Brauwasser

Brauwasser ist nicht gleich Brauwasser. Jede Region hat ein anderes Wasser, mit anderen Wasserhärten. Je nach Biersorte bietet sich ein härteres oder weicheres Wasser an.

Ursprünglich war das Brauwasser ein bestimmendes Element bei der Entwicklung der Biersorten. Für helle, relativ bittere und hopfenaromatische Biere wie z.B. Pilsner wird sehr weiches Wasser benötigt, wie es z.B. in Pilsen und anderen tschechischen Orten vorhanden ist. Härteres Wasser wird dagegen für dunkle, malzaromatische Biere benötigt, die sich vor allem in Sachsen und Bayern entwickelt haben.

Entscheidend für die Brauerei ist nicht die Gesamthärte des Wassers, sondern die Restalkalität - RA. Diese wird vor allem von der Karbonathärte bzw. deren Verhältnis zur Nichtkarbonathärte bestimmt. Verhältnismäßig hohe Karbonathärte führt zur Bindung der im Maischprozess entstehenden Säure und damit zu einer Verschiebung des Maische-pH ins alkalische Milieu. Das kann durch erhöhte Ausschwemmung von Gerb- und Bitterstoffen zu Geschmacksproblemen wie einer unangenehm kratzige Bittere führen. Über die Zusammensetzung des Brauwassers gibt eine Wasseranalyse Auskunft, die beim örtlichen Wasserversorger angefordert werden kann und oft auch von der jeweiligen Gemeinde im Internet veröffentlicht wird.

Beispiele (Diese Tabelle könnte noch erweitert werden):

PLZ/Ort Natrium Blei Nitrat Fluorid Gesamt-härte Karbonat-härte Härte-bereich pH-Wert Stand Quelle
mg/l mg/l mg/l mg/l °dH °dH
Grenzwert 200 0,010 50 1,5 6,5-9,5 2015
Berlin 24 - 48 <0,005 1,70 - 8,30 0,13 - 0,21 16,1 - 19,4 8,0 - 11,6 3 (hart) 6,9 - 7,7 07/2007 BWB
Dortmund 33 nnwb 17,7 0,10 8,7 7,3 2 7,74 2005 DEW
Erding 3,7 <0,001 11,8 0,06 12,6 - mittel - 2020 SWE
Kernen 11,2 <0,0005 20,9 0,06 12,7 9,5 - 7,62 2015 Wasserversorgung Kernen
Leichlingen 5,7 <0,0002 9 <0,2 0,76 3,34 weich 8,31 2019 SWL
München 5,3 <0,001 6 0,2 16,3 16,2 hart 7,58 2020 SWM
Nürnberg Süd 8,1 <0,003 4 <0,2 11,6 10,1 2 7,91 2020 N-Ergie
Stuttgard 5,6 >0,001 4,1 0,09 9,1 - mittel 7,9 2019 Netze BW
Ulm 14 <0,001 8,5 0,06 12,6 - mittel - 2020 SWU

Ist die Restalkalität des Wassers nicht bekannt, kann sie überschlägig nach folgender Formal berechnet werden:

Restalkalität = Karbonathärte - ( Gesamthärte / 4 )

Bei hellen Bieren, insbesondere bei Pils, soll die Restalkalität bei 0 °dH oder darunter liegen.

Durch Zusatzstoffe kann die Wasserhärte in gewissem Umfang beeinflusst werden. Für den Hobbybrauer interessante Zusatzstoffe sind:

  • Milchsäure → Milchsäure erniedrigt den PH-Wert und begünstigt damit die Säuerung der Maische. Sie kann in reiner Form als biologische Milchsäure oder als Sauermalz zugeführt werden. Sauermalz enthält etwa 1 - 2% Milchsäure.
    • Um die Restalkalität um 1,0 °dH zu senken, benötigt man 3,3g 80%iger Milchsäure oder 130g Sauermalz pro Hektoliter Wasser.
  • Kalziumsalze → Braugips, chemisch Kalziumsulfat (CaSO4), und Kalziumchlorid (CaCl2) erhöhen die Nichtkarbonathärte und verbessern damit das Ionenprofil von Brauwasser mit hoher Karbonathärte. Der Gesamtgehalt an Sulfat und Chlorid sollte aber die empfohlenen Grenzwerte von 100 mg/l Chlorid und 180 mg/l Sulfat nicht überschreiten.
    • Um die Restalkalität um 1,0 °dH zu senken, benötigt man 10,7g Braugips pro Hektoliter Wasser. Dabei steigt der Sulfatgehalt um 78 mg/l.
    • Für die gleiche Senkung benötigt man 9,2g Kalziumchlorid pro Hektoliter Wasser. Der Chloridgehalt steigt dabei um 29 mg/l.
  • Kalk → gebrannter Kalk (Branntkalk, Kalziumoxid, CaO) und Kalkhydrat (Löschkalk, Kalziumhydroxyd, Ca(OH)2) können die Karbonathärte in Form von Kalkstein (Kalziumkarbonat, CaCO3) ausfällen.
    • Um die Karbonathärte um 1,0 °dH zu senken, benötigt man 1,0g Branntkalk oder 1,32g Kalkhydrat pro Hektoliter Brauwasser.
    • Achtung ! Überschüssiges Kalkhydrat wirkt alkalisch und kehrt den Erfolg der Wasseraufbereitung in das Gegenteil um.

Die Ausfällung von Kalkstein (auch Kesselstein genannt) kann auch nahezu vollständig durch mindestens 20-minütiges Kochen des Brauwassers erzielt werden, was jedoch sehr energieaufwändig ist. Eine sehr oft gestellte Frage (selbst von Brauanfängern) ist: Ist mein Brauwasser zum brauen geeignet? Was kann/muss ich tun, damit ich es bedenkenlos verwenden kann?

