Ich hatte diesen Thread am 1. Januar eröffnet und dabei aus dem Rundschreiben der Generalzolldirektion an die HZA zum Thema Wettbewerbsbiere zitiert. Für alle, die sich nicht die Mühe machen wollen zurück zu scrollen, hier noch mal:
"Im Einzelfall kann in den dem vorstehend genannten Urteil zugrundeliegenden vergleichbaren Sachverhalten unter Berücksichtigung der Rechtsauslegung des Gerichts der Begriff „eigener Verbrauch“ im Sinne des § 41 BierStV erweiternd dahingehend ausgelegt werden, dass vom „eigenen Verbrauch“ bei Brauwettbewerben auch die unentgeltliche Verkostung des Bieres durch die Jury bzw. andere Teilnehmer- /innen an einem nicht von dem betroffenen Brauer selbst veranstalteten Hobbybrauer-Wettbewerb umfasst ist. Das unentgeltlich zur Verkostung angebotene Bier ist auf die steuerbefreite Herstellungsmenge des Haus- und Hobbybrauers anzurechnen, soweit auch die weiteren/ sonstigen Voraussetzungen (in den Haushalten der Haus- und Hobbybrauer hergestellt und zum Wettbewerb mitgebracht; keine entgeltliche Abgabe) hierfür vorliegen.
Im Falle einer entgeltlichen Abgabe ist unverändert von einer Steuerpflicht auszugehen.
Inwieweit in vergleichbaren Sachverhalten die Voraussetzungen vorliegen, ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen."
Exakt dieser Text wird jetzt, sechs Wochen später, an anderer Stelle als völlig neue Erkenntnis verkauft.
Ich habe die Zwischenzeit genutzt, um zu recherchieren, wie die einzelnen HZA mit dieser Anweisung der GZD umgehen. Mir liegen bis heute 36 Reaktionen der 41 deutschen HZA vor, die unterschiedlicher kaum sein können. Es ging nicht darum zu ergründen, welches HZA hobbybrauerfreundlich gesinnt ist und welches Stress macht, vielmehr war nachzuweisen, dass die HZA unterschiedlich handeln - und genau hier liegt der Fehler.
Das Biersteuerrecht ist bundeseinheitlich geregelt und gilt bei sämtlichen
Hauptzollämtern gleichermaßen. Die einzelnen HZA sind weder befähigt noch befugt, die Vorschriften nach eigenem Gutdünken auszulegen, die jeweiligen Sachbearbeiter schon mal gar nicht.
Die GZD hat die Aufgabe, Anweisungen zur Durchführung der Vorschriften an die HZA zu erteilen, die jedoch den geltenden Gesetzen und Verordnungen nicht widersprechen dürfen.
Die hier vorgelegte Dienstanweisung der GZD ist so unklar gefasst, dass einzelne Sachbearbeiter bereits intellektuell mit der korrekten Ausführung überfordert sind.
Hier ein paar Beispiele aus der Praxis:
Bielefeld:
"Bzgl. des von Ihnen zitierten Urteils [Anmerkung: hier ist das bekannte Urteil des FG Düsseldorf gemeint] kann ich Ihnen mitteilen, dass es meiner
Auffassung nach nicht dazu geeignet ist zu begründen, dass Haus- und
Hobbybrauer-Wettbewerbe zukünftig per se steuerfrei möglich sind. Im Urteil
wird lediglich auf die von einem Haus- und Hobbybrauer hergestellten Biere, die
anschließend im Rahmen eines Wettbewerbs verkostet wurden, eingegangen.
Steuerrechtlich bleibt jedoch der Grundsatz bestehen, dass Biere nur dann
steuerfrei sind, wenn diese von einem Haus- und Hobbybrauer IM EIGENEN HAUSHALT
hergestellt werden. Werden Biere im Rahmen der Wettbewerbe vor Ort während der
Veranstaltungen gebraut (also nicht im eigenen Haushalt), bleiben Sie meiner
Auffassung nach steuerpflichtig, weil nicht sämtliche der Steuerfreiheit
zugrundeliegende Voraussetzungen erfüllt werden."
