Mälzen für Hobbybrauer

Nachdem ich meinem Einstiegsbuch und seinem Autor (Wolfgang Vogel: „Bier aus eigenem Keller“) jahrelang geglaubt habe, nämlich dass „es nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand des Autors nicht zu empfehlen ist, Malz selbst herzustellen“, wagte ich dann doch einen Versuch. Zuerst nur mit einigen hundert Gramm, später dann mit Ansätzen bis zu 4 kg. So erhielt ich herrlich duftendes Roggenmalz, mit dem ich auch gleich einen Probesud ansetzte. Bei einer Schüttung von 50% Roggenmalz und 50% Gerstenmalz erreichte ich locker die kaum erhoffte Jodneutralität und strafte so meine eigene Skepsis und die von Wolfgang Vogel Lügen. Da ich mein Gerstenmalz von einer Mälzerei beziehe, stelle ich ausschließlich Spezialmalze wie Roggen-, Dinkel-, Einkorn-, Emmermalz u.a. her. Auch ist es mir gelungen aus Braugerste Melanoidinmalz herzustellen. Auf dieses spezielle Verfahren werde ich später noch eingehen. Bevor ich meinen Vorschlag für das Mälzen im Heim und am bzw. im Herd schildere, möchte ich kurz auf die theoretischen Grundlagen eingehen. Die Braugerste besteht zu 60-65%, bezogen auf die Trockensubstanz, aus Stärke. Sie setzt sich aus zwei strukturell verschiedenen Kohlehydraten, der Amylose und dem Amylopektin, zusammen. Die Amylose macht 17-24% der Stärke aus und besteht aus unverzweigten Ketten von 60-2000 Glucoseresten. Das Amylopektin macht etwa 76-83% der Stärke aus und besteht aus verzweigten Molekülketten mit 6000-40.000 Glucoseresten. Stärke selbst ist nicht vergärbar und muss deshalb in kleinere Bruchstücke zerlegt werden. Diese Aufgabe übernehmen bestimmte Enzyme. Zwei davon sind die α- und β-Amylase, welche bei der Keimung des Gerstenkorns entstehen. Des weiteren entstehen noch Enzyme, die für den Eiweißabbau verantwortlich sind, wie zum Beispiel Lipasen und Peptasen, Cytasen zur Auflösung der Zellwände und noch eine ganze Reihe anderer Enzyme. Beim Darren des gekeimten, sogenannten Grünmalzes muss darauf geachtet werden, dass der Großteil dieser Enzyme nicht zerstört wird. Wer sich näher mit den theoretischen Grundlagen beschäftigen will, den verweise ich auf die einschlägige Literatur.

Der Mälzprozess gliedert sich in 4 Abschnitte:

  1. Weiche
  2. Keimen
  3. Darren
  4. Entfernung von Wurzeln und Keimen

Zu 1.) Weiche Durch das Einweichen wird das Korn zum Leben erweckt. Normalerweise reicht hierzu ein Wassergehalt von 35-40% aus. Um aber den anschließenden Keimprozess zu beschleunigen, ist ein Wassergehalt von 43-48%, ja sogar 50% notwendig. Der Weichprozess wird aufgeteilt in eine Wasser- und in eine Luft- oder Trockenweiche. Das wird deshalb so gehandhabt, um die Körner abwechselnd mit Wasser und mit Sauerstoff zu versorgen. Zeitlich musste ich diesen Prozess natürlich an meine Lebensgewohnheiten anpassen. Dazu kommen die Getreidekörner in eine Schüssel und dann kommt soviel Wasser hinzu, bis die Körner bedeckt sind. Nach 6-8 Stunden wird das Einweichwasser abgelassen, nachgespült, abtropfen lassen und es schließt sich die erste Luftweiche an. Start ca. 22:00 Uhr. Am nächsten Morgen 7:00 Uhr wieder Wasserweiche, 8-9 Stunden später die nächste Luftweiche usw. Insgesamt sollte der gesamte Einweichprozess 48 Stunden dauern. Es muss immer wieder mal Luft untergemischt werden, um das Weichgut mit Sauerstoff zu versorgen. Bei der Wasserweiche kann man das mit einer Lochkelle machen, bei der Luftweiche einfach durch Umschichten des Körnerhaufens. Die Temperatur sollte 12-14°C betragen.

