Aufheizen vor dem Abmaischen vergessen

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brauburli
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Aufheizen vor dem Abmaischen vergessen

#1

Beitrag von brauburli »

Hallo,

ich bin neu hier, lese aber schon eine ganze Zeit interessiert mit, vielen Dank für die guten Tips und Anleitungen.
Angefangen habe ich mit Brauboxen von Besserbrauen für die ersten Versuche, demnächst geht es dann in die 20-Liter-Klasse.

Bei einem der 4-Liter Versuche habe ich vergessen, vor dem Abmaischen auf 78°C (laut Brauanleitung) aufzuheizen :Mad2, es wurde also bei ca. 68°C abgemaischt. Was für Katastrophen kann ich erwarten?
Wozu genau dient dieses letzte Aufheizen, und wie wichtig ist es, diese Temperatur genau zu erzielen?

Danke und Grüße in die Runde
Burli
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thopo68
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Re: Aufheizen vor dem Abmaischen vergessen

#2

Beitrag von thopo68 »

Hallo Burli,
kannst entspannt sein. Die 78 Grad sind eigentlich nur dafür, die Viskosität der Würze zu verbessern, um das Läutern zu erleichtern. Kann man im Hobbybrauermaßstab vernachlässigen. Einfach nach der letzten Rast abmasichen, fertig.
Viele Grüße Thomas
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Ras Tafaric
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Re: Aufheizen vor dem Abmaischen vergessen

#3

Beitrag von Ras Tafaric »

Normal deaktivierst du die letzten Enzyme und machst die Maische schön dünnviskos, wie thopo schon sagte.
Das Enzymdeaktivieren kannst du bei uns Hobbysiedern eigentlich vernachlässigen, im schlimmsten Fall zerlegt dir die Alphaamylase noch ein paar weitere Vielfachzucker in kürzerkettige oder vergärbare Zucker, während du läuterst und anschwänzt. Aber das ist dann auch nicht mehr der Rede wert, hat eventuell einen klitzekleinen Einfluss auf den Geschmack aber nicht kriegsentscheidend. Dein Sud kühlt ja beim Läutern eh etwas raus aus den Optimumbereichen.

Mach dir keinen Kopf, für dein Bier hats keinen Einfluss den du ohne chemische Analyse feststellen könntest.
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iwoasnix
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Re: Aufheizen vor dem Abmaischen vergessen

#4

Beitrag von iwoasnix »

Ah sehr spannend, dann kann man im Hobby Bereich etwas Energie und Zeit sparen und nicht mehr auf 78° aufheizen.
Welche Temperatur ist für das Nachgusswasser dann "empfohlen"?
Bierige Grüße Stephan

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Spittyman
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Re: Aufheizen vor dem Abmaischen vergessen

#5

Beitrag von Spittyman »

iwoasnix hat geschrieben: Montag 2. September 2024, 13:47 Ah sehr spannend, dann kann man im Hobby Bereich etwas Energie und Zeit sparen und nicht mehr auf 78° aufheizen.
Welche Temperatur ist für das Nachgusswasser dann "empfohlen"?
Kannste auch mit 78 bzw. 80 Grad Celsius machen! Nur höher sollte es normalerweise nicht sein, da du sonst mehr Gerbstoffe aus den Spelzen löst!

Grüße
Fabian
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VolT Bräu
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Re: Aufheizen vor dem Abmaischen vergessen

#6

Beitrag von VolT Bräu »

Übertreibt es nicht mit dem Energiesparen. :P
Man muss ja sowieso noch kochen danach und wer möchte schon wegen ein paar Minuten oder etwas Energie eine Läuterkatatastrophe heraufbeschwören? Wenn alles im Griff ist, kann man auf den Zwischenschritt verzichten und auch den Nachguss kann man sicherlich warm/heiß aus dem Wasserhahn nehmen - aber im Zweifel lieber risikoarm arbeiten. Gibt genug, was schief gehen kann. :Wink
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Re: Aufheizen vor dem Abmaischen vergessen

#7

Beitrag von InFlames77 »

Wichtig ist vor dem Abmaischen die Jodprobe zu machen.
Die 78°C Rast ist ein wie schon mehrfach geschrieben überholt.
Gruß
Patrick

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gulp
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Re: Aufheizen vor dem Abmaischen vergessen

#8

Beitrag von gulp »

Ras Tafaric hat geschrieben: Montag 2. September 2024, 13:28 Normal deaktivierst du die letzten Enzyme und machst die Maische schön dünnviskos, wie thopo schon sagte.
Das Enzymdeaktivieren kannst du bei uns Hobbysiedern eigentlich vernachlässigen, im schlimmsten Fall zerlegt dir die Alphaamylase noch ein paar weitere Vielfachzucker in kürzerkettige oder vergärbare Zucker, während du läuterst und anschwänzt. Aber das ist dann auch nicht mehr der Rede wert, hat eventuell einen klitzekleinen Einfluss auf den Geschmack aber nicht kriegsentscheidend. Dein Sud kühlt ja beim Läutern eh etwas raus aus den Optimumbereichen.

