Hallo SpaceMarder/Klaus,
SpaceMarder hat geschrieben: Dienstag 28. Juli 2020, 00:03
Da die Hefe SAFALE K-97 einen EVG von 75 % hat ...
Wo hast du denn diese Angaben her ?
Die K-97 findet sich eher in der Klasse
Attenuation high. Das
Datenblatt von Fermentis zur K-97 gibt Aufschluss, wenn auch inkonsistent in den Aussagen. Einerseits wird im 1. Absatz der Produktbeschreibung von "
Der niedrigere Endvergärungsgrad verleiht dem Bier ..." gesprochen, andererseits wird in der Grafik darunter(RESTEXTRAKT) ein "
scheinbarer Vergärungsgrad von 81%" erwähnt.
Leider ist ein
scheinbarer Vergärungsgrad kein
Endvergärungsgrad und leider ist ein
scheinbarer Vergärungsgrad von 81% kein niederer
Vergärungsgrad, sondern eher als
Attenuation high einzustufen.
Sich alleine auf die Herstellerangaben bzgl. Vergärungsgrad zu verlassen ist insgesamt keine gute Idee. Die inkonsistenten Angaben im Datenblatt von oben und diese
Diskussion zur K-97 sollen als Beispiel dienen.
Ergo:
Vergiss die 75% Vergärungsgrad als
Endvergärung für deine aktuelle Charge und als Basis für eine Speiseberechnung anzunehmen. Du bist im IST, nicht im PLAN !
SpaceMarder hat geschrieben: Dienstag 28. Juli 2020, 00:03
Meine Annahme: 13 % Stammwürze davon 75 % vergoren, bedeuten einen Restplato von 2,6 %. Ist das richtig, oder liege ich da vollkommen daneben
Dass deine Annahme an dieser Stelle nicht richtig ist, darauf wurde ja schon hingewiesen. Verwende an dieser Stelle besser die allgemeine Formel zur Berechnung von
Vergärungsgraden:
Code: Alles auswählen
Vor der Vergärung[mas%] - Nach der Vergärung[mas%]
Vs[%] = --------------------------------------------------- x 100
Vor der Vergärung[mas%]
Oder in
Brauersprache:
Code: Alles auswählen
Stammwürze[°P] - Es[mas%](Spindelwert)
Vs[%] = -------------------------------------- x 100
Stammwürze[°P]
Mir allerdings gefällt diese Ableitung zur Berechnung eines Vergärungsgrades am besten:
Formel 01 - Vs:
Vs[%] = (1 - Es/°P) x 100
Natürlich lässt sich dieser
Einheiten-Dreiklang Vs, Es und °P über dieses Formelwerk ineinander umrechnen:
Formel 02 - Es:
Es[mas%] = (1 - Vs/100) x °P
Formel 03 - °P:
°P[mas%] = Es/(1 - Vs/100)
Für dein Beispiel mit °P=13 und Vs[%]=75 ließe sich der gesuchte Es[mas%] nach
Formel 02 berechnen:
Es[mas%] = (1-75/100) x 13 =
3,25
SpaceMarder hat geschrieben: Dienstag 28. Juli 2020, 00:03
Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe (EVG) müßte ich bei 2,6 Grad Plato die Flaschenfüllung beginnen.
Wenn alles richtig verstanden wurde kann eine Zucker-/Speisemenge erst dann für eine Herstellmenge und einen Ziel-CO2-Gehalt berechnen werden, wenn die Jungbiercharge endvergoren ist und/oder ein Endvergärungsgrad für die Charge festgestellt wurde(Laborwert).
Das Forum ist angefüllt mit Themensträngen rund um dieses Thema und doch geht es immer nur um die eine Frage:
Woher weiß ich wann mein Bier endvergoren ist und damit verbunden: wann kann ich abfüllen ?
Es finden sich drei grundsätzliche Ansätze, wie die Frage beantwortet werden kann:
- abwarten & Erfahrung
- den noch vergärbaren Restextrakt bei der Speisegabe berücksichtigen
- Endvergärungsgrad bestimmen(SVG-> Schnellvergärprobe)
Letzteres ist der beste Weg, er ist aber mit zusätzlichen Aufwand verbunden. Ersteres wird gerne gemacht, hat aber so seine Tücken. Ich würde mal vermuten, dass genau diese "
Tücke" rund 30% aller Forenbeiträge ausmacht. Der Listeneintrag in der Mitte wird auch ungern genommen. Der Rechengang ist etwas komplizierter, zusätzliche Eckdaten werden benötigt und in der Wahrnehmung hat man damit noch ein Problem mehr an der Backe.
Seis drum. Fakt ist, dass die konkrete Situation nichts mehr mit dem zu tun hat was ursprünglich auf einer Hefetüte zu lesen stand oder aber in der Plaungsphase für einen beliebigen Wert angenommen wurde. Für die Speiseberechnung zählen nur noch
Ist-Werte !
Ein Beispiel:
Menge: 20 [L]
Stw.°P: 13 [mas%]
Tüten-Endvergärungsgrad: 75 [%] (Wert: angelesen und/oder vom Hefe-Hersteller)
Zugehöriger Spindelwert Es[%] zum
Tüten-Endvergärungsgrad: 3,25 [mas%]
Ist-Endvergärungsgrad: Blackbox [%]
Ist-CO2-Gehalt [g/l]: 1,7
Ziel-CO2-Gehalt [g/l]: 5,7
CO2-Gehalt Diff.[g/l]: 4,0
Haushaltszuckerbedarf [g/l]: 8,1
Angelehnt an die oben verlinkte
Diskussion zur K-97 nehmen wir einmal an, dass der EVG der Charge nicht bei 75%(Plan), sondern
unentdeckt bei 81%(Ist) liegt. Der zugehörige Spindelwert zum EVG 81% lässt sich nach
Formel 02 berechnen:
Es[mas%] = (1-81/100) x 13 =
2,47
Im
IST ist das Bier bei einer Spindelanzeige von 2,47% endvergoren und nicht wie angenommen bei 3,25%. Diese Abweichung errechnet sich zu einer Extraktdifferenz von 0,78 [mas%]. Hochgerechnet auf eine Jungbiermenge von 20 L ergibt das ein zusätzliches Plus auf die
noch vergärbare Extraktmenge von 156 Gramm(0,78x10x20), die als
ignoriertes Extraktpotential im Orkus einer Speiseberechnung umherschwimmt.
Aus diesem
Extraktpotential von 156 Gramm entstehen 72 g CO2( 156 x 0,4629
[1]) bzw. 3,6 g/L CO2 (72/20).
Addiert man die CO2-Potentiale die hier beispielhaft in die Flasche gefüllt werden auf ergibt sich:
Bereits vorhanden: 1,7 [g/l]
Zusätzlich geplant: 4,0 [g/l]
Blackbox Ist/Plan: 3,6 [g/l]
=
9,3 [g/l]
Ganz klassisch überkarbonisiert und obendrein noch brandgefährlich. Bei 20°C lasten ungewollt knappe 5 bar Überdruck auf der Flasche.
Rund um die Speisegabe, besonders im Umfeld Flaschengärung, ist der Grat für
Annahmen oder sinnvolle Annahmen sehr, sehr schmal. Grundsätzlich stellt man sich in diesem Umfeld besser auf, wenn man sich entlang von
Ist-Werten orientiert.
Label-lala jedenfalls, hat in diesem Umfeld keine Heimat.
Verweise:
[1] Lt. Balling entsteht aus 2,0665 g Extrakt 0,9565 g CO2. In Entsprechung entsteht aus 1 g Extrakt 0,4629 g CO2