Hier mangelt es schon an Sachkenntnis zum Thema Bier brauen. Hat schon mal jemand von euch auf einer Hobbybrauerveranstaltung um die Wette mit anderen Hobbybrauern Bier gebraut, vom geschroteten Malz bis hin zum trinkfertigen Bier? Wohl kaum. Auch der Rest der Ausführungen geht an der Sache vorbei.
Ulm:
"Der Begriff "eigener Verbrauch" in § 41 BierStV kann so ausgelegt werden, dass
Bier als ausschließlich zum eigenen Verbrauch des Haus- und Hobbybrauers
hergestellt angesehen wird, wenn es von ihm, seinen Familienangehörigen und
seinen Gästen verbraucht bzw. getrunken wird. Der Kreis dieser Berechtigten ist
gekennzeichnet durch seinen rein privaten Charakter, d.h. Gäste bedürfen einer
persönlichen Einladung des Haus- und Hobbybrauers.
Brau-Wettbewerbe hingegen haben keinen privaten, sondern vielmehr einen
öffentlichen Charakter, da der Veranstalter in der Regel Teilnahmegebühren bzw.
Eintritt verlangt aber die Teilnehmer selbst aber keinen
Einfluss darauf nehmen können, wer am Wettbewerb teilnimmt bzw. den Wettbewerb
besucht.
Die Juroren und anderen Teilnehmer sind somit keine privaten, persönlichen
Gäste eines Haus- und Hobbybrauers und das Bier, das ihnen im Rahmen eines
solchen Wettbewerbs (unentgeltlich) zur Verkostung zur Verfügung gestellt wird,
ist nicht nach § 41 BierStV von der Biersteuer befreit."
Das widerspricht genau dem, was im FG-Urteil steht, auf das sich die GZD in ihrer Anweisung bezieht. Eine Einzelfallprüfung würde in Ulm vermutlich negativ ausfallen.
Den Vogel aber schießt Köln ab. Das HZA Köln war die im Prozess beim FG Düsseldorf beklagte und unterlegene Partei. Ich hatte ausdrücklich nach dem Umgang mit Wettbewerbsbieren gefragt. Wieso der Sachbearbeiter auf Brauen zu Demonstrationszwecken umsteigt, entzieht sich meinem Verständnis.
"Sehr geehrter Herr Wolf,
vielen Dank für Ihre Anfrage an uns.
Diese kann durch mich wie folgt beantwortet werden:
Bei den Neuerungen und von Ihnen angesprochenen Erleichterungen, die das
künftige Biersteuergesetz durch die beschlossenen Änderungen des JStG 2024
betreffen, handelt es sich lediglich um auf Haus- und Hobbybrauer bezogene
Veränderungen.
Das Brauen im Zusammenhang mit Veranstaltungen (wie z.B. eine Brauschau) gilt als
Herstellen ohne Erlaubnis von Bier. Dies ist getrennt von den eigentlichen Haus-
und Hobbybrauer-Regelungen zu betrachten.
Des Weiteren fällt bei der Durchsicht der von Ihnen angeführten
Einzelfallentscheidung des 4. Senats des Finanzgerichts Düsseldorf aus 2022 auf,
dass es sich hierbei um ein bereits älteres Urteil handelt.
Die angesprochene Entscheidung bezieht sich ebenso auf einen Fall aus dem Jahr
2019.
Das Urteil steht für sich allein und bezieht sich wie bereits angesprochen
lediglich auf diesen im Urteil genannten konkreten Einzelfall und regelt nur
dessen Verfahrensweise.
Auch der von Ihnen angesprochene § 41 BierStV regelt nicht das Brauen zu
Demonstartionszwecken von Bier und steht nicht direkt im Zusammenhang mit dem von
Ihnen angeführten Urteil.
