfte.
Prost!
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nippie
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Re: Gär- und Lagerführung

#4

Beitrag von nippie »

Hallo Bernd,

ich habe eine temperaturgesteuerte TK Truhe und nutze diese auch zur Vergärung UG und zur Lagerung. Ich habe mich in den letzten Wochen ziemlich viel zum Thema Gärführung, Reifung und Lagerung durchgelesen. So ziemlich alles, was es hier im Forum zu finden gibt und was ich sonst in der mir zur Verfügung stehenden Literatur gefunden habe.

Mein Fazit: Nichts genaues weiß man nicht. Also bei der Gärung herscht noch (einigermaßen) Einigkeit. Dann ist aber auch schon Schluss. Zum einen werden überall die Begriffe Reifung und Lagerung vermischt oder vertauscht oder als das Gleiche betrachtet. Und selbst, wenn man sich über die Begriffe mal einig ist, zieht dann doch wieder jeder andere Konsequenzen für die notwendige Dauer und die empfohlenen Temperaturen. Die einen sagen dann, dass man bei der Lagerung/Reifung der Industrie nacheifern solle (Argument: "die wissen ja, wie es geht"). Die anderen sagen, dass man genau dies nicht tun soll (Argument "die Industrie hat andere Anlagen" oder "bei denen muss es schnell gehen"). Beide Seiten leuchten völlig ein.

Ich habe daraus folgendes für mich abgeleitet (ich fülle in Kegs und Zwangskarbonisiere, wer nachgärt kann/muss ggf. etwas anderes machen):

1.) UG Gärung (je nach Hefe und erhofftem Resultat) kalt starten (8-10°C)
2.) Temperaturen nach und nach hochfahren. Nach der wilden Phase produziert die Hefe bei höheren Temperaturen keine nennenswerten Fehlgeschmäcker mehr, dafür geht es insgesamt schneller. Am Ende ggf. sogar Richtung Raumtemperatur zum Diacetyl-Abbau
3.) Cold Crash und abfüllen
4.) zwei-vier Wochen reifen bei ca. 10°C
5.) danach lagern bei ca. 0-4°C

Das ist sozusagen mein "Idealprozess". Sobald sich verschiedene Prozessschritte von zwei Suden widersprechen (Sud 1 will vergoren, Sud 2 will gelagert werden), gewinnt immer der Gärprozess. D.h. meinem fertigen Bier werden ein paar Tage 8-20°C nicht schaden, meinem in Gärung befindlichen werden 0-4°C hingegen sehr schaden. Eine zweite oder dritte Truhe (o.ä.), um gleichzeitig verschiedene Temperaturen zu steuern ist für mich overengineering ;-)

Wenn ich bei der Reifung oder Lagerung einen "Fehler" mache, kann das kaum schlimm sein, da andere Brauer genau diesen "Fehler" hier als richtig beschreiben würden :thumbsup

LG Nicky
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§11
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Re: Gär- und Lagerführung

#5

Beitrag von §11 »

Das Problem beim Thema Gaerung und Reifung ist, das man beide nicht sauber von einander trennen kann. In der Fachwelt/ Fachliteratur hat man sich auf zwei "Definitionen" geeinigt (zumindest machen das vier von fuenf Autoren). Demnach laufen die Vorgaenge teilweise parallel ab. Die Gaerung ist durch den Aufbau sog. Bukettstoffe charakterisiert, die wir hier im Forum oft als Gaernebenprodukte bezeichnen, waehrend die Reifung durch den Abbau sogenannter Jungbukettstoffe charakterisiert ist. WIe gesagt, manche Phasen laufen, gesteuert durch den Hefestoffwechsel nacheinander ab (z.B. haben Hefen eine bestimmte Reihenfolge wie sie die unterschiedlichen Aminosaeuren verstoffwechseln) andere laufen parallel ab. Der Vorteil den grosse Brauereien haben, der uns aber verwehrt bleibt, beide Vorgaenge lassen sich auf Grund von "Trackersubstanzen" messen und bewerten. Fuer die Reifung warden vor allem die vincinalen Diketone (Diacetyl) und Acetaldehyd verfolgt. Durch diese Moeglichkeit war es aber moeglich ideale Gaerungs- und Reifungsprozesse zu entwickeln.

Geht man nun vom Gehalt des Diacetyls aus, gibt es zwei Ansatzpunkte die erstmal gegenlaeufig klingen. Hefe baut umso mehr Diacetyl auf, desto waerme die Gaerung ablaeuft. Allerdings baut Hefe auch umso schneller Diacetyl ab, je waermer die Fermentation ablaeuft. Das Abbaupotential ist dabei etwa um den Faktor 10 hoeher als die Bildung, aber Auf- und Abbau finden nicht 100% parallel statt und ist zudem vom Hefestamm abhaengig.

Logische Schlussfolgerung, eine zu kalte Reifung ist nicht immer das gelbe vom Ei. Sinnvoll sind kalte Gaerung und entweder sehr lange kalte Reifung oder eben eine Reifung die zumindest Warmphasen beinhaltet.

Jan
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Re: Gär- und Lagerführung

#6

Beitrag von nippie »

§11 hat geschrieben: Logische Schlussfolgerung, eine zu kalte Reifung ist nicht immer das gelbe vom Ei. Sinnvoll sind kalte Gaerung und entweder sehr lange kalte Reifung oder eben eine Reifung die zumindest Warmphasen beinhaltet.