Mach dir keinen Kopf, für dein Bier hats keinen Einfluss den du ohne chemische Analyse feststellen könntest.
Mit Verlaub, aber das ist Quatsch. Man bleibt unterhalb der 80° weil man eben NICHT will, dass die Alpha-Amylase deaktiviert wird. Das könnte Blausude nach sich ziehen, wenn man über die 80° kommt. Beim Anschwänzen wird nochmal Stärke gelöst. Für die Nachverzuckerung, darf die Alpha-Amylase nicht gekillt werden.

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Ras Tafaric
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Re: Aufheizen vor dem Abmaischen vergessen

#9

Beitrag von Ras Tafaric »

Narziss in "Die Bierbrauerei: Band 2: Die Technologie der Würzebereitung" spricht doch aber dazu:

"Wie jedoch bei den einzelnen Enzymen und Abbauvorgängen gezeigt werden konnte, werden die meisten Enzyme schon bei ihren Optimaltemperautren stark geschwächt. Auch bei Infusionsverfahren ist die Alpha-Amylaseaktivität beim Abmaischen nur mehr 10-15%. Bei einer Endtemperatur von 78°C und einer guten Isolierung von Läuterbottich und Vorlaufgefäß treten sicher kaum mehr weitere Umsetzungen ein."
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Re: Aufheizen vor dem Abmaischen vergessen

#10

Beitrag von iwoasnix »

Ras Tafaric hat geschrieben: Dienstag 3. September 2024, 21:37 ... werden die meisten Enzyme schon bei ihren Optimaltemperautren stark geschwächt. ....
das macht doch irgendwie keinen Sinn?

Hat es einen Vorteil, im Hobbybereich, auf 78° aufzuheizen? Gut wird es den Enzymen nicht tun


PS: ich habe bisher auch immer auf 78° aufgeheizt, weil es so in den meisten Rezepten steht, warum konnte ich mir aber nicht eklären.
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Re: Aufheizen vor dem Abmaischen vergessen

#11

Beitrag von ggansde »

Beim korrekten Anschwänzen wird keine Stärke herausgelöst. Erhitzt man die Maische aber oberhalb 78 °C oder schwänzt mit entsprechendem Wasser an, schon. Dann sind alle Enzyme gekillt und es könnte zu einem Blausud kommen. Also, wie es im Narziss sinngemäß genau so steht.
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Ras Tafaric
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Re: Aufheizen vor dem Abmaischen vergessen

#12

Beitrag von Ras Tafaric »

OK, halten wir mal für den Lerneffekt fest (sorry fürs Thread shanghaien):
Alles über 78°C ist schlecht fürs Bier, da zum einen Reststärke ausgespült werden kann und man einen Blausud riskiert. Zum Anderen holt man sich Gerbstoffe aus den Spelzen die auch nicht grad gut schmecken dürften, wenn stark in der Würze vertreten.
Soweit ist alles verstanden.

Die Enzyme selber werden aus dem Getreide geholt und arbeiten, bis sie denaturieren. Je höher die Temperatur, desto höher die Denaturierungsrate. Die Rasttemperatur ist ein Optimum zwischen lösen und denaturieren, richtig? Betaamylase denaturiert schon bei Verzuckerungsrasttemperatur soweit, dass sie weitgehend inaktiviert ist. Alphaamylase hält mehr Temperatur durch, denaturiert aber nach Narziss bei 78°C soweit, dass kein relevanter Umsatz mehr stattfindet.
Nehm ich also 78°C und habe die Würze auch nicht grad stark abgekühlt beim Läutern, sind die Enzyme tot. Damit stabilisier ich die Würze in ihrem Status wie sie zum Abmaischen war. Macht für große Mengen an Würze und Industriebrauer durchaus Sinn um die Parameterkontrolle zu behalten.

Jetzt zur Frage: Wenn ich bei Verzuckerungsrasttemperatur abmaische, kühlt bei einem Hobbybrauersetup der Sud relativ zügig aus dem Alpha-Optimum. Damit reduzier ich den restlichen Umsatz in meiner Würze auch in einen Bereich wo der Sud stabil ist. Habe ich einen gut isolierten Läuterbottich (z.b. Thermoport?) würde ich weiterverzuckern, was an Dextrinen da ist, da die Enzyme noch eine ganze Weile weiter im Optimum bleiben. Dann würden die 78°C auch im Hobbybereich Sinn machen, oder nicht.

Alles richtig verstanden oder ein Denkfehler drin?
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gulp
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Re: Aufheizen vor dem Abmaischen vergessen

#13

Beitrag von gulp »

Mit steigender Temperatur sinkt die
Viskosität der Flüssigkeit.