Das Herstellen ohne Erlaubnis von Bier (Brauen zu Demonstrationszwecken) bleibt
weiterhin steuerpflichtig.
Nach der von Ihnen angeführten Entscheidung wird, bis auf mutmaßlich in dem
angeführten Einzelfall durch das entsprechende Hauptzollamt nicht verfahren.
Dies gilt auch für den Bezirk des Hauptzollamts Köln.
Melden Sie das Herstellen ohne Erlaubnis von Bier rechtzeitig vor Beginn
Brauvorgangs durch Abgabe einer Steueranmeldung für Bier im Einzelfall (2075
Steueranmeldung für Bier im Einzelfall (2024) im Formular Management System) an.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag"
Ach ja, Gerichtsurteile haben also ein Verfallsdatum und ein Urteil aus 2022 ist viel zu alt, um 2025 noch Bezug drauf zu nehmen? Ein sehr interessantes Rechtsverständnis. Zumindest kann man versuchen, sich so einen verlorenen Prozess schönzureden. Der Fachausdruck dafür lautet kognitive Dissonanz (mein Lieblingsfremdwort). Auch wenn das Schaubrauen nicht von mir befragt war, sich der Sachbearbeiter da aber aufs Glatteis gewagt hat, wollte ich es jetzt genau wissen und habe nachgehakt, besonders die Abgabe einer 2075
vor Braubeginn hat mich interessiert:
...vielen Dank für Ihre Mail, die ich mit Interesse gelesen habe.
Mir liegt die Einladung zu einer Mittelaltermesse vor, bei der ich ein sogenanntes Schaubrauen vorführen soll.
Mittelaltermessen sind Veranstaltungen, bei denen alte Handwerkskünste wie zum Beispiel Korbflechten, Lederbearbeitung und eben auch Bier brauen dargestellt werden.
Wenn ich Ihre Ausführungen richtig verstanden habe, handelt es sich bei diesem Brauen um "Herstellen ohne Erlaubnis".
Da es nicht in meinem Interesse ist straffällig zu werden, bitte ich freundlich um Auskunft, was ich tun muss,
um diese Erlaubnis von Ihnen zu erhalten.
Gerne höre ich von Ihnen.
Jetzt reitet sich der Sachbearbeiter so richtig in die Bredouille:
"Sehr geehrter Herr Wolf,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Da es sich bei dem durch sie angestrebten Betrieb des sog. Schaubrauens dem Namen
und Ihren Ausführungen nach um ein Brauen außerhalb der eigenen Wohnung oder
eines sog. Gemeindebrauhauses handeln dürfte, sind Sie ohnehin verpflichtet das
gebraute Bier zu versteuern.
Ich bitte Sie daher uns vor dem Beginn Ihres Brauvorgangs eine
Biersteueranmeldung im Einzelfall (für das Herstellen ohne Erlaubnis von Bier;
Formular 2075 im FMS) entsprechend ausgefüllt zukommen zu lassen, darin die
Steuer zu berechnen und die dadurch angemeldete Steuer/den Steuerbetrag an das
Konto des Hauptzollamts Köln (s.u.) anzuweisen.
Bankverbindung:
IBAN DE29 3700 0000 0037 0010 04
BIC MARKDEF1370
Sobald die Steueranmeldung bei uns eingegangen ist/bearbeitet wurde und der
entsprechende Steuerbetrag bei uns in Verwahrung genommen wurde erhalten Sie
postalisch eine Versteuerungsbestätigung und können erst daraufhin mit dem
Brauen beginnen.
Ich wünsche Ihnen bei Ihrer Veranstaltung ein gutes Gelingen!
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag"
Danke für die frommen Wünsche, trotzdem ist das Mumpitz was der Mann da schreibt.