Zu 2.) Nachdem man das Einweichwasser hat abtropfen lassen, schichtet man die Körner zu einem Haufen. Im Innern dieses Haufens kommt es durch den fortschreitenden Keimungs-Prozess zu einem Anstieg der Temperatur. Diese sollte auch ständig kontrolliert werden, damit die Temperatur nicht zu schnell und auch nicht zu weit ansteigt. Wichtig ist auch hier, dass man den Haufen ab und zu umschichtet, um erstens eine gleichmäßige Keimung zu gewährleisten, um zweitens Sauerstoff unter das Keimgut zu bringen und um drittens das bei der Atmung freiwerdende CO2 abzuführen. Sollte die Temperatur im Haufen zu hoch sein (> 20°C), kann ebenfalls durch Umschichten die Temperatur abgesenkt werden. Die Keimung kann man in folgende Phasen einteilen:

  • Phase 1: Der Wurzelkeim durchbricht das Korn. Hier spricht der Fachmann von Brechhaufen.
  • Phase 2: Nach ca. 3 Tagen teilt sich die Wurzel und man spricht von einem Gabelhaufen.
  • Phase 3: Ca. am fünften Tag sind die Wurzeln so lang, dass sie ineinander greifen. Hier spricht man dann von Greifhaufen.

Häufig liest man in der Literatur, dass hiermit der Keimprozess beendet wäre d.h., dass der Keimprozess durch das Darren beendet werden soll, bevor der Keimling sichtbar wird. Dann lese ich wieder, dass der Keimling für helles Malz ½ Kornlänge, für dunkles Malz ganze Kornlänge zeigen soll. Letztendlich habe ich mich für Letzteres entschieden und lasse den Keimling meinem Darrziel entsprechend lang werden. Vor allen Dingen habe ich festgestellt, dass der Keimling schon während Phase 2, spätestens in Phase 3 sichtbar ist. Bei mir war dieser Keimungsprozess in ca. 5-7 Tagen beendet.

Zu 3.) Diesen Prozess teilt man in das Schwelken und das eigentliche Darren auf. Beim Schwelken wird dem Grünmalz im wesentlichen die Feuchtigkeit (Heißluftherd) entzogen. Erst wenn das Malz fühlbar trocken ist, kann man auf Abdarrtemperatur gehen. Enthält das Grünmalz noch zu viel Wasser, ist es also noch fühlbar feucht, führt ein Abdarren zu diesem Zeitpunkt zu einer nachhaltigen Schädigung der Enzyme. Für helles Malz sind dies ca. 80-85°C, für dunkles Malz bis zu 120°C. Fast zwingend notwendig für den Darrprozess sehe ich hier den Einsatz eines Heißluftherdes an, da es nur so möglich ist, die Feuchtigkeit in einer akzeptablen Zeit aus dem Grünmalz auszutreiben. An der Stelle muss ich sagen, dass es mir nie gelungen ist, ein helleres Malz zu erzeugen, da die Leistung des Ventilators in einem Heißluftherd einfach nicht ausreichend ist. Praktisch sah der Darrprozess folgendermaßen aus: Ich habe das Grünmalz maximal 2 cm hoch auf Backbleche verteilt. Optimal wären hier engmaschige Drahtgitter, damit die heiße Luft nicht nur von oben, sondern auch von unten an das Darrgut gelangen kann. Zuerst erfolgt über einen Zeitraum von 6-8 Stunden ein Schwelken bei ca. 50°C. Hier ein kurzer Einschub: Bei allen Temperatur- und Zeitangaben handelt es sich um Circa-Werte. Empfehlenswert ist es, ein Thermometer in die Mitte des Malzes zu stecken. Anfänglich sind die Ofentemperaturen um einiges höher, als die Temperaturen im Malz, was am hohen Wassergehalt des Grünmalzes liegt. Mit fortschreitendem Mälzprozess, also abnehmendem Wassergehalt, nähern sich beide Temperaturen immer weiter an. Das ist auch der Zeitpunkt, an dem abgedarrt werden kann. Jetzt erhöhe ich in einem Zeitraum von 10 Stunden die Temperatur von 50 auf 72-75°C. Hier sollten die Körner schon fühlbar trocken sein. Ist das der Fall, kann ich die Temperatur langsam auf die Abdarrtemperatur bringen (siehe oben). Je höher die Temperatur um so mehr Enzyme werden zerstört. Dementsprechend muss man auch den Anteil in der Schüttung anpassen.

Zu 4.) Als letztes entfernt man vom noch warmem Malz die Wurzeln und Keime, indem man die Körner zuerst in eine Schüssel schüttet, diese reibenderweise durch die Handflächen bewegt, um so die Wurzeln und Keime von den Malzkörnern abzubrechen. Die so vorbereiteten Körner gibt man jetzt in ein nicht zu feinporiges Sieb, um die zerbröselten Wurzeln und Keime endgültig abzutrennen. Das frische Malz sollte nicht sofort gemaischt werden, sondern noch 6 Wochen lagern.

Methode zur Herstellung von Melanoidinmalz und Carared

Wie oben schon angekündigt, möchte ich jetzt auf die Herstellung von Melanoidinmalz eingehen. Den Namen hat dieses Malz von den sogenannten Melanoidinen. Das sind Farb- und Aromastoffe, die aus Zucker und Eiweißabbauprodukten wie Aminosäuren, Di- und Tripeptiden bei Temperaturen über 100°C gebildet werden. Allerdings habe ich festgestellt, dass schon bei Temperaturen unter 100°C eine deutliche Zufärbung eintritt. Ausgegangen bin ich von der Methode, mit der Brühmalz hergestellt wird. Diese möchte ich hier kurz beschreiben: Das Grünmalz wird nach 6 Tagen Keimung zu einem ca. 50 cm hohen Haufen aufgeschichtet und 30-40 Stunden unter Abdeckung mit Brettern oder Planen einer Selbsterwärmung überlassen. Hier werden Temperaturen bis zu 50°C erreicht und es bilden sich reichliche Mengen an Zucker, Eiweißabbauprodukten, Estern und organischen Säuren. Es reichen schon Abdarrtemperaturen von 80-90°C, um eine Malzfarbe von 20-50 EBC-Einheiten zu erreichen. Nun zu meiner Methode: Da man 4 kg Grünmalz (ich habe dazu Braugerste genommen, aber mit anderem Getreide sollte es auch funktionieren) nicht zu einem entsprechend hohen Haufen aufschichten kann, fülle ich es in Kastenformen, decke diese mit Alufolie ab und erhitze innerhalb von 24-36 Stunden auf ca. 50°C. Die Temperatur im Malz kontrolliere ich mit einem Thermometer. Nach diesem Prozess hat es schon eine deutliche Färbung angenommen. Es kommt auf Bleche und nach vorsichtigem Schwelken bis 75°C innerhalb 10 Stunden (wichtig ist auch hier, dass das Malz fühlbar trocken ist), darre ich bei 80-90°C ab. Höhere Abdarrtemperaturen sind natürlich auch möglich. Möchte man Carared herstellen, geht man folgendermaßen vor:
Nach dem Erhitzen des Grünmalzes auf ca. 50°C, belässt man dieses in der Kastenform und erhitzt noch weitere 3-4 Stunden auf ca. 70°C. Hier wird weiter Stärke in Zucker umgewandelt. Das Grünmalz wird dann wiederum auf Bleche verteilt und im Backofen bei 120 bis 150°C so lange karamellisiert, bis es die gewünschte Farbe hat.

Wichtig: Die Kastenformen müssen unbedingt rostfrei sein, da der pH-Wert während des Prozesses sinkt. Ich benutze dafür Formen aus Ton. Das Ergebnis sind, nach 6 Wochen Lagerung des Malzes, deutlich rötliche Biere mit hervorragenden Schaumeigenschaften. Laut Literatur sind Schüttungsanteile bis zu 35% für dunkle Biere vorgeschlagen.

Zum Schluss noch einige Bemerkungen:
Dieser Artikel ist von mir als eine Anregung gedacht und richtet sich in erster Linie an diejenigen Hobbybrauer, welche wie ich in der Einkochtopf-Liga Bier brauen oder mit Schüttungen unter 10 kg einmaischen. Da ich die von mir hergestellten Spezialmalze maximal zu 60% verwende, konnte ich nicht feststellen, ob sie auch zu 100% einsetzbar sind. Nach meiner Einschätzung eher nicht. Voraussetzung für eine 100%ige Einsetzbarkeit wäre zunächst mal eine Keimfähigkeit von > 95%, welche ich bei meinen Ansätzen fast nie erreicht habe. Desweiteren ein optimale Versorgung des Keimgutes mit Sauerstoff, welche man nur mit einer entsprechenden Automatisierung (Intervalgesteuerte Drehtrommel z.B.) erreichen könnte. Idealerweise mälzt man bevorzugt im Herbst, weil erstens die Temperaturen nicht mehr so hoch und zweitens die Getreidekörner frisch sind und somit eine hohe Keimfähigkeit besitzen, vorausgesetzt, es wurde eine entsprechende Keimruhe eingehalten.

Wolfgang Halmich

Literaturliste:

  • Vogel, Wolfgang, „Bier aus eigenem Keller“, 2. überarbeitete Auflage
  • Narziß, Ludwig, „Abriß der Bierbrauerei“, 6., neu bearbeitete Auflage
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