Einstieg in das Brauen mit Roggen

Kurzüberblick über die Geschichte des Roggenbiers

Roggenbier aus kommerzieller Herstellung ist sehr selten geworden, der populärste Vertreter dieser Bierart war das „Schierlinger Roggen®“, eine Art dunkles Weißbier mit dem kernigem Geschmack gerösteten Roggenbrotes. Mit der Schließung des Schierlinger Brauhauses Anfang der Neunziger Jahre verschwand die Traditionsmarke und wurde durch eine vermeintlich gleichlautende Biersorte einer sehr großen Brauereikette ersetzt. Vom ursprünglichen „Bier wie Schwarzbrot“ blieb leider nicht viel übrig. Ein herber Verlust für die Bierlandschaft, denn das mittlerweile wieder erhältliche Roggen des Rechtsnachfolgers kann nicht an die Geschmacksvielfalt des früheren Bieres anknüpfen. Die Herstellung dieses Bieres war viele Jahre durch ein Patent geschützt, mittlerweile ist der Patentschutz allerdings abgelaufen.

Der Legende nach soll Roggen jahrhundertelang der Ausgangsstoff für Bier gewesen sein, allerdings haben über Jahrzehnte zahlreiche Missernten und ähnliche Kalamitäten dazu geführt, dass die vermeintlich wertvolleren Getreidesorten (z.B. Roggen und Weizen) durch die anspruchslose Gerste (sie eignet sich übrigens sehr schlecht zum Backen) ersetzt wurde. Das Ergebnis mündete einiger Legenden nach im sogenannten bayrischen Reinheitsgebot von 1516 bzw. den zum Teil um Jahrzehnte älteren Vorläufern. Fortan sollte Futtergetreide zur Bierherstellung dienen, ältere Biersorten gerieten im Laufe der Jahrhunderte praktisch in Vergessenheit.

Roggen als Braugetreide

Roggen ist ein reichlich hinterhältiges Getreide, insbesondere wenn Wasser mit ins Spiel gelangt. Nicht nur die fehlenden Spelzen sondern auch der hohe Gehalt an Schleimstoffen (auch Pentosane genannt) treiben den geneigten Brauer schier zur Verzweiflung. Und hat sich die aromatisch duftende Maische erst in eine Art dickflüssigen Kleisters verwandelt, so wird es sehr umständlich werden, dieser Pampe die wertvolle Würze abzuringen. Primär kann man dem überschüssigen Kleister mit Xylanase in Pulverform begegnen. Damit werden die langen Molekülketten entsprechend geknackt und die Maische bleibt daraufhin relativ dünnflüssig. Der nicht ganz unberechtigte Einwand, dass man wieder mit Chemie hantiere soll hier nicht weiter betrachtet werden.

Eben diese Neigung zur Kleisterbildung aber ist es, welche dem Roggenbier seine unvergleichliche Struktur und ein ungemein samtiges Mundgefühl verleiht. Genau an dieser Stelle beginnt das Thema Roggenbier interessant zu werden. Ebenso ist das Ausgangsmalz, genauer gesagt die für das spätere Bier entscheidende Schüttung, entgegen landläufiger Meinung nicht annähernd so anspruchsvoll wie z.B. für Pilsner Biere. Um ein Bier nach Pilsner Brauart zu brauen, bedarf es vieler Grundfaktoren, vor allem aber hoher Ansprüche an das Brauwasser und an den Gärungsvorgang. Roggen ist daher diesbezüglich erheblich einfacher und relativ anspruchslos zu handhaben, da er im Vergleich zu anderen Malzen von Haus aus mehr Säure mit ins Spiel bringt. So wird eine Maische durchaus auch mit karbonathartem Wasser scheinbar mühelos fertig. Auch ist die Art der Vergärung für den Hobbybrauer grundsätzlich vollkommen gleichgültig, es macht keinen Unterschied ob ober- oder untergärig. Letztlich entscheidet der Geschmack und die Vorliebe des Brauers.

