M79576 hat geschrieben: Dienstag 15. März 2022, 18:26
Hallo,
zu dem Thema gibt es von Brewdog eine Gegendarstellung, die zumindest Zweifel aufkommen lassen wie akkurat in dem BBC Beitrag recherchiert wurde.
Im Beitrag selbst werden auch des öfteren Zitate und Gegendarstellungen der beschuldigten Person gebracht.
Ein Grundproblem investigativer journalistischer Beiträge ist, dass diesen oft vorbehaltlos geglaubt wird. Mir sind genug Beispiele erinnerlich, in denen Fakten frei erfunden wurden und Interviews so zusammengeschnitten wurden, um Beteiligte möglichst negativ aussehen zu lassen. Alles damit es zur Story passt. Journalisten sollten sich zwar um Objektivität bemühen, das Ergebnis ist trotzdem immer eine subjektive Sichtweise. Journalisten arbeiten in einem kompetetiven Umfeld, in dem schlechte Nachrichten leichter Gehör finden.
Ich würde mich selber als kritischen Geist bezeichnen und glaube keineswegs alles vorbehaltlos. Ich finde auch die um sich greifende Cancel Culture zum Kotzen und extrem destruktiv, darum möchte ich meinen Beitrag keineswegs in diese Richtung gehend verstanden wissen. Aber wenn du (beispielsweise) sagst, dass du an Stelle xy Bäume pflanzen wirst und dann sind dort keine Bäume, kann ich noch so viele Interviews zusammenschneiden. Es geht um Fakten und diese wurden gebracht.
Zugegebenermaßen finde ich das Thema mit der sexuellen Belästigung etwas zu sehr aufgebauscht, hier scheint einfach eine miese Persönlichkeit dahinter zu stehen. Damit ist er bei weitem nicht alleine auf dieser Welt (was natürlich nix entschuldigt) und es ist auch nicht ausschlaggebend für die Firma ansich, sondern sagt eben etwas über seine Person aus.
Für den BBC Beitrag ist mir meine Zeit zu schade.
Schwierig, auf etwas zu antworten, was man gar nicht gesehen hat.
Und, bevor ich ein Bier kaufe, will ich nicht erst die kompletten Nachhaltigkeitsberichte der Brauereien lesen und deren Wahrheitsgehalt recherchieren. Ob sich Brewdogs statements hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit von den statements anderer Brauereien in Bezug auf ihren Wahrheitsgehalt positiv oder negativ abheben ist mir echt egal.
Zur Wahrheit gehört auch, dass Bier ein Genussmittel ist dessen Herstellung und Vermarktung immense Ressourcen verbraucht, ebenso wie 'googeln' oder Videos streamen.
Werde ich aber nicht drauf verzichten und nicht bewusst einen Bogen um Brewdog produkte machen.
Hab ich noch nie gemacht und is mir auch egal. Hier gehts um was völlig anderes, nämlich falsche Versprechungen zu machen, um den Umsatz und Profit zu steigern.
Wenn eine Brauerei (wie The Alchemist zb) einen besonders starken Drang hat, nachhaltig zu produzieren, Müll zu vermeiden und seine Angestellten fair zu behandeln und zu entlohnen, dann ist dies extrem löblich und hervorzuheben, aber für mich kein Grund, nur noch Biere von dieser Brauerei zu kaufen. Meistens weiß man das ja auch gar nicht vorher, sondern hört erstmal nur: "geiles Bier, musst probieren", was man dann auch in weiterer Folge macht.
Aber nur weil es um ein Genussmittel geht, muss man nicht alle Werte über Bord werfen und ein mit Kohlestrom produziertes IPA aus den Tränen gefolterter Waisenkinder trinken, die anschließend im Sud mitgekocht wurden. Hier muss selbstverständlich jeder seine eigene Grenze ziehen, manche Leute würden sich bestimmt genau deshalb ein Sixpack davon holen.
Und dass Google böse Sachen macht und einen sehr hohen Stromverbrauch bei Verwendung mit sich bringt, ist auch kein Geheimnis. Darum gibts ja Alternativen dazu, die sich etablieren, das ist Marktwirtschaft. Bei der Suchmaschine Ecosia werden (angeblich) für jede Suchanfrage Bäume gepflanzt, das ist deren Marketingversprechen und vmtl. auch ein wichtiger Grund, wieso die existieren. Wenn sie stattdessen aber für jede Suchanfrage drei Bäume fällen, wars das mit der Kundentreue.
Und ähnlich find ichs von Brewdog, dass sie "Punk" sein wollen, einen auf anarchisch machen und dann Anteile ihrer Firma verkaufen, privat 100 Mio. kassieren, um anschließend zu ihrer Fanbasis zu gehen und ein Crowdfunding-Projekt starten damit Kohle reinkommt, um die Interessen der Investoren zu bedienen. Aber laut Bericht scheint das nunmal ihr Geschäftsmodell zu sein und wenn man damit kein Problem hat, kann man das ja unterstützen (und sich auch aktiv einkaufen).
Mir gings in erster Linie darum aufzuzeigen, dass man aufgrund des Berichtes glauben könnte, sie würden alles machen und sagen, um den Wert ihrer Firma (und des persönlichen Besitzes) weiter zu steigern, ohne sich anschließend darum zu kümmern, ob dies auch eingehalten wird. Und wenn ich mir selber auf die Fahnen hefte, ein super Arbeitgeber sein zu wollen und meine Mitarbeiter gut behandeln möchte, dann sollte ich den Fokus darauf legen und nicht auf eine Profitmaximierung auf Kosten dieser meiner Ideale.
Zitat hierzu aus dem offenen Brief und
einem früheren BBC Artikel:
"You spent years claiming you wanted to be the best employer in the world, presumably to help you to recruit top talent, but ask former staff what they think of those claims, and you'll most likely be laughed at.
"Being treated like a human being was sadly not always a given for those working at Brewdog."
Wenn man solche großen Versprechungen von Anfang an nie tätigt, ist ja alles in Butter und keiner erwartet sich was. Man ist ein weiterer Arbeitgeber unter vielen. Wenn man aber damit Marketing betreibt, sich ein gewisses Image verleiht und dann konträr dazu handelt, find ich das nicht unterstützenswert.
Andlix hat geschrieben: Dienstag 15. März 2022, 18:36
Ich Frage mich auch, ob du nicht zu viel in den Ansichten von den Gründern rein interpretiert.
Die wollen gutes Bier herstellen, dass sich von dem Standard abhebt und das ist eindeutig immer noch der Fall.
Zusätzlich haben die noch einen riesigen Erfolg und haben den Mainstream erreicht.
Ich sehe an letzteren nichts verwerfliches.
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Gruß
Andy
Ich auch nicht, das ist ja Sinn davon, ein Geschäft zu betreiben. Gut darin zu sein und schlussendlich auch zu wachsen. Weiters sind auch ihre Kooperationen mit vielen kleineren Brauereien absolut positiv hervorzuheben. Mir gehts wie gesagt nicht darum, ihnen den Erfolg nicht zu gönnen, sondern um ihr Geschäftsgebaren.
Vielleicht bin ich in gewisser Weise auch zu sehr Idealist, aber es gibt ja glücklicherweise genug andere gute Brauereien (meine eigene eingeschlossen).

Best practice is practice.