Auch Nürnberg liefert einen Beweis der Unfähigkeit:
"Sehr geehrter Herr Wolf,
ich habe Ihre E-Mail erhalten.
In Ihrer E-Mail schreiben Sie mir und möchten von mir wissen, was zum
Jahreswechsel für HH-Brauer ansteht.
Es wurde im Frühjahr 2024 eine Erleichterung im Rahmen des Bürokratieabbau im
Bundesfinanzministerium angedacht, dass die Freimenge von 2,0 Hektoliter auf 6,0
Hektoliter erhöht wird. Wir haben als zuständige Behörde für die Biersteuer
haben vom Bundesministerium noch keine rechtliche Änderung erhalten. Sollte wir
die Änderung von unserer Generalzolldirektion erhalten, dann werde ich Sie
schriftlich in Kenntnis setzen. Bis jetzt müssen Sie die Freimenge bis 2
Hektoliter beim Hauptzollamt anzeigen. Sollte die Änderung kommen, dann müssen
Sie erst ab der Freimenge von 6 Hektoliter Bier beim Haupzollamt anzeigen und
versteuern und dies so angedacht.
Des Weiteren schreiben mir, dass das hergestellte Bier bei Hobbybrauerwettbewerbe
steuerfrei sein soll. In diesem Fall ist das Bier bei den Wettbewerben nicht
steuerfrei und vorher bei den jeweiligen Hauptzollamt mit je Grad Plato 0,787
Euro je Hektoliter zu Demonstrationszwecken versteuert werden. Mir als Bearbeiter
ist nichts bekannt, dass bei Wettbewerben das Bier nicht mehr versteuert werden
soll. Solange wir nichts von unserer Generalzolldirektion erhalten, muss das Bier
vor jeden Wettbewerb beim Hauptzollamt vorher als "Herstellung von Bier ohne
Erlaubnis" angezeigt und versteuert werden. Der Hersteller des Bieres ist der
Steuerschuldner und die Steuer ist sofort fällig.
In der Anlage habe ich Ihnen das Merkblatt für Haus- und Hobbybrauer bei und die
jeweiligen Brauanzeigen beigefügt.
Hoffentlich habe Ihnen mit meiner Auskunft gedient.
Bei Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Im Auftrag"
Leute, Leute, solche Inkompetenz wird von uns Steuerzahlern alimentiert. Man muss dem Mann allerdings zur Ehrenrettung zugestehen, dass diese Mail an einem Freitagnachmittag in der Vorweihnachtszeit um 17:32 Uhr aus einer bayerischen Behörde verschickt worden ist. Ich gehe stark davon aus, dass die komplette Belegschafft schon feuchtfröhlich in einer Polonaise um die Schreibtische getanzt ist, bevor sie sich in die Weihnachtspause verabschiedet hat. Hoffentlich ist der gute Mann nicht mit dem Auto nachhause gefahren.
Ich erspare mir jetzt, hier alle 36 Reaktionen der HZA zu zitieren und zu zerpflücken. Es geht auch gar nicht darum, die guten von den schlechten HZA zu trennen, vielmehr war es Aufgabe nachzuweisen, dass die HZA sehr unterschiedlich handeln - und das ist nicht hinzunehmen.
Ich sage es noch einmal:
Das Biersteuerrecht ist bundeseinheitlich geregelt und von allen
Hauptzollämtern gleichermaßen anzuwenden. Die GZD hat dazu unmissverständliche Anweisungen zu erteilen und darauf zu achten, dass sie befolgt werden.
Es ist unsere Aufgabe als betroffene Bürger dementsprechend auf die GZD einzuwirken. Dazu braucht es eine Taskforce mit sachkundigen Teilnehmern, die sich außerhalb dieses Forums besprechen. Es kann nicht angehen, dass wir hier öffentlich über Maßnahmen diskutieren, wo der Zoll mitlesen kann. Auch brauchen wir eine Kriegskasse, um gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten zu können.
Cheers, Ruthard