Hallo zusammen,
in dem eingangs von Hubert zitierten Artikel aus der "Brauindustrie" 1/2020 wird ausführlich auf die Struktur der Stärkekörner und die molekularen Vorgänge im Prozess der Verkleisterung eingegangen. Der Artikel wird sicher demnächst auch online im
Archiv der Zeitschrift verfügbar sein, ich stelle dann noch den Link hier rein.
Seed7 hat geschrieben: Freitag 17. Januar 2020, 13:50
Zur verkleisterung, es ist ein traject das bei jedes getreide anders ist. Die verkleisterung ist auch wieder 'teilweise rueckgaengig zu machen, die staerke kann wieder kristallisieren.
Ja genau. Die Verkleisterungstemperatur ist ein im Labor gemessener Wert, der einen Vergleich von im gleichen Meßsystem gemessenen Proben ermöglicht. Sprich, es ist ein relativer Meßwert, der am meisten durch Vergleiche
im selben System Sinn ergibt.
DerDerDasBierBraut hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2020, 09:12
Basierend auf der Tatsache, dass beim Einmaischen bei der Dekoktion genug Enzyme in der Dünnmaische hängen bleiben, um die Stärke der gekochten Dickmaische später zu zerlegen, gehe ich davon aus, dass die Freisetzung der Enzyme unabhängig von der Verkleisterung abläuft.
Die Aktivierung der stärkeabbauenden Enzyme beginnt schon in der Mälzerei beim Keimen (wenn mans übertreibt gibt es "Schwand"). Enzyme funktionieren nur in wäßriger Umgebung, und beim Schwelken dann werden sie in aktiver (löslicher) Form konserviert, so dass sie beim Einmaischen sofort wieder loslegen können. Das ist wichtig für die weiteren Stufen des Stärkeabbaus, Verflüssigung und Verzuckerung. Es laufen beim Maischen mehrere Prozesse parallel ab, die sich gegenseitig beeinflussen. Die Amylasen warten nicht, bis die Stärke vollständig verkleistert ist: sobald die Stärke von außen beginnend hinreichend mit Wassermolekülen umgeben ist, greifen die Amylasen zu und unterstützen damit auch den weiteren Verkleisterungs-/Verzuckerungsprozess.
amplitude hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2020, 11:36
Wie siehts denn aus mit Malzen aus Wintergerste?
Grundsätzlich genauso wie mit der Sommergerste: den größten Einfluß haben die Aufwuchsbedingungen (sprich Trockenheit). Wintergerste ist enzymstärker als Sommergerste.
Mittlerweile gibt es Züchtungsversuche für trockenresistentere Gerstensorten, um auf den Klimawandel zu reagieren. Aber bis diese Gersten auf dem Acker stehen, vergeht noch etwas Zeit... Außerdem wird Gerste in vielen weit auseinander gelegenen Regionen von Europa angebaut, außerdem in Nordamerika und Australien. Irgendwo wird schon Gerste mit Brauqualität wachsen.
Pivnice hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2020, 16:34
... wie man am sinnvollesten mit der Herausforderung Verkleisterungstemperatur umgeht.
Möglichkeiten sind in dem eingangs zitierten Artikel und auch hier im Thread erwähnt:
- aktuelle Malzanalyse kennen und drauf reagieren können
- die wichtigen Parameter Viskosität der Maische, Sudhausausbeute, EVG/Restextrakt, Läuterschwierigkeiten, Trübungen beobachten
- pH und Salzkonzentration optimal für höchstmögliche Enzymaktivität
- Erhöhung der Rasttemperatur auf 63-64°C, ggf. sogar noch höher; Verlängerung der Rastzeit
- Verringerung des Gußverhältnisses (ich bleib dabei, Hubert!

)
- Teilmaischen bei höherer Temperatur
- Kombirast / Zwischenrast bei 67°C
- Dekoktion
- Zusatz von Enzympräparaten
- Schlimmstenfalls andere Stärkequellen verwenden (und das Produkt dann umbenennen...)
Gruß Matthias