Jan
Hallo Jan,

was ist für dich eine kalte Reifung? 0°C? 10°C? X°C?
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§11
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Re: Gär- und Lagerführung

#7

Beitrag von §11 »

nippie hat geschrieben:
§11 hat geschrieben: Logische Schlussfolgerung, eine zu kalte Reifung ist nicht immer das gelbe vom Ei. Sinnvoll sind kalte Gaerung und entweder sehr lange kalte Reifung oder eben eine Reifung die zumindest Warmphasen beinhaltet.

Jan
Hallo Jan,

was ist für dich eine kalte Reifung? 0°C? 10°C? X°C?
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§11
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Re: Gär- und Lagerführung

#8

Beitrag von §11 »

§11 hat geschrieben:
nippie hat geschrieben:
§11 hat geschrieben: Logische Schlussfolgerung, eine zu kalte Reifung ist nicht immer das gelbe vom Ei. Sinnvoll sind kalte Gaerung und entweder sehr lange kalte Reifung oder eben eine Reifung die zumindest Warmphasen beinhaltet.

Jan
Hallo Jan,

was ist für dich eine kalte Reifung? 0°C? 10°C? X°C?
Zwischen -1 und +4C
UG versteht sich :Wink
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Bierokrat
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Re: Gär- und Lagerführung

#9

Beitrag von Bierokrat »

Wow. Danke für die Erklärungen, Jan und Nicky!
Dann wird ich mir mal beim Reifeprozess nicht den Kopf machen, wenn die Temp bei 8-10°C liegt.
Meine bisherigen Reifungen waren auch eher ein "So wie's halt ist-Prozess" :redhead
Zumal alle obergärig.
Bier ist es aber immer geworden. Vielleicht nicht immer perfekt und das mit dem Schaum üben wir auch nochmal. :redhead
Prost!
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Re: Gär- und Lagerführung

#10

Beitrag von danieldee »

§11 hat geschrieben:Das Problem beim Thema Gaerung und Reifung ist, das man beide nicht sauber von einander trennen kann. In der Fachwelt/ Fachliteratur hat man sich auf zwei "Definitionen" geeinigt (zumindest machen das vier von fuenf Autoren). Demnach laufen die Vorgaenge teilweise parallel ab. Die Gaerung ist durch den Aufbau sog. Bukettstoffe charakterisiert, die wir hier im Forum oft als Gaernebenprodukte bezeichnen, waehrend die Reifung durch den Abbau sogenannter Jungbukettstoffe charakterisiert ist. WIe gesagt, manche Phasen laufen, gesteuert durch den Hefestoffwechsel nacheinander ab (z.B. haben Hefen eine bestimmte Reihenfolge wie sie die unterschiedlichen Aminosaeuren verstoffwechseln) andere laufen parallel ab. Der Vorteil den grosse Brauereien haben, der uns aber verwehrt bleibt, beide Vorgaenge lassen sich auf Grund von "Trackersubstanzen" messen und bewerten. Fuer die Reifung warden vor allem die vincinalen Diketone (Diacetyl) und Acetaldehyd verfolgt. Durch diese Moeglichkeit war es aber moeglich ideale Gaerungs- und Reifungsprozesse zu entwickeln.

Geht man nun vom Gehalt des Diacetyls aus, gibt es zwei Ansatzpunkte die erstmal gegenlaeufig klingen. Hefe baut umso mehr Diacetyl auf, desto waerme die Gaerung ablaeuft. Allerdings baut Hefe auch umso schneller Diacetyl ab, je waermer die Fermentation ablaeuft. Das Abbaupotential ist dabei etwa um den Faktor 10 hoeher als die Bildung, aber Auf- und Abbau finden nicht 100% parallel statt und ist zudem vom Hefestamm abhaengig.

Logische Schlussfolgerung, eine zu kalte Reifung ist nicht immer das gelbe vom Ei. Sinnvoll sind kalte Gaerung und entweder sehr lange kalte Reifung oder eben eine Reifung die zumindest Warmphasen beinhaltet.

Jan

Hi Jan,

könntest du an einem konkreten Beispiel die Gär/Lager/Reifeführung zeigen, in einem Zeitstrahl mit Temperaturen?

Ganz schlüssig ist es mir noch nicht!

Das wäre doch ein prima EIntrag im Wiki wert wenn du das ein wenig präsentieren könntest?!

Danke schonmal,

Gruß Daniel
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Re: Gär- und Lagerführung

#11

Beitrag von danieldee »

Achso und am besten für ein Untergäriges!
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Re: Gär- und Lagerführung

#12

Beitrag von Fle4 »

Unterscheiden sich den unter- und obergärige Bier in der Reifephase?
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Boludo
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Re: Gär- und Lagerführung

#13

Beitrag von Boludo »

Ja.
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Re: Gär- und Lagerführung

#14

Beitrag von Fle4 »

Dann muss ich besser fragen:
Muss ich sie im Anschluss an die Nachgärung bei unterschiedlichen Temperaturen reifen lassen? Und wenn ja bei welchen?

Gruß flo
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Re: Gär- und Lagerführung

#15

Beitrag von Fle4 »

Guckst du hier:
viewtopic.php?f=7&t=212

Gruß
Flo
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