Das bedeutet, daß man am schnellsten bei
100 "C abläutern würde. Da beim Anschwänzen
in jedem Fall ungelöst gebliebene Stärke aus den
Trebern gelöst wird (Fortdauern des Maischen~), kann eine Nachverzuckerung durch
a-Amylase nur erfolgen, solange diese nicht
durch Temperaturen über 78 "C inaktiviert
wurde. Läutern bei 100°C hat demzufolge
immer Blausude im Gefolge.
Da die a-Amylase bei 80 "C zerstört wird, ist
man gezwungen, beim Abläutern unter dieser
Temperatur zu bleiben.
Aus dem Kunze, Technologie Brauer und Mälzer, Berlin : VLB, 1998
7. Aufl. U. d.T.: Kunze, Wolfgang:
Technologie Brauer und Mälzer S. 245.

Die von Narziß angegebenen 10-15 % Aktivität der Alpha-Amylase reicht also wohl für die Restverzuckerung aus.
Aus der Erfahrung hier im Forum lässt sich auch sagen, dass es viele Blausude gegeben hat, wo die 80° überschritten wurden.

Für Hobbybrauer ist es halt schlau, bei 72°, oder nach der Kombirast bei 67° direkt abzumaischen und die Würze beim Läutern bei 70° zu halten. Da ist man auf der sicheren Seite. Mit einer Läuterspindel sieht man dann auch schön "in Time" wann das Ende der Nachgüsse erreicht ist.

Gruß
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Re: Aufheizen vor dem Abmaischen vergessen

#14

Beitrag von iwoasnix »

In meinen Worten ;-)
Wenn die Alpha-Amylase nach dem Läutern noch benötigt wird, um die durchs Läutern neu gelöste Stärke zu verzuckern (hierzu habe ich eine Frage, siehe unten) darf man diese nicht zerstören (Temperaturen >80)

Es macht also noch weniger Sinn überhaupt auf 78° aufzuheizen, da man sich gefährlich nahe dieser Temperaturschwelle nähert.

Ich werde zukünftig auf das Aufheizen auf 78° verzichten.

Löst sich beim Läutern wirklich noch Stärke aus dem Malz? Dies könnte man doch verhindern, indem man das Maischprogramm lang genug wählt?
Bierige Grüße Stephan

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Re: Aufheizen vor dem Abmaischen vergessen

#15

Beitrag von Alchemist »

iwoasnix hat geschrieben: Mittwoch 4. September 2024, 13:42 Es macht also noch weniger Sinn überhaupt auf 78° aufzuheizen, da man sich gefährlich nahe dieser Temperaturschwelle nähert.

Ich werde zukünftig auf das Aufheizen auf 78° verzichten.

Löst sich beim Läutern wirklich noch Stärke aus dem Malz? Dies könnte man doch verhindern, indem man das Maischprogramm lang genug wählt?
Das System ist träge. Je nachdem in welcher Literklasse du braust, dauerst es lange um eine Steigerung von 1 °C zu erreichen. Wenn man früh genug abschaltet, trifft man am Ende der Heizphase auf 78,0 °C ziemlich genau. Der Blausud tritt nicht auf, wenn du 2 Sekunden bei 80,0 °C verweilst. Falls die Temperatur doch zu schnell steigt, einfach etwas kaltes Nachguss-Wasser zuschütten und umrühren.

Beim Läutern löst sich keine Stärke mehr raus. Du willst auch keine Stärke abläutern, sondern Zucker. Der Jodtest zeigt dir, ob noch nicht-umgewandelte Stärke vorhanden ist. Falls Jodnormal, abmaischen, falls Verfärbung eintritt, weitere 10 min halten und neu prüfen. Beim Läutern, also eher beim Nachguss, möchte man restlichen Zucker auswaschen.
Viele Grüße.
iwoasnix
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Re: Aufheizen vor dem Abmaischen vergessen

#16

Beitrag von iwoasnix »

Alchemist hat geschrieben: Mittwoch 4. September 2024, 14:20
Beim Läutern löst sich keine Stärke mehr raus. Du willst auch keine Stärke abläutern, sondern Zucker. Der Jodtest zeigt dir, ob noch nicht-umgewandelte Stärke vorhanden ist. Falls Jodnormal, abmaischen, falls Verfärbung eintritt, weitere 10 min halten und neu prüfen. Beim Läutern, also eher beim Nachguss, möchte man restlichen Zucker auswaschen.
Das war auch mein Stand, bis ich heute hier dies gelesen hab:
gulp hat geschrieben: Mittwoch 4. September 2024, 12:05

Da beim Anschwänzen
in jedem Fall ungelöst gebliebene Stärke aus den
Trebern gelöst wird (Fortdauern des Maischen~), kann eine Nachverzuckerung durch
.
Aus dem Kunze, Technologie Brauer und Mälzer, Berlin : VLB, 1998
7. Aufl. U. d.T.: Kunze, Wolfgang:
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