Dazu möchte ich folgende Info geben:

Ein Brauwassertuning ist eigentlich nur notwendig, wenn ich folgendes brauen will:

  1. ein Pils (verlangt ein sehr weiches Brauwasser mit RA von mind. 0) oder
  2. ein Bier mit sehr hohen Bitterwerten im Stile eines India Pale Ale, verlangt ebenfalls einerseits weiches Wasser andererseits einen bestimmten Magnesiumgehalt, sonst kommt es zu einer kratzigen, aufdringlichen Bittere.

Das heißt also, Ihr könnt (auf jeden Fall bei den ersten Brauversuchen) erstmal bedenkenlos das Wasser verwenden, das bei Euch aus der Leitung kommt. Wichtig im Zusammenhang mit dem Brauwasser ist die sogenannte Restalkalität - RA (im Folgenden RA). Was es damit und überhaupt mit den ganzen Einflussfaktoren bzw. der Zusammensetzung des Wassers auf sich hat, bitte in den folgenden links nachlesen:

Brauwasserinfos auf Netbeer.org von Hubert Hanghofer

Ionenprofile und Restalkalität - RA (RA) Am wichtigsten sind der Gehalt an Calciumionen, Sulfationen und Chloridionen. Optimale Werte für praktisch alle biertypen sind:

Calciumionen: ca. 30-50 mg/l
Chloridionen: ca.ca 70 mg/l (max. 100 mg/l. Ab 300 mg/l schmeckt es salzig. Da diese Ionen zudem Edelstahlkorrosion fördern, sollten ca. 100 mg/l angestrebt werden)
Sulfationen: ca. 100-150 mg/l (max. 180 mg/l)

Grundsätzlich gilt:

  • Dunkle Biere vertragen sehr harte Brauwässer (mit einer RA über 10 °dH)
  • Ein pils verlangt das weichste Brauwasser (RA = 0 °dH)
Biertyp CI- SO42- RA
Alt 50 100 eher hart
Bock, hell —– niedrig < 5 °dH
Export 100 200 <5 °dH
Kölsch 100 100 egal
Lager, hell —– niedrig <5 °dH
Märzen —– niedrig < 10 °dH
Pils —– —– 0 °dH
Weizen niedrig niedrig egal

Die meisten Informationen bekommt Ihr von Eurem lokalen Wasserversorger, dieser stellt meist 1x jährlich die Wasseranalyse als Download zur Verfügung. Wie man aus den gegebenen Werten die richtige Restalkalität berechnet (und einiges mehr) wird hier auf Sandros Webseite erklärt, die auch weitere tolle Rechentools enthält:

Wasserrechner bzw. Wasseraufbereitung und weitere Infos.

Zur Bestimmung der RA ist also entweder die Säurekapazität nötig oder die Carbonathärte. Meist ist einer der beiden Werte vom Wasserversorger angegeben. Ist die Carbonathärte nicht gegeben, lässt sie sich einfach berechnen aus:

Carbonathärt = Säurekapazität * 2,8 (in °dH)

Säurekapazität = Carbonathärte / 2,8.

Vielfach werden vom lokalen Wasserversorger diese beiden Werte nicht angegeben bzw. bestimmt, weil es von der Trinkwasserverordnung nicht gefordert wird. Um nun aber die Restalkalität zu bestimmen, wird aber einer der beiden Werte benötigt. Die Carbonathärte kann aber mit Hilfe von Testkits aus dem Aquarienhandel mit hinreichender Genauigkeit selbst bestimmt werden. Hat man die Carbonathärte bestimmt, kann man nun in die oben bereits erwähnten Wasserrechner gehen und die Restalkalität berechnen lassen.

Die wichtigste und einfachste Tuningmöglichkeit ist das Zusetzen von biologischer, 80%-iger Milchsäure (gibt’s oft im Reformhaus oder im Internet) oder die Verwendung von Sauermalz. Einfacher, weil genauer zu berechnen ist die Zugabe von Milchsäure. Damit kann man einerseits den pH-Wert auf maischeoptimalen pH von 5,6 einstellen und andererseits schon mal die RA senken. Für den Anfang reicht es aus mit Milchsäure einfach den pH-Wert auf ca. 6 einzustellen, da Malz mehr oder weniger ph-absenkenden Einlfuss besitzt (je dunkler um so stärker ist die Wirkung). Dann landet man meist ungefähr im optimalen pH-Bereich für beide Enzyme.

Mehr braucht es eigentlich nicht, um optimale Ergebnisse beim Heimbrauen zu erzielen und das Pilsbrauen bzw. IPA-Herstellen ist die Königsdisziplin und sollte erst nach entsprechender Brauerfahrung angegangen werden bzw. dann, wenn man seine Maischebrauweise gut im Griff hat. Viele Beginner drehen an zu vielen Stellen gleichzeitig, weil sie alles sofort 100%-ig machen wollen. Aber das ist gar nicht nötig, selbst ohne irgendein Wassertuning ist man in der Lage gut schmeckende Biere zu brauen. Man sollte sich ganz langsam an eine Optimierung heranwagen und die dann Schritt für Schritt umsetzen. Wichtiger ist erstmal, eine ausgedehnte Brauerfahrung mit verschiedenen Schüttungen und Hefen zu sammeln und wenn man alles so halbwegs im Griff hat und sich eine entsprechende Sicherheit eingestellt hat, sollte man sich erst an die Herausforderungen wagen.

In diesem Sinne: Keep it simple, fangt langsam an (es muss nicht alles gleich beim ersten Mal 100% optimal laufen, denn Bier (das schmeckt) wird’s immer und steigert Euch Schritt für Schritt.

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