Hallo Bernd,
ich habe eine temperaturgesteuerte TK Truhe und nutze diese auch zur Vergärung UG und zur Lagerung. Ich habe mich in den letzten Wochen ziemlich viel zum Thema Gärführung, Reifung und Lagerung durchgelesen. So ziemlich alles, was es hier im Forum zu finden gibt und was ich sonst in der mir zur Verfügung stehenden Literatur gefunden habe.
Mein Fazit: Nichts genaues weiß man nicht. Also bei der Gärung herscht noch (einigermaßen) Einigkeit. Dann ist aber auch schon Schluss. Zum einen werden überall die Begriffe Reifung und Lagerung vermischt oder vertauscht oder als das Gleiche betrachtet. Und selbst, wenn man sich über die Begriffe mal einig ist, zieht dann doch wieder jeder andere Konsequenzen für die notwendige Dauer und die empfohlenen Temperaturen. Die einen sagen dann, dass man bei der Lagerung/Reifung der Industrie nacheifern solle (Argument: "die wissen ja, wie es geht"). Die anderen sagen, dass man genau dies nicht tun soll (Argument "die Industrie hat andere Anlagen" oder "bei denen muss es schnell gehen"). Beide Seiten leuchten völlig ein.
Ich habe daraus folgendes für mich abgeleitet (ich fülle in Kegs und Zwangskarbonisiere, wer nachgärt kann/muss ggf. etwas anderes machen):
1.) UG Gärung (je nach Hefe und erhofftem Resultat) kalt starten (8-10°C)
2.) Temperaturen nach und nach hochfahren. Nach der wilden Phase produziert die Hefe bei höheren Temperaturen keine nennenswerten Fehlgeschmäcker mehr, dafür geht es insgesamt schneller. Am Ende ggf. sogar Richtung Raumtemperatur zum Diacetyl-Abbau
3.) Cold Crash und abfüllen
4.) zwei-vier Wochen reifen bei ca. 10°C
5.) danach lagern bei ca. 0-4°C
Das ist sozusagen mein "Idealprozess". Sobald sich verschiedene Prozessschritte von zwei Suden widersprechen (Sud 1 will vergoren, Sud 2 will gelagert werden), gewinnt immer der Gärprozess. D.h. meinem fertigen Bier werden ein paar Tage 8-20°C nicht schaden, meinem in Gärung befindlichen werden 0-4°C hingegen sehr schaden. Eine zweite oder dritte Truhe (o.ä.), um gleichzeitig verschiedene Temperaturen zu steuern ist für mich overengineering ;-)
Wenn ich bei der Reifung oder Lagerung einen "Fehler" mache, kann das kaum schlimm sein, da andere Brauer genau diesen "Fehler" hier als richtig beschreiben würden
LG Nicky