Allerdings sei darauf hingewiesen, dass Roggenbiere über einen angenehmen fruchtigen Charakter verfügen, welcher sich mit entsprechender obergärigen Weißbierhefe durchaus noch anheben lässt. Dies ist jedoch Geschmackssache und sei daher jedem Brauer selber überlassen. Es macht nämlich im Endeffekt überhaupt keinen Unterschied, ob man das Bier nun UG oder OG vergärt. Ebenso ist ein Verschnitt von Weißbier- und Roggenwürze ein aufregendes Geschmackserlebnis. Doch hierzu später.

Allgemeines zum Brauvorgang

Der Brauvorgang per se unterscheidet sich nicht maßgeblich von anderen Bierstilen. Die Roggenbierherstellung kein großes Geheimnis und zugegeben auch keine Wissenschaft. Vielmehr liegt hier eine Aneinanderreihung von streng definierten Arbeitsschritten vor, an die sich der Brauer z.T. einfach halten sollte, um später das gewünschte Ergebnis zu erhalten. Ebenso existiert ein Fundus an Erfahrungswerten, die Berücksichtigung finden sollten. Über eines muss sich aber der angehende Brauer bewusst sein: Sorgfalt und Sauberkeit sind stets zu beachten.

Grundlegende Schritte

Obwohl Roggen keine der Gerste vergleichbare Spelzen hat, so sollte auch hier vor dem Schroten eine Konditionierung in Betracht gezogen werden. Durch das Anfeuchten des Roggenmalzes wird die Staubbildung beim Schroten erheblich vermindert. Staubartiges Roggenmehl kann sehr aggressiv auf die Atemwege wirken. Daher sei während des Schrotens das Tragen einer Staubmaske empfohlen. Sofern möglich, so sollte der Schrotungsvorgang im Freien stattfinden. Es ist auf jeden Fall größte Sorge zu tragen, das Roggenmalz nicht zu fein zu schroten. Ist es zu fein oder gar zu Vollkornmehl vermahlen, so verwandelt sich die Maische in einen absolut kompakten Brotteig, aus dem man garantiert kein vernünftiges Bier brauen kann. Der ideale Schrotungsgrad sieht so aus, dass das Korn in kleine Stücke zerbrochen wird. Beim Roggen sollte man auf eine eher gröbere Schrotung achten.

Wie bei anderen Malzen auch so sind auch Roggenspezialmalze erhältlich, wenn auch oftmals schwieriger. Nötigenfalls kann man z.B. Roggenkaramellmalz selber herstellen. Der Herstellungsvorgang ist mit den Arbeitsschritten der Gerstenmalzkaramellisierung identisch, jedoch sei angemerkt, dass die Maillardreaktionen beim Roggen relativ schlagartig eintreten können. Karamellisiertes Roggenmalz oder auch andere Roggenspezialmalze bringen sehr interessante Geschmackseindrücke mit sich. Mit diesen Komponenten sollte sehr bedacht umgegangen werden, denn auch hier gilt der alte Wahlspruch „viel hilft viel“ nur sehr bedingt. So sollte den Spezialmalzen stets der Charakter eines Gewürzes beigemessen werden. Gewürze sind niemals Hauptbestandteile eines Gerichts, zudem sollen sie nicht zudecken, sondern bereits Vorhandenes hervorheben und unterstreichen. So kann z.B. das vielfach diskutierte und zu Recht gelobte vorfermentierte rote Roggenmalz aus Litauen den bereits vorhandenen Aromen einen unglaublichen Vortrieb leisten, bei zu hoher Dosierung allerdings das Bier brachial entwickeln lassen. Und nicht jeder trinkt gerne schwere Stouts.

Zusammenstellung der Schüttung

Ist das Malz geschrotet, so kann das Maischen beginnen. Wie bei allen anderen Bieren auch so ist der Brauer relativ frei in der Wahl der Zusammensetzung seiner Schüttung. Häufige Fehler sind allerdings dergestalt, dass manche Hobbyisten meinen, gerade bei Roggenbieren der Aussage folgen zu müssen, das erwünschte brotige Aroma würde mit der Erhöhung der Spezialmalzanteile einhergehen. Und das ist falsch.

Ausgiebige Experimente mit verschiedenen Roggenmalzsorten haben gezeigt, dass sich die erhoffte Roggenbrotgeschmacksexplosion gerade eben nicht zwangsläufig durch eine drastische Erhöhung von Schüttungsanteilen herbeiführen lässt. Vielmehr macht es die Kombination aus den einzelnen Malzen. Überhöhte Roggenmalzanteile führen regelrecht zu einer Übersäuerung des Bieres, was die Trinkbarkeit sehr stark herabsetzt. Zudem erzeugt es in zu hoher Dosierung ein reichlich kratziges und unangenehmes Mundgefühl. Roggenmalz bringt im Vergleich zu anderen Malzen erheblich mehr Säure mit ins Spiel, so ist es wenig verwunderlich, dass eine wohldosierte Schüttung ohne externe Milchsäuregabe auch mit sehr karbonatreichem Wasser jenseits der 20°dH spielend fertig wird. Die Einstellung der Maische auf pH 5,3 bis 5,5 lässt sich relativ problemlos erreichen.

Maischen und Rasten

Man beachte, dass sich eine Gummi- oder Pentosanrast in der Regel erübrigt, wenn der Roggenmalzanteil weniger als 40% der Gesamtschüttung beträgt. Das in der Schüttung enthaltene Pilsner Malz und die beigefügten Spezialmalze werden ein ausreichendes Filterbett erzeugen können, ohne dass man sich auf dem besten Weg zur Läuterkatastrophe bewegt. Und wer jetzt glaubt, Roggenbiere müssten immer dunkel sein, der irrt gewaltig. Roggenmalz ist ebenso wie PiMa ein Allrounder, denn auch helle Biere mit Roggenbestandteilen haben durchaus Geschmack und Charakter. Folgende Rasten haben sich sozusagen bewährt und können als Standardrezept angewandt werden: * grundsätzlich Einmaischen bei 35 bis 40°C * Eiweißrast zwischen 15 und 30 Minuten bei 55°C, bei Roggen fast unerlässlich * Maltoserast 30 Minuten bei 65°C * Erste Verzuckerung 30 Minuten bei 72°C * Zweite Verzuckerung 30 Minuten bei 78°C

Durch Verlängerung oder Verkürzung der Rastzeiten bei Maltose- und zweiter Verzuckerungsrast kann man die Vollmundigkeit des späteren Bieres nach Belieben steuern. Um die Verzuckerung zügiger und vollständiger voranzutreiben, sollte man den Amylaseanteil in der Maische erhöhen, indem ein Kaltauszug aus etwa einer Tasse Pilsner Malz und einem Liter Wasser (im Kühlschrank über Nacht angesetzt) zugegeben wird. Es handelt sich hierbei ausdrücklich nicht um einen Milchsäurestarter. Nach dem Nachweis der Jodnormalität kann dann auf 78 Grad hochgeheizt werden, um dann der Maische die letzte Rast zu ermöglichen.

Vielfach wurde und wird über Sinnhaltigkeit der zweiten Verzuckerungsrast kontrovers diskutiert. Durch das Einhalten der Läuterrast würde diese redundant und könnte somit weggelassen werden. Hierzu kann man nur sagen, dass es durchaus einen Unterschied macht, ob man vor dem Abläutern bei 78 Grad rastet oder nicht. Die zweite Verzuckerung bei Roggenbieren dient in großem Maße Vollmundigkeit sowie der Verminderung von Herbheit und Säuren. Anschließend wird die Maische in den Läuterbottich umgefüllt. Nunmehr sollte eine Läuterrast von etwa 20 bis 30 Minuten eingehalten werden, um die Ausbildung eines brauchbaren Treberbettes zu ermöglichen.

Läutern

Wie man nun abläutert, sei jedem Brauer selber überlassen, ob nach Klarlauf die einzelnen Nachgüsse schwallweise zugegeben oder nach dem Ablauf der kompletten Vorderwürze in einem Zug aufgebracht werden bleibt jedem selbst überlassen. Ich bevorzuge das sogenannte Single-Batch-Sparging. Allerdings sollte die beim Abläutern entstehende Schleimschicht - sie erinnert vom Aussehen her an Schokoladenpudding - sofort abgenommen und entfernt werden. Ein Umgraben oder Aufhacken des Trebers sollte anschließend erfolgen. Der Vorteil des Single-Batch-Sparging liegt auf der Hand, denn das Nachgusswasser kann den Treber vollständiger umspülen und man holt u.U. sogar mehr Extrakt aus den Körnern. Der Nachteil allerdings besteht darin, dass man erneut Läuterruhe einhalten muss.

Zur Erleichterung des Läutervorgangs konnten folgende Beobachtungen gemacht werden: Will man auf eine sehr roggenlastige Schüttung absolut nicht verzichten, so empfiehlt sich in jedem Falle die Gabe von Dinkelspelzen. Letztere sind relativ problemlos erhältlich, sind preiswert und können eine Läuterkatastrophe verhindern. Um eine gleichmäßige Durchmengung zu gewährleisten, so wird hierzu gewichtsmäßig etwa ein Drittel des Roggenmalzanteils an Spelzen zunächst für rund 30 bis 60 Minuten in reichlich heißem Wasser eingeweicht oder - noch besser - die selbe Zeit gekocht. Das Einweich- oder Kochwasser sollte in jeden Fall verworfen werden, es schmeckt nämlich nicht unbedingt gut und würde den Biergeschmack negativ beeinflussen. Die auf diese Weise konditionierten Spelzen werden der Maische unmittelbar vor dem Abläutern zugegeben und gut miteinander vermengt. Der Läutervorgang kann dann wie gewohnt vorgenommen werden. Werden die Dinkelspelzen von Anfang an mit eingemaischt – was man natürlich auch machen kann – so sollte der Hauptguss geringfügig erhöht werden. Allerdings wirkt sich diese Spelzengabe nicht unbedingt förderlich auf den Geschmack aus. Stehen keine Dinkelspelzen zur Verfügung, so kann man sich mit einem anderen Trick sehr leicht abhelfen, indem man ausgelaugten Treber einer reinen PiMa-Schüttung verwendet. Oftmals befinden sich im Treber noch reichlich verfälschende Geschmackskomponenten, weswegen man vorab eine Spülung mit kochendem Wasser vornehmen sollte. Hierzu wird der in einem feinen Küchensieb befindliche Treber (etwa ein kg) mit reichlich kochendem Wasser überbrüht. Nach dem Abtropfen kann dies dann der Roggenmaische vor dem Abläutern zugesetzt werden. Die vorherige Erhitzung der „Läutermaische“ macht auch Sinn, um einer eventuellen zu starken Abkühlung während der Läuterrast entgegen zu wirken. Als Faustregel fährt man mit der Vermischung 50:50 am besten. Allerdings sollte man bei dieser Methode das Fassungsvermögen des eigenen Läuterbottichs stets im Hinterkopf behalten. Das auf diesem Wege erdachte und positiv erprobte Verfahren wurde im Großversuch erfolgreich bestätigt.

Würzekochung

Nicht unterschätzt werden darf auch die Partikelwirkung in der Würze. Roggenmalz neigt dazu, die Maische pürreeartig anzuteigen. Diese feinen Körnchen in Verbindung mit den bereits angesprochenen Pentosanen sehen nicht nur aus wie Zement, sie haben auch die gleiche Wirkung wie selbiger. Ein nicht unerheblicher Anteil dieser Schwebstoffe passiert auch ungehemmt den Läutervorgang und findet sich in der Pfannevollwürze wieder. Was man vielleicht von anderen Bieren nicht kennt, so aber beim Roggenbier, denn die sprudelnd kochende Würze kann durchaus anbrennen. Muss nicht sein, soll aber bereits vorgekommen sein. Nichts ist ärgerlicher als einen Sud auf diese Weise aufgeben zu müssen. Ungeachtet der Konvektionen und sonstiger Bewegungen in der kochenden Würze beginnen die Roggenpartikelchen gewissermaßen zu sedimentieren. Dies sammelt sich am Topfboden an und kann nach dem Leeren der Würzepfanne als kleisterartige, durchschimmernd braunweißliche Schleimschicht vom Boden geschabt werden. Um einem derartigen Anlegen vorzubeugen empfiehlt es sich, die Würze während der Kochung öfters herzhaft umzurühren. Sehenswert sind bei diesem Vorgang die mit einem schmatzenden Laut hochschießenden Würzefontänen.

Würzekochung, Hopfung und Ausschlagen unterscheiden sich definitiv nicht von anderen Biersorten, höchstens was den Anteil an abzuschöpfendem Eiweiß bzw. den Zeitaufwand des Läuterns betrifft. Das während der Kochung ausgefällte Eiweiß kann problemlos mit einer Schaumkelle abgehoben und entsorgt werden, weswegen der Würzebruch gelegentlich sehr gering ausfallen kann. Die Menge der Hopfengabe bleibt jedem Brauer selbst überlassen.

Hefegabe und Anstellen

Roggenbiere vergären in der Regel erheblich aggressiver als andere Biere, oftmals hat man den Eindruck, die Würze wäre regelrecht am Kochen. Obergäriges Roggenbier hat die angenehme Eigenschaft, bei Temperaturen um die 18 Grad zu gären, geringfügig höhere Temperaturen machen den Erfolg nicht zunichte. Die Kräusenbildung nach der Überweißung ist kurz aber heftig. Sind am Morgen noch richtige Schaumgebirge feststellbar, so bleibt am Abend nur noch eine dickliche cremige Schaumschicht auf der gärenden Würze. Nach drei oder vier Tagen ist die Hauptgärung normalerweise abgeschlossen und die Anstellwürze hat sich in ein aromatisches Jungbier verwandelt, welches mit Speise vereinigt sofort auf die Nachgärung bei Zimmertemperatur wartet. Auch in diesem Punkt sei jedem freigestellt, ob und wie er abfüllt, aufspeist oder spundet. Die Trinkbarkeit des Roggenbiers ist bereits nach wenigen Tagen der Reifung gegeben, auch wenn die Harmonisierung der einzelnen Aromakomponenten noch etwas längere Lagerzeit in Anspruch nimmt.

Speisegabe und Kwassherstellung zur Karbonisierung

einfache Karbonisierung mit Speise oder Zuckerlösung

Der einfachste Weg der Karbonisierung ist und bleibt das Abzweigen von unvergorener Anstellwürze. Hierzu werden etwa 10% in sterile Flaschen gefüllt und sofort kaltgestellt. Speise ist sehr empfindlich gegen Infektionen, also sollte hier größte Sorgfalt an den Tag gelegt werden. Infektionssicherer ist man bei der Bereitung einer Zuckerlösung entsprechend der im Rezept angegebenen Karbonisierungsmenge. Das vergorene Jungbier sollte umgeschlaucht werden, da Roggenbier im Vergleich zu anderen Biersorten auch nach dem Hopfenseihen etc sehr viele Schwebstoffe mit sich bringt, die sich nach dem Abschluß der Hauptgärung auf dem Boden des Gärgefäßes ansammeln. Eine mehrere Zentimeter hohe Schlammschicht aus toter Hefe, Sedimenten und ähnlichen Gärnebenprodukten ist nicht unüblich.

Aufspeisen und Veredeln mit Kwass

An dieser Stelle wird die Roggenbierherstellung richtig interessant. Hier kann man das Bier sozusagen aufbohren, und zwar durch das Zuführen von sogenanntem Kwass. Das ist ein Auszug aus Brot; in unserem Fall wird das Brot aus geschrotetem Malz, Pfannevollwürze und Bierhefe hergestellt, ausgebacken und anschließend regelrecht ausgekocht. Dieser Extrakt wird dann der gärenden Würze gewissermaßen als „Extra“ zugegeben und erzeugt den von vielen gewünschten und oftmals so geliebten Geschmack von frisch geröstetem Roggenbrot. Für das Roggenbrot nimmt man - in Relation zur verwendeten Schüttung - etwa ein 1/3 Roggenmalz, schrote es in diesem Fall verhältnismäßig fein und vermenge es mit so viel ungehopfter Pfannevollwürze, dass sich ein geschmeidiger Brotteig herstellen lässt. Der Teig wird dann mit ca 5g Trockenhefe (in einer Tasse auf 20 Grad abgekühlter Pfannevollwürze aufgelöst) vermengt, kräftig durchgeknetet und etwa 30 Minuten zum Gehen gebracht. Danach wird ein flacher Laib geformt, den man erneut rund 30 Minuten gehen lässt. Das Brot wird nun bei rund 200 Grad bis zu einer appetitlichen Bräune (tiefschokoladenbraun) ausgebacken, um die Röstigkeit ein klein wenig zu erhöhen kann man den Brotlaib hin und wieder mit ungehopfter Pfannevollwürze bestreichen. Ist das Brot kross ausgebacken, so wird es in nicht zu dünne Scheiben geschnitten und mit zwei bis drei Litern Wasser aufgekocht - bei Bedarf kann die Wassermenge auch erhöht werden. Auf Jodnormalität dieser Speise ist nicht zu achten, ein eventueller Stärkegehalt ist vernachlässigbar. Das Gemenge lässt man nun gut abtropfen, aber nicht auspressen ! An dieser Stelle können nun die Freunde des Experimentierens ansetzen. Denn eine Variation der Getreidezusammensetzung des Brotteiges kann dem Bier durchaus interessante Geschmackskomponenten zugeben. Wird dem Brotteig z.B. helles Weizenmalz zugegeben, so kann die Säure des Bieres angehoben werden, durch zusätzliches Karamellmalz steigert man die Vollmundigkeit. Diese aus der Abfiltration des Brotsudes gewonnene Würze wird nun sofort kühl gestellt, und je nach Geschmack entweder mit vorher abgezweigter Roggenwürze oder auch Haushaltszuckerlösung auf die Karbonisierung von 7 bis 8g/l eingestellt. Hierzu sei angeführt, dass das Aufspeisen mit unvergorener dunkler Weißbierwürze (der Stammwürzegehalt sollte in etwa dem des Roggenbieres entsprechen) in Verbindung mit dem Kwass das Tüpfelchen auf dem i darstellt. Hierbei werden eine Reihe unbeschreiblicher Aromen hervorgebracht. Außerdem ist Weißbierspeise der Schaumstabilität sehr förderlich.

Brotaroma ohne Kwass

Alternativ kann auf die Herstellung von Kwass auch verzichtet werden, in dem man den Brotlaib in Scheiben schneidet, erneut im Backofen sehr trocken röstet und damit dann das Bier während der Gärung „stopft“, d.h. die Scheiben einfach der gärenden Würze zugibt. Das Brot sollte jedoch nicht zu lange mitvergoren werden, da sich eine übermäßige Auslaugung eher negativ auf den Biergeschmack auswirkt. Allerdings sei angeführt, dass die Geschmacksintensität und auch das Mundgefühl des mit Kwass versetzten Bieres dem gestopften Bier um Längen voraus ist.

Das perfekte Roggenbier "de Luxe" - besser geht's nun wirklich nicht !

Den absoluten Roggenbrotgeschmack erhält man aus einer Kombination von Kwass, der Verschneidung mit unvergorener dunklen Weißbierwürze und dem Stopfen mit sehr trocken ausgerösteten Roggenmalzbrotscheiben. Hier ist jedoch sehr exaktes Arbeiten und allergrößte Sorgfalt gefragt, um das Infektionsrisiko auf ein absolutes Minimum herabzusetzen. Wird die Nachgärung dann mit dunkler Weißbierspeise durchgeführt, so hat man das absolut perfekte Roggenbier gebraut. Nicht dass ich jetzt den eifrigen und experimentierfreudigen Hobbybrauer entmutigen möchte, aber die vorgestellte Herstellungsweise ist in der Praxis reichlich kompliziert und birgt eine Menge an Fehlerquellen. Also, bitte nicht die Flinte ins Korn werfen, wenn der Sud mal nicht den hohen Vorstellungen entspricht.

"Pimp my Roggen" - aber bitte ohne Kwass !

Will man weder Kwass herstellen, noch Weißbierspeise oder Stopfen, so kann man das Jungbier auch mit folgendem überaus leckerem Bestandteil aufpeppen: Man errechne die für die gewünschte Karbonisierung erforderliche Menge an Haushaltszucker und gebe sie in einen verhältnismäßig großen Topf. Bei mittlerer Hitze wird der Zucker geschmolzen und mit einem flachen Schneebesen ständig geschlagen. Der Zucker wird - wenn erst einmal die Temperatur von 120° C überschritten ist - sehr schnell zu bräunen beginnen. Sobald ein bernsteinfarbener Ton erreicht ist, wird mit einer Tasse Wasser abgelöscht. Auf Spritzer ist zu achten, dabei unbedingt weiterschlagen. Die Masse wird jetzt sprudelnd kochen und sich weiter verfärben. Dies kann unterdrückt werden, indem ständig etwas Wasser zugegeben wird. Nach einigen Minuten Kochzeit ist ein wohlschmeckender Karamellsirup entstanden, den man unter dauerndem Rühren mit etwa zwei Liter Wasser verdünnt. Nach dem Abkühlen kann diese Speise dem Jungbier zugegeben werden. Hierdurch erzeugt man eine leckere Toffeenote im Bier. Ganz gewitzte Brauer können hier ja etwas echten Vanillezucker zufügen. Dann wirds noch aufregender !

Das leidige Thema "Schaum"....

Roggenbiere zeichnen sich - sofern nach traditioneller Art hergestellt - nicht unbedingt durch große Schaumstabilität aus. Hierzu sei bemerkt, dass Roggen im Vergleich zu anderen Getreidesorten verhältnismäßig hohe Anteile an Fett- und Aminosäuren enthält. Diese können die von vielen Biertrinkern geschätzte Schaumkrone relativ schnell zum Zusammenfallen bringen. Dem Geschmack und der Qualität des Bieres tut die gelegentlich geringere Schaumstabilität grundsätzlich keinen Abbruch. Auch hier kann natürlich der experimentierfreudige Brauer wieder ansetzen, indem man durch kurze Kochung (Vorsicht, das kann unheimlich schäumen !) etwa der Hälfte des Jungbieres den Fettsäureanteil massiv herabsetzt. Das heiße Bier wird dem kühlen Jungbier wieder zugegeben und sorgfältig vermischt. Natürlich nimmt man dadurch in Kauf, dass die Hefezellen vom gekochten Anteil zerstört und im verbliebenen Teil durch die Vermengung mit dem heißen Jungbier wohl empfindlich dezimiert werden. Diesem aber wird entgegengetreten, in dem man einen leichten Starter zugibt. Diesen stellt man aus dem Kwass und ggf. der Weißbierspeise her. Etwas geerntete Hefe aus dem Geläger tut dann ein Übriges. Sobald die Gärtätigkeit in der Speise eingesetzt hat, wird diese dem auf Anstelltemperatur abgekühlten Jungbier zugegeben und sofort zur Nachgärung abgefüllt. Hier gilt die Devise: Versuch macht kluch !

Reifung

Die Reifezeiten von Roggenbieren sind sehr individuell, dennoch kann man sagen, dass sehr tiefe Temperaturen sehr nützlich sind. Das Bier ist bereits nach wenigen Tagen Kaltreifung gut trinkbar. Der Reifehöhepunkt kann daher schon nach wenigen Wochen erreicht sein. Fakt ist: Ein Roggenbier sollte - ähnlich einem Weißbier - ziemlich bald getrunken werden, zu lange Reifezeiten schaden eher mehr als sie nützen. Das Roggenbrotaroma nimmt auch bei sehr kalter Lagerung ziemlich schnell ab. Ebenso ist ein Roggen verhältnismäßig trübe, also bitte nicht auf ein wasserklares Bier hoffen. Durch Filterung oder Klärung gehen nicht nur erhebliche Geschmacksanteile sondern auch die Samtigkeit unwiederbringlich